Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
Vom Netzwerk:
Tür. Über die Schulter hinweg warf er einen erneuten Blick auf die drei Männer. Einer von ihnen nahm einen Mantel, verabschiedete sich von seinen Freunden und verließ die Wohnung. Keiner der drei schenkte dem Mann, der sie musterte, irgendeine Beachtung.
    »Komm«, sagte die Frau. »Gefällt dir, wirst sehen.«
    Sie betrat das Schlafzimmer.
    Er folgte ihr. Sie deutete auf das Mädchen auf dem Bett.
    Das Mädchen sah auf. Es war nur ein flüchtiger Blick, aber er reichte, um ihm zu zeigen, dass sie noch ihre Seele besaß. Sie konnte noch gerettet werden.
    Im Stillen dankte er dem Herrn im Himmel.

13
    Die anderen warteten schon, als Herkus und seine Freunde in dem alten BMW anhielten. Der Schwachkopf Sam saß am Steuer, die Mündung der Glock war in die Rückseite seiner Sitzlehne gedrückt. Darius lag im Kofferraum. Er hatte gequält aufgestöhnt, als Herkus ihm befohlen hatte, sich dort hineinzulegen.
    Kurz darauf saßen Darius und Sam nebeneinander, jeder mit Kabel an einen Stuhl gefesselt. Herkus stand über ihnen und blies sich in die hohlen Hände, um seine Finger zu wärmen. Die anderen beiden, Matas und Valdas, standen schweigend am Rolltor. Es waren gute Männer, die Herkus schon seit seiner Armeezeit kannte, und sie würden ihm Rückendeckung geben, ganz gleich, was hier passierte.
    Unterwegs hatte er Arturas angerufen und ihm gesagt, dass er die beiden Männer gerade ins Versteck brachte. Arturas hatte ihm gesagt, er solle alles Notwendige tun, egal, wen er damit auf die Palme brachte.
    Das Leben dieser beiden Männer war jetzt keinen Pfifferling mehr wert. Irgendwie tröstete das Herkus.
    Das Versteck war drinnen genauso kalt wie draußen, eines von zwei Dutzend identischen Häusern auf einer Industriebrache nördlich der Stadt. Sie hatten früher einem gewissen McGinty gehört. Hinter vorgehaltener Hand hatte man Herkus erzählt, dass hier einmal ein Verrückter namens Fegan einen korrupten Cop umgebrachthatte und daraufhin das Siedlungsbauprojekt, das den Lagerhauskomplex hatte ersetzen sollen, für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt worden war.
    Abwechselnd sah Herkus die beiden Männer an. Sam war genauso dämlich wie sein Idiot von Bruder, beides kleine Ganoven, die eine Organisation mit großem Namen hinter sich hatten. Kein Wunder, dass Arturas für seine Geschäftspartner in der Loyalistenbewegung nur Verachtung übrig hatte. Wenn die zwei da typisch für deren gesamtes Personal waren, dann mochte Gott ihnen beistehen.
    Darius war aus einem anderen Holz geschnitzt. Er war zwar nicht der Hellste von Arturas’ Männern, aber er besaß Mut. Und enorme Körperkraft. Ein Berg von einem Mann, noch hünenhafter als Herkus selbst.
    Mit wem sollte er also anfangen? Zuerst überlegte er, es sollte Darius sein. Um Sam zu zeigen, wie ernst seine Lage war. Andererseits aber war Darius zu nützlich. Jedenfalls im Moment noch.
    Also Sam.
    Herkus riss von einem Papiertaschentuch zwei Streifen ab, knüllte sie zusammen und stopfte sie sich in die Ohren. Dann zog er die Glock 17 aus der Tasche und drückte Sam die Mündung an die Stirn.
    »Wo ist Tomas?«, fragte er.
    »O Gott«, wimmerte Sam. »Ich weiß es nicht, ich schwöre bei …«
    Herkus drückte den Abzug und schrie: »Peng!«
    Sam schrie auf, und in seinem Schoß breitete sich ein dunkler Fleck aus.
    Herkus lachte. »Noch was über die Glock 17«, sagte er. »Keine Patrone in der Kammer, kein Peng.«
    Er zog den Schlitten zurück.
    »Jetzt macht es peng«, sagte er.
    Herkus setzte Sam die Mündung an die Stirn.
    Eine Flüssigkeit tröpfelte auf den Boden.
    »Wo ist Tomas?«, fragte Herkus.
    »Er ist tot!«, schrie Sam. »Sie hat ihn umgebracht!«
    Herkus blieb das Herz stehen. Er schloss die Augen.
    »Wer hat ihn umgebracht?«, fragte er und machte die Augen wieder auf.
    »Das Mädchen«, stammelte Sam. »Sie hatte eine Scherbe, von einem Spiegel. Die hat sie ihm in die Kehle gerammt. Wir haben Panik gekriegt. Wir haben sie und die Leiche in den Kofferraum geworfen. Dann sind wir raus zum Hafen gefahren, um sie loszuwerden. Sie ist abgehauen. Wir haben Tomas da am Straßenrand liegenlassen.«
    Er sah zu Herkus hoch, die Augen weit aufgerissen und tränennass. »O Gott, es tut mir leid. Wir wussten doch nicht, was wir machen sollten, wir hatten Angst. Es tut mir leid. O Gott, es tut mir …«
    Herkus drückte ab.
    Sams Hinterkopf explodierte.
    Darius weinte. Herkus setzte seinem alten Freund die Mündung an die Stirn.
    »Erzähl mir alles«, verlangte

Weitere Kostenlose Bücher