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Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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»Gib es mir. Wage nicht, es vor mir zu verstecken.«
    Georges Gesicht lief rot an. Seine große Hand verharrte über den Fotos, als wüsste er nicht, was er tun sollte.
    »George!« Mary streckte eine Hand aus. »Sofort!«
    Gebannt verfolgte Hanna den Machtkampf zwischen den beiden. Was hatten sie auf den Fotos entdeckt?
    Widerwillig nahm George die Fotos hoch und reichte sie Mary.
    »Stevie«, flüsterte sie. »Er ist es. Schau nur, George, unser Stevie.« Sie hielt eines der Fotos dicht an ihr Gesicht.
    Hanna beobachtete sie stumm.
    George stand auf und trat hinter Mary. Seine Hand lag auf ihrer Schulter, die Finger gruben sich in ihre blaue Samtbluse.
    »Geh, und hol das Album!«, forderte Mary ihn auf.
    George bewegte sich nicht. Sein Blick war unverwandt auf das Foto gerichtet.
    »Nun geh schon!«, wiederholte Mary. Endlich riss sich George von dem Anblick los und verließ die Küche. Hanna hörte ihn im Wohnzimmer rumoren, dann kam er mit einem hellbraunen Fotoalbum zurück, das er vor Mary auf den Tisch legte.
    In Hannas Kopf schwirrten Fragen, doch sie wagte nicht, sie jetzt zu stellen. Es war, als wäre sie für die beiden nicht mehr anwesend. Als wären sie in einer anderen Zeit verschwunden, in einer Dimension, zu der Hanna keinen Zutritt hatte.
    Mary schlug das Album auf und blätterte zur letzten Seite. Dann winkte sie Hanna zu sich. »Das ist unser letztes Foto von Stevie.«
    Hanna erkannte den Jungen sofort. Es war derselbe, der mit ihrem Steve vor dem Baum posierte. Er trug Steves Arsenal-Schal.
    »Er trägt den Lieblingsschal von meinem Mann. Seine Großmutter hat ihn gestrickt.«
    Mary hob den Kopf und sah sie irritiert an. »Ich habe diesen Schal gemacht. Ich habe ihn Stevie zu Weihnachten geschenkt. Unserem letzten gemeinsamen Weihnachten.«
    »Du?« Hannas Unterkiefer klappte nach unten. Der Schal gehörte Marys Sohn? Plötzlich sah sie Ariane vor sich. Wie sie nach Luft rang, nachdem sie Lilou den Schal gegeben hatte.
    So viel Wut. So viel Hass.
    Ein Kribbeln lief ihre Wirbelsäule hoch. Sie erinnerte sich, wie Lilou Marten den Schal aufgedrängt hatte. Als wäre es ungeheuer wichtig, dass er den Schal mitnähme. Das hatte Marten nicht steuern können. Aber kurz darauf hat er George und Mary aufgespürt.
    Das Kribbeln nahm zu.
    Koexistenz. Mein Gott. Bitte lass mich eine Erklärung finden.
    Wie von weit her drang Marys Stimme an ihr Ohr.
    »Unser Stevie und dein Steve kannten sich also.« Mary schob das Fotoalbum ein Stück zur Seite und lächelte müde. »Sie müssen Freunde gewesen sein. Ist dir aufgefallen, wie unser Stevie deinen Mann ansieht? Er muss ihn bewundert haben.«
    »Und ihr habt meinen Mann wirklich nie gesehen? Auch nicht als Jungen?« Es kostete Hanna all ihre Anstrengung, sich auf die Unterhaltung zu konzentrieren. Sie versuchte, den Gedanken an Ariane aus ihrem Kopf zu verbannen, und nahm das Foto mit den zwei Steves. Sie ließ ihren Blick kurz darauf verweilen, dann reichte sie es George. »Ganz sicher?«
    »Nie gesehen.« George schüttelte den Kopf. »Vielleicht haben sie sich erst später kennengelernt.«
    »Ein großer Altersunterschied scheint es nicht zu sein, so von dem einen zu dem anderen Foto«, sagte Hanna zweifelnd.
    »Möglich. Das letzte Bild von ihm hat Mary ein paar Tage vor der Trennung geschossen.« George gab Hanna das Foto zurück und zeigte auf die Narbe über dem rechten Auge seines Sohnes. »Die hatte er damals noch nicht. Die durfte ich an ihm nie kennenlernen.«
    Hanna schleuderte das Foto auf den Tisch. »Ich kann einfach nicht fassen, dass wir jetzt wissen, dass sie sich kannten, und doch keinen Schritt weiter sind, weil wir nicht wissen, woher!«
    »Ich denke, ich weiß, woher sie sich kannten«, sagte George finster. »Ich bin mir sogar sicher, dass dieses Foto aus diesem verfluchten Heim stammt, aus dem er verschwunden ist.«
    »Euer Sohn war in einem Heim?« Hanna starrte von George zu Mary und wieder zu George. Sie überlegte fieberhaft, was diese Information bedeuten könnte.
    »Es muss ein schreckliches Heim gewesen sein.« Marys Gesichtsfarbe hatte eine gräuliche Färbung angenommen. Sie sah plötzlich Jahre älter aus.
    »Mary«, sagte George warnend.
    »Es muss schrecklich gewesen sein«, wiederholte sie flüsternd. »Das weißt du genauso gut wie ich, und nur weil wir darüber schweigen, was wir unserem Jungen angetan haben, machen wir es nicht ungeschehen.«

50
    4. April 1991
    Er ist weg. Ich fühle mich fast so beschissen wie damals,

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