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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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reisen und zu leben. Genau wie ich.«
    »Natürlich«, sagte Lennon. »Aber das war nicht meine Frage. Warum war Tomas hier? Beruflich? Zum Vergnügen?«
    »Ich interessiere mich dafür, in dieser Stadt zu investieren.« Strazdas machte eine ausladende Handbewegung in Richtung der Fenster, als seien die Gebäude dahinter umsonst zu haben. »Deshalb bin ich gestern Abend hergeflogen. Tomas war schon eine Weile vorher da und schaute sich in meinem Auftrag verschiedene Grundstücke an, einige zur Erschließung und eines als möglichen Standort für mein Kerngeschäft.«
    »Ihr Kerngeschäft«, wiederholte Lennon. »Wie ich höre, betreibenSie eine Arbeitsagentur. Sie vermitteln Gastarbeiter an einheimische Firmen.«
    »Das ist richtig.«
    »Dann wird Tomas wohl in Kontakt mit Immobilienmaklern und dergleichen gewesen sein. Mit wem könnte er gesprochen haben?«
    »Das kann ich bestätigen«, meldete sich Rainey aus seiner Ecke. »Ich habe mir gemeinsam mit ihm mehrere Objekte in der Stadt angesehen. Falls nötig, kann ich Ihnen eine Liste der Makler besorgen.«
    Lennon ignorierte ihn. »Kannte Tomas zwei Brüder namens Sam und Mark Mawhinney?«
    Strazdas zuckte die Achseln. »Weiß ich nicht.«
    »Welche Verbindung hatte Tomas zu paramilitärischen Gruppen der Loyalisten in Belfast?«
    »Soweit wir wissen, gar keine«, sagte Rainey. »Inspector, wenn die Vernehmung weiter in diese Richtung läuft, muss ich Sie bitten zu gehen.«
    »Tomas wurde mehrmals wegen Störung der öffentlichen Ordnung verhaftet«, fuhr Lennon fort. »Er neigte zu Handgreiflichkeiten.«
    »Tomas war ein Heißsporn.« Es schien Strazdas nicht aufzubringen, dass man den Charakter seines Bruders verunglimpfte. »Das hatte er von unserem Vater. Manchmal hat ihm das Ärger eingebrockt.«
    »Vielleicht hat er sich ja gestern Abend den Falschen für eine Schlägerei ausgesucht.«
    »Vielleicht.«
    »Hat Tomas in Ihrem Auftrag Frauen ins hiesige Rotlichtmilieu eingeschleust?«
    Einige lange Sekunden lang herrschte Schweigen.
    Dann durchquerte Rainey das Zimmer und wies lächelnd zur Tür. »Danke, Inspector, das wäre dann alles.«
    Lennon nahm die Karte des Anwalts vom Couchtisch und stand auf. »Ich melde mich wieder.«
    »Davon bin ich überzeugt.« Rainey trat einen Schritt zurück, um Lennon vorbeizulassen, dann begleitete er ihn hinaus bis in den Flur.
    »Inspector«, rief er ihm nach, als Lennon schon auf dem Weg zum Lift war.
    Lennon drehte sich um.
    »Ich werde nicht zulassen, dass mein Mandant schikaniert wird.« Er bedachte Lennon mit dem zornigsten Funkeln, dessen er fähig war.
    Lennon kehrte zu Rainey zurück und trat ganz nah an ihn heran. »Und ich werde über Weihnachten keinen gottverdammten Bandenkrieg zulassen. Bis jetzt komme ich auf vier Tote in weniger als vierundzwanzig Stunden. Soweit ich es beurteilen kann, waren es allesamt Mistkerle, die sich da gegenseitig an die Gurgel gegangen sind, aber ein junger Polizeibeamter ist bei der Sache im Krankenhaus gelandet. Was auch immer hier los ist, es sollte besser sofort aufhören. Sobald noch eine Leiche auftaucht, ist Ihr Mandant der Erste auf meiner Liste, der verhört wird. Verstanden?«
    »Wenn Sie meinen Mandanten noch einmal vernehmen wollen, müssen Sie das vorher ankündigen«, sagte Rainey und verschränkte die Arme vor seiner schmalen Brust.
    »Das lässt sich machen«, sagte Lennon.

29
    Strazdas saß vollkommen regungslos da und wartete darauf, dass Rainey zurückkehrte. Er schloss die Augen und hörte das Blut in seinen Ohren rauschen, doch es übertönte nicht die Stimme seiner hasserfüllten Mutter in seinem Kopf. Ein Luftzug und das Schlurfen teurer Schuhe auf dem dicken Teppich ließen ihn hochfahren.
    »Sie müssen vorsichtig sein«, sagte der Anwalt und schloss die Tür. »Sollte noch etwas passieren, dann sind Sie in der Schusslinie.«
    »Alles unter Kontrolle«, sagte Strazdas.
    Er konnte Anwälte nicht leiden, aber sie gehörten nun mal zum Geschäft. Besonders in solchen Zeiten.
    »Unter Kontrolle?« Rainey schnaubte verächtlich. »Vier Tote, hat er mir gesagt. Sie haben mir nur von Ihrem Bruder und den zweien erzählt, die für ihn dran glauben mussten. Arturas, mein Freund, Sie zahlen zwar gut, aber nicht gut genug für solch einen Druck von den Cops.«
    »Dann zahle ich Ihnen eben mehr«, sagte Strazdas.
    »Zunächst einmal bin ich kein Strafverteidiger.« Rainey setzte sich in den Sessel gegenüber. »Für so eine Geschichte wäre Patsy Toner der richtige

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