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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst Kostenlos Bücher Online Lesen
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trug ein Unterlippenbärtchen und einen Pferdeschwanz, die falschen Jeans und schwarze Schnürstiefel von Doc Martens, keine richtigen Cowboy-Arbeitsstiefel. Auch sein Hut sah nicht nach Cowboy aus, sondern nach Outback. Und der Mann hatte etwas an sich, das ihm bekannt vorkam. Als Joe sein Gesicht musterte, meinte er darin noch jemanden anderen zu erkennen, der ihm vertraut war – oder doch den Schatten dieses anderen. Und doch konnte er sich nicht erinnern, sein Gegenüber schon mal gesehen zu haben.
    Die Bier, die er zuvor mit Robey getrunken hatte, waren Joe zu Kopf gestiegen und übertönten die Alarmglocken seines Selbsterhaltungstriebs.
    Â»Hank«, sprach er den Rancher von hinten an.
    Â»Gibt’s ein Problem?«, fragte Hanks Begleiter leise und mit südlichem Akzent.
    Â»Ich habe mit Hank gesprochen.« Joe sah vom Rancharbeiter zur verspiegelten Rückwand der Bar und stellte fest, dass Hank ihn mit seinen ebenso stechenden wie ausdruckslosen Augen anstarrte.
    Der Rancharbeiter fuhr auf seinem Hocker herum und stand auf, doch Hank sagte: »Schon in Ordnung, Bill – das ist nur der Jagdaufseher.«
    Bill entspannte sich, trat zurück und setzte sich wieder.
    Hank nahm einen tiefen Zug Bourbon und drehte sich dann um, erhob sich aber nicht. Joe stand einen Meter entfernt und versuchte, keine Miene zu verziehen, als Hank ihm stirnrunzelnd in die Augen sah.
    Â»Was kann ich für Sie tun, Jagdaufseher?« Das Wort »Jagdaufseher« hatte er mit abgeklärtem Sarkasmus ausgesprochen. Seine Stimme war hoch und blechern. Er stieß die Worte hervor, als quälte es ihn, sie über die Lippen zu bringen.
    Â»Ich wollte Sie nach etwas fragen, das an meinem Haus vorgefallen ist«, sagte Joe.
    Hanks Augen huschten kurz zu Bill und dann wieder zurück zu Joe. Seine Stimme zischelte leise. »Ich glaube, Sie haben unseren Jagdaufseher noch nicht kennengelernt, Bill. Er war derjenige, der unseren letzten Gouverneur wegen Angeln ohne Genehmigung festgenommen hat. Außerdem hat er Wyomings besten Ermittler in Sachen Rinderdiebstahl und unseren besten Jagdführer erschossen. Er ist so was wie unser eigener Dudley Do-Right. Joe, das ist Bill Monroe, mein neuer Vorarbeiter.«
    Monroe schnaubte auf, blinzelte und bleckte seinen weißen, makellosen Zahnersatz. Offenbar waren ihm die Beißer irgendwann einmal ausgeschlagen worden.
    Joe sah Hank an und spürte, dass er langsam wütend wurde. In Hanks Gesicht waren noch immer die gelb verfärbten, nur langsam abklingenden Prellungen zu sehen, die er einen Monat zuvor bei der Auseinandersetzung mit Arlen davongetragen hatte. Seine Nase stand schief.
    Â»Bill«, sagte Joe im Versuch, seine Angst zu bezwingen, »machen Sie doch einen Spaziergang. Kaufen Sie sich ein paar neue Cowboyklamotten oder so. Ich muss mit Hank sprechen.«
    Â»Dreckskerl.«
    Â»Ruhig bleiben«, sagte Hank, ohne Monroe anzusehen. »Was war das mit Ihrem Haus? Ich möchte hier in Frieden einen heben.«
    Â»Jemand hat ein Tier an meine Tür geheftet«, sagte Joe. »Ein Miller-Wiesel.«
    Hank musterte ihn kurz und lächelte dann. »Ich weiß nicht recht, warum Sie mich danach fragen, Jagdaufseher. Glauben Sie, ich habe etwas damit zu tun?«
    Â»Deshalb spreche ich das an. Meine Tochter war ganz verstört.«
    Â»Sie heißt Sheridan, nicht?« Hank sagte ihren Namen so, als spräche er ihn zum ersten Mal aus. »Sie ist mit Julie befreundet, oder? Ich hab sie nie gesehen. Nach dem, was ich gehört habe, ist sie ein nettes Mädchen. Nicht so dämlich wie ihr Vater. Warum sollte ich die beste Freundin meiner Tochter verstören?«
    Hank amüsierte sich auf Joes Kosten. Und Joe fühlte sich erniedrigt. Aber das machte ihn nur noch zorniger, denn er konnte spüren, dass Hank etwas von dem Vorfall wusste.
    Â»Es ist mir egal, Hank, was Sie diesem Pseudo-Cowboy über mich sagen. Aber lassen Sie meine Familie aus dem Spiel.«
    Hank lächelte.
    Monroe erhob sich erneut. »Pseudo-Cowboy?«
    Â»Hinsetzen«, befahl Joe ihm barsch. »Sonst knallt’s.« Er konnte kaum glauben, das gesagt zu haben, doch es wirkte, und Monroe glitt zurück auf seinen Hocker, saß aber auf der Kante, um notfalls vorschnellen zu können. Sein Blick bohrte sich wie ein Laserstrahl in Joes Gesicht, und hinter seinen Augen war ein Flackern zu erkennen, das von roher Gewalt zeugte. Vor dem muss

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