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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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tränenerstickter Stimme hervor. Sie hob das Kreuz hoch. »Hier. Das hier hat er mir gegeben.«
    Erneut schnellte Rasas Hand vor und hinterließ auf Galyas anderer Wange ein brennendes Mal. »Männer wollen nicht reden«, sagte sie. »Männer wollen ficken. Du undankbares kleines Miststück! Nach allem, was ich für dich getan habe.«
    Galya konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. »Aber er wollte nicht …«
    Sie schrie auf, als Rasa sie an den Haaren packte und hochriss. »Die wollen nur ficken. Nur dafür bist du hier.«
    Rasa schleuderte sie gegen die Kommode, Make-up und Cremes purzelten herunter. Der Spiegel schwankte auf seinem Ständer, kippte schließlich um und krachte zu Boden, dass die Splitter flogen.
    »Jetzt sieh nur, was du angerichtet hast«, schrie Rasa und marschierte zur Tür. »Räum das auf !«
    Als die Tür krachend zugefallen war, kniete Galya sich hin. Um sie herum lagen verstreut die Scherben des zerbrochenen Spiegels. Weinend sammelte sie sie auf und warf sie in den kleinen Mülleimer, der neben der Kommode stand.
    Vielleicht konnte der nette Mann sie ja retten. Vielleicht auch nicht. So und so spielte es keine Rolle. Nicht, wenn sie nicht von hier entkommen konnte, von Rasa und von den Männern, an die man sie verkauft hatte. Bald würde der nächste Mann kommen, ein Mann, der nicht so freundlich war, und sie würde mit ihm Dinge tun müssen. Bei der Vorstellung drehte sich ihr der Magen um.
    Galya griff nach der größten Scherbe, lang wie eine Klinge, und sah, dass sich darauf die Kette mit dem Kreuz schlängelte.
    »Ich bringe dich zu mir nach Hause«, sagte Billy Crawford. Er legte den Gang ein und fuhr los. »Dort bist du fürs Erste sicher. Schnall dich an.«
    Galya gehorchte. Sie bemerkte die tiefroten Flecken auf ihrer Kleidung und ihren Händen.
    »Was ist dir widerfahren?«, fragte er.
    Sie starrte vor sich hin. »Ich habe einen Mann getötet.«
    Er trat so heftig auf die Bremse, dass sich der Gurt in ihre Brust schnürte. Dann machte er seinen eigenen Gurt los und stieg aus dem Transporter. Die Scheinwerfer ließen sein breites Gesicht weiß aufleuchten, als er vor ihr um den Wagen und bis zur Beifahrertür kam. Er riss die Tür auf. »Steig aus!«, sagte er.
    Galya starrte zu ihm hinab.
    »Raus!«, befahl er.
    Sie öffnete ihren Sicherheitsgurt und stieg vorsichtig aus.
    »Ich kann dir nicht helfen«, erklärte er. »Du musst gehen.«
    »Sie hatten doch gesagt …«
    »Ich kann nicht. Es ist zu gefährlich.«
    Angst schnürte Galya die Brust zu. »Sie hatten gesagt, Sie würden mir helfen.«
    Er lief auf und ab und schaute sich hektisch in alle Richtungen um. »Wenn die Polizei nach dir sucht, dann wird sie …«
    Seine Worte verebbten, er biss sich in die Fingerknöchel.
    Galya spürte, wie etwas in ihr zerbröckelte. Dieser seltsame, freundliche Mann hatte ihr Hoffnung gemacht. Würde er ihr diese Hoffnung jetzt wieder nehmen und sie in dieser kalten Stadt hier draußen aussetzen? Mit bebender Brust versuchte sie, die Tränen zu unterdrücken.
    Der Mann blieb stehen und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. »Erzähl mir, was passiert ist.«
    »Wir müssen hier weg«, sagte Galya.
    Mit seinen rauen Händen packte er ihre Arme. »Erzähl mir, was passiert ist.«
    »Ein Mann ist gekommen, ein Litauer. Er sagt, er reitet mich jetzt ein, zeigt mir, wie man es richtig macht. Er drückt mich aufs Bett. Er tut mir weh. Ich stoße ihn weg.«
    Wort für Wort übertrug sie beim Sprechen ins Englische und half wedelnd mit den Händen nach.
    »Ich habe eine Scherbe vom Spiegel. Als ich ihn zerbrochen hatte, habe ich ein Stück Stoff drumgewickelt, als Messer. Ich sagte ihm, er soll mich loslassen. Er war wütend. Er schrie. Er versucht, mir die Scherbe wegzunehmen. Ich wollte ihn nicht töten. Ich will nur nach Hause.«
    Er ließ ihre Arme los und machte einen Schritt zurück. »Das Risiko ist zu groß«, sagte er, mehr zu sich selbst als zu Galya. »Ich kann nicht. Diesmal nicht.«
    Galya zupfte ihn am Hemd. »Bitte, Sir, Sie haben doch gesagt, Sie würden mir helfen, wenn ich von denen wegkomme.«
    Er wischte ihre Hand beiseite. »Aber nicht so. Die Polizei wird nach dir suchen. Ich kann nicht …«
    Eine Sirene in der Ferne ließ ihn verstummen. Er hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. Sein Atem bildete zwischen ihnen eine Wolke.
    »Nur die Ruhe«, sagte er.
    Galya wusste, dass er nicht sie ansprach.
    Er drehte sich einmal im Kreis und schaute sich in alle

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