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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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förmlich den Anwalt. Er zog seine Brieftasche heraus und zeigte seinen Ausweis.
    »Ich bin David Rainey«, sagte der Mann. »Ich vertrete Mr. Strazdas. Vielleicht kann ich Ihnen ja helfen?«
    »Es geht um etwas Persönliches.« Lennon lehnte sich vor und versuchte, mehr vom Inneren zu erkennen.
    Rainey richtete sich zu seiner vollen Größe auf und versperrte Lennon die Sicht. »Ich genieße Mr. Strazdas’ volles Vertrauen.«
    »Trotzdem würde ich gern mit Mr. Strazdas persönlich sprechen. Ich fürchte, ich habe eine schlechte Nachricht für ihn.«
    »Na schön.« Rainey trat einen Schritt zurück. »Bitte kommen Sie herein.«
    Lennon betrat das Wohnzimmer der Suite. Hohe Decken und opulente Polster. Arturas Strazdas saß mit übereinandergeschlagenen Beinen mitten auf einem Sofa, die Arme lagen über der Rückenlehne. Er beobachtete Lennon aus kalten blauen Augen, die unter buschigen Brauen in seinem blassen Gesicht saßen. Auf seiner Stirn lag ein Schweißfilm, und er hatte dunkle Ringe unter den Augen. Seine Nasenflügel waren gerötet.
    »Hübsche Suite«, sagte Lennon. »Ich glaube nicht, dass ich so was schon mal betreten habe. In meinem Metier wird man üblicherweise eher in Bruchbuden gerufen.«
    »Hier hat Sie niemand gerufen«, entgegnete Strazdas mit starkem Akzent.
    »Nein«, bestätigte Lennon. »Darf ich mich setzen?«
    Strazdas antwortete nicht. Lennon sah Rainey an, der auf einen Sessel auf der anderen Seite des Couchtischs wies, seinem Mandanten gegenüber.
    Im Hinsetzen sagte Lennon: »Ich habe eine sehr schlechte Nachricht für Sie, Mr. Strazdas.«
    »Sprechen Sie«, sagte Strazdas.
    »Ihr Bruder ist Tomas Strazdas, richtig?« Lennon beobachtete die Augen des anderen.
    »Richtig«, sagte Strazdas.
    »Es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Tomas gestern Nacht tot in der Dufferin Road aufgefunden wurde, auf dem Hafengelände. Er wurde anhand eines litauischen Führerscheins in seiner Brieftasche identifiziert.«
    Strazdas zuckte nicht, er schnappte nicht nach Luft, er reagierte überhaupt nicht.
    »Vorbehaltlich einer Leichenschau durch das Staatlich-Pathologische Institut gehen wir zunächst davon aus, dass Tomas ermordet wurde. Höchstwahrscheinlich wurde er woanders getötet, in einer Wohnung am Rande von Bangor, wie wir vermuten. Anschließend wurde seine Leiche dorthin gebracht, wo wir sie gefunden haben. Wir glauben, dass seine Mörder – einer oder mehrere – die Leiche ins Wasser werfen wollten, dabei aber von einem Beamten der Hafenpolizei gestört wurden, den sie tätlich angriffen und dann flohen.«
    Strazdas starrte vor sich hin. Kurz kam seine Zunge zum Vorschein, befeuchtete die Lippen und verschwand wieder.
    Rainey räusperte sich. »Das ist in der Tat eine traurige Nachricht, Inspector. Mr. Strazdas dankt Ihnen, dass Sie ihn in Kenntnis gesetzt haben. Und nun würden wir uns, falls Sie nichts einzuwenden haben, gern die Zeit nehmen, sie zu verarbeiten.«
    Er zog eine Karte aus der Tasche und brachte sie Lennon. »Wenn Sie Mr. Strazdas darüber hinaus zu sprechen wünschen, rufen Sie doch bitte diese Nummer an, und ich versichere Ihnen, dass er Ihre Ermittlungen in vollem Umfang unterstützen wird.«
    Lennon nahm die Karte und ließ sie auf den Couchtisch fallen. »Danke. Ein paar Fragen habe ich sofort, wenn es Ihnen recht ist.«
    Rainey lehnte sich zu ihm vor und sagte mit gedämpfter Stimme:»Mr. Strazdas braucht ein wenig Ruhe, um diese schreckliche Nachricht zu verdauen. Ich muss Sie jetzt wirklich bitten zu …«
    »Mr. Rainey, Sie verstehen sicher, dass bei den Ermittlungen eines solchen Mordes der Zeitfaktor ganz entscheidend ist. Je eher Mr. Strazdas meine Fragen beantwortet, desto früher können wir herausfinden, wer seinen Bruder getötet hat. Sie möchten doch sicher nicht den Eindruck erwecken, als würden Sie oder Ihr Mandant die Ermittlungen behindern, oder?«
    Rainey richtete sich auf und sah Strazdas an.
    Strazdas nickte so unmerklich, dass Lennon sich nicht einmal sicher war, ob er es wirklich beobachtet hatte.
    »Na gut«, sagte Rainey. »Beeilen Sie sich. Und wenn ich sage: Schluss, dann ist Schluss, einverstanden?«
    »Okay«, sagte Lennon.
    Rainey zog sich in eine Ecke zurück.
    Lennon zog seinen Notizblock und einen Stift aus der Tasche. »Mr. Strazdas, was machte Ihr Bruder zum Zeitpunkt seines Todes in Nordirland?«
    »Tomas war Bürger der Europäischen Union«, erklärte Strazdas. »Er hatte das Recht, ungehindert innerhalb der EU zu

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