Rachedurst
verpfichtet, Stillschweigen über ein Treffen zu wahren, das angeblich nicht stattgefunden hatte.
Doch ich wollte Courtney wenigstens erzählen, Phalen habe versprochen, mir zu helfen, wenn auch nur ansatzweise. Das war keine Lüge, sondern entsprach lediglich nicht der ganzen Wahrheit. Eine Unterlassungssünde, sozusagen. Oder wie es einer meiner Journalistikprofessoren an der Northwestern ausgedrückt hatte: »Die Wahrheit kann dir die Freiheit bringen, doch mit einer kleinen Notlüge rettest du deinen Arsch.«
Wenn jetzt Courtney nur auf meinen Anruf reagieren würde.
Sie antwortete nicht auf ihrem Handy, und im Büro erzählte mir ihre Sekretärin, sie sei gegangen, ohne zu sagen, wohin.
Das letzte Mal war Courtney einfach so verschwunden, nachdem ihr Thomas Ferramore im Büro von dem Video auf YouTube mit dem Supermodel erzählt hatte.
Warum hatte ich plötzlich wieder ein ungutes Gefühl?
Die Antwort erhielt ich, als ich dem Zug aus Greenwich entstieg. Auf dem Weg durch die Grand Central Station kam ich an einem Zeitungsstand vorbei, an dem ein Typ gerade die neue New York Post einsortierte.
Voilà! Da war sie wieder, Marbella, das französische Supermodel. Mit einem Glas Champagner in der Hand lächelte sie schelmisch vom Titelblatt herab.
»Es war ein Witz!«, besagte die Schlagzeile.
Fünfzig Cent später stand ich neben dem Kiosk, den Kopf zwischen die Seiten geschoben.
Offenbar hatte Marbella inzwischen einem französischen Fernsehsender ein Interview gegeben und behauptet, sie habe nie mit Thomas Ferramore geschlafen. Es sei alles ein schlechter Witz gewesen, und es tue ihr leid, wenn sie dem Milliardär oder seiner »bezaubernden Verlobten« in Amerika irgendwelche Probleme bereitet habe.
Ja, genau, Schätzchen. Häng dir ein »Verkauft«-Schild um den Hals.
Doch in dem Artikel stand noch mehr.
Und auf der Glaubwürdigkeitsskala klang es noch ein bisschen überzeugender oder zumindest kreativer.
Der Generaldirektor von ParisJet, dem Unternehmen in Frankreich, das Ferramore übernehmen wollte, hatte dem französischen Wirtschaftsmagazin Les Echos erzählt, Ferramore habe während seiner Paris-Reise die ganze Zeit, einen Tag und eine Nacht lang, mit ihm in Verhandlungen gesessen.
»Glauben Sie mir, Mr. Ferramore hatte keine Zeit für irgendwelche Techtelmechtel«, wurde er zitiert.
Ich schlug die Zeitung wieder zu und klemmte sie mir unter den Arm, während ich auf den Ausgang Lexington Avenue zuging, um ein Taxi anzuhalten. Ich spürte den Wind und das Vibrieren des Bodens, als die Pendler an mir vorbeieilten, um ihre Züge zu erreichen.
Ansonsten war ich taub und verwirrt und fühlte mich verloren.
Natürlich waren die Zeitungen Courtney nicht zuvorgekommen. Sie musste hinsichtlich der neusten Wendung in ihrer Hochzeitssaga auf dem Laufenden sein. Wahrscheinlich
hatte Ferramore dafür gesorgt. Warum? Wir lebten in Alibi-City.
Doch kaufte sie es ihm ab?
Die Antwort auf diese Frage klingelte keine Minute später in meiner Tasche. Courtney rief mich endlich zurück.
»Ich hab’s in der New York Post gelesen. Weißt du, was du jetzt tun wirst?«, fragte ich sie.
»Ja, das weiß ich«, antwortete sie.
54
Es waren nicht die Worte an sich, sondern es war die Art, wie Courtney sie gesagt hatte. Als stünde sie bereits mit Thomas Ferramore am Altar.
»Ja.«
Mir fiel am Telefon nichts mehr ein. Courtney brauchte mir die Nachricht nicht offiziell mitzuteilen. Sie war bekannt. Und sie hatte mir das Herz gebrochen.
»Für mich ist es wichtig, dass du es verstehst, Nick«, sagte sie. »Ich heirate Tom, aber für mich ist es wichtig, dass du für mich da bist.«
»Ich war immer für dich da«, entgegnete ich.
»Ich weiß. Versprich mir, dass du es auch weiterhin sein wirst. Versprichst du mir das?«
Was sollte ich sagen? So sehr ich sie auch liebte, sie war für mich vor allem immer eine Freundin gewesen.
»Bitte«, drängte sie. »Versprichst du mir das? Du musst es mir sagen, Nick.«
Ich holte tief Luft und stieß sie zusammen mit meinem Stolz wieder aus.
»Ich verspreche es.«
Natürlich wusste ich nicht, wie schnell ich mein Versprechen einlösen müsste.
Ein paar Stunden später, als die Sonne über Manhattan unterging, traf ich an der North Cove Marina ein und ging an Bord der Sweet Revenge, Thomas Ferramores Sechzig-Meter-Trinity-Yacht. Es gibt Häuser, die kleiner sind. In so einem war ich aufgewachsen.
Mit einem Wort? Wow.
Am Bug befand sich die Bar, und am Heck spielte
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