Rachekind: Thriller (German Edition)
Oder hat Steve dir von einem Rob erzählt?«
Der Wirt sah von dem Putzlappen hoch. »Rob?« Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Da kann ich dir nicht weiterhelfen, aber wenn ich etwas höre, melde ich mich, versprochen.« Der Putzlappen kreiste wieder über das glatte Holz.
Hanna verstand. Die Unterhaltung war beendet. Sie deutete auf die Gläser vor ihr und sagte: »Danke.« Dann wandte sie sich ab und ging zum Ausgang. Als sie sich an der Tür noch einmal umdrehte, sah sie, dass der Wirt den Lappen weggelegt hatte und telefonierte.
Der Weg zum Kaisergarten war zu kurz für all die Gedanken, die Hanna im Kopf umherschwirrten. Sie ging die dunkelhaarigen Frauen durch, die sie kannte, und konnte sich beim besten Willen keine davon bei einem heimlichen Tête-à-Tête mit Steve vorstellen. Bei den Toiletten gesessen … Steve hasste das, mehr noch, er machte sich über die Leute lustig, die ihre Mahlzeit dort einnahmen, wo die anderen sie wieder loswurden. Die einzige Erklärung für diese Sitzplatzwahl war, dass er nicht gesehen werden wollte. Mit der Dunkelhaarigen. Einer, die wütend war, die geweint hatte. Mit wem hatte er sich heimlich getroffen? Und wann? Einmal? Öfter? Hatte er sie getroffen, wenn er behauptet hatte, noch bei einem Kundentermin gewesen zu sein? Sie erinnerte sich an ihren Streit, als er das letze Mal so spät nach Hause gekommen war.
Lilou ist schon im Bett.
Das klingt, als ob du sauer bist.
Du hast versprochen, heute früher zu kommen. Du bist die ganze Woche nicht vor acht zu Hause gewesen. Du hast mal gesagt, du willst nicht, dass deine Tochter dich nur am Wochenende sieht.
Es tut mir leid. Wir können es uns nun mal nicht leisten, Kunden wegzuschicken.
Doch. Können wir schon. In knapp einem Jahr bin ich dreißig, dann haben wir genug Geld, um deinen Kredit zurückzuzahlen, und bis dahin schaffen wir das auch so irgendwie.
Sie öffnete die Tür zum Kaisergarten. Im Gegensatz zur Domklause war es hier hell und luftig, die Tische waren großzügig verteilt, und die Musik berieselte die Gäste in einer angenehmen Lautstärke. Hanna ging zur Bar und tippte dem Besitzer der Kneipe auf die Schulter. Er wandte sich um.
»Ja?«
»Hallo, ich weiß nicht, ob du dich an mich erinnerst, ich bin Steve Warringtons Frau.«
Er kniff die Augen zusammen. »Anne, nicht?«
»Hanna.« Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Ich suche Steve.«
»Joe an der Bar hat mir erzählt, dass du letzte Woche auf irgendeiner Joggingtour reingeschaut hast. Ich hatte gehofft, dass du noch mal kommst.« Er zog ein Papier aus einem Stapel und kam zurück. »Bequatscht mich, dass ich ihm einen speziellen Heimservice bringen soll, und verschwindet dann!« Er reichte Hanna das Blatt.
Hanna überflog es. Eine Rechnung für ein viergängiges Menü für zwei Personen, inklusive Wein und Digestif, zu liefern an ihre Adresse, am Montag, den 16. Mai. An ihrem Jahrestag. Deswegen sollte ich mir also für den Abend nichts vornehmen. Intuitiv wanderte ihre Hand zu ihrem Anhänger und strich zärtlich darüber. Wen auch immer du getroffen hast, du hast mich nicht betrogen. Sie schloss die Faust so fest um den silbernen Schlüssel, dass der Bart sich in den weichen Handballen drückte. Dann ließ sie ihn abrupt los und zog ihren Geldbeutel hervor.
»Ich zahle die Rechnung.« Sie zückte ihre Scheckkarte. »Bitte.«
Der Wirt nahm die Karte entgegen, steckte sie in den Kartenterminal, tippte etwas hinein und hielt ihn ihr dann zur Eingabe der Geheimnummer hin.
»Kennst du einen Rob?«, fragte Hanna, als sie ihre Karte wieder in den Geldbeutel zurücksteckte.
»Rob? Allerdings.« Er packte ihren Arm. »Hat er was mit Steves Verschwinden zu tun?«
Sein Griff war hart. Seine Reaktion erschreckte sie, doch sie entwand ihm den Arm und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. »Möglich. Was weißt du über ihn?«
»Er ist Ire. Rötliche, sehr kurze Haare, etwa einen Meter achtzig. Kräftig. Ähnlicher Akzent wie Steve. Nimm dich vor dem in Acht.«
»Was hat er denn gemacht?«
»Dumme Fragen gestellt. Über Steve. Als ob ich nicht merke, wenn mich jemand aushorcht. Ich hab Steve gleich Bescheid gesagt. Ganz ehrlich, ich hab mich gewundert, was Steve mit so einem zu tun hat. Der Typ ist nicht koscher.«
Hanna versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie es in ihr tobte. Rob war zwielichtig. Und er wusste etwas über Steve. Es musste etwas sehr Schlimmes sein, wenn Steve bereit war, Geld, viel Geld zu bezahlen, damit sie
Weitere Kostenlose Bücher