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Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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Knirschen, als werde Metall von einer Steinwalze zermalmt, streifte sie die fußhohe Abschlusskante, die die Straße einfriedete. Blitzartig nahm sie den Fuß vom Gas und schaltete zwei Gänge herunter. Mit einem unangenehmen Krachen rastete der zweite Gang ein. Der Motor heulte auf, dann griff die Motorbremse. Sie manövrierte das Auto in die richtige Spur zurück und registrierte, wie sich ihr Adrenalinpegel wieder normalisierte. Mit reduzierter Geschwindigkeit fuhr sie weiter, achtsam, nicht noch einmal den gleichen Fehler zu machen. Sie schaute auf die Uhr. Noch vier Minuten, und der Nebel wurde immer dichter. Wenn sie weiter so langsam fuhr, würde sie es nie schaffen. Sie erhöhte den Druck auf das Gaspedal und konzentrierte sich auf die Straße.
    Plötzlich krachte etwas mit voller Wucht auf die Motorhaube. Noch bevor Hanna erkennen konnte, was ihr Auto getroffen hatte, zerbarst die Windschutzscheibe. Hanna schrie auf. Instinktiv riss sie die Hände vor ihr Gesicht. Das Fahrzeug schlingerte. Sie umklammerte das Lenkrad wieder mit beiden Händen, doch sie hatte die Kontrolle über den Wagen verloren. Er schleuderte über die Straße. Sie sah nichts. Die halb aus ihrer Verankerung gerissene Windschutzscheibe nahm ihr jede Sicht. Sie konnte nur noch erahnen, wo die Straße endete und der Abgrund begann. Ihr Herz pochte so laut in ihren Ohren, dass es das einzige Geräusch war, das sie wahrnahm, als das Auto über die schmale Straße schlitterte, viel zu schnell und doch so langsam, als bewegte es sich in Zeitlupe, Millimeter für Millimeter näher zum Abgrund, dem Ende ihres Lebens entgegen. Lilou! Ich will nicht sterben! Als hätte sie einen Befehl erhalten, riss sie das Lenkrad herum, trat Bremse und Kupplung durch, um den Schub des Motors zu reduzieren. Mit einem Kreischen, als würde sich eine Fräse in einen Berg fressen, schrammte der Wagen an einer kniehohen Steinmauer entlang. Endlich kam er zum Stehen.
    Erleichtert nahm sie die Füße von Bremse und Kupplung, vergaß, den Gang herauszunehmen, und das Auto machte einen letzten Satz vorwärts, bevor der Motor erstarb.
    Völlige Stille umgab sie. Mit einem Schluchzer senkte sie ihren Kopf auf das Lenkrad. Dann begann sie zu zittern. Unkontrolliert. In Stoßwellen wanderte das Zittern durch ihren Körper, wie bei einem heftigen Anfall von Schüttelfrost, und verebbte dann langsam wieder. Erst jetzt war sie fähig, ihren Kopf zu heben und ihre Gedanken zu ordnen. Die Windschutzscheibe war an der Beifahrerseite komplett herausgerissen, an der Fahrerseite allerdings noch fest verankert. Das Glas war in tausend winzige Splitter zerborsten, die milchig weiß auf der Sicherheitsfolie klebten und es ihr unmöglich machten, durch die Scheibe zu sehen. So konnte sie nicht weiterfahren. Hannas Blick fiel auf den Stein, der neben ihr auf dem Beifahrersitz lag. Sie nahm ihn in die Hand und stieg aus. Sah sich um. Sie spürte die Angst, die wie eine Flamme in ihr hochzüngelte. Woher war der Stein gekommen? Hatte ihn jemand auf ihr Auto geworfen, um sie in den Tod zu schicken, getarnt als bedauerlicher Unfall? Sie lief die Straße entlang, die Augen auf den Hang geheftet, dessen grüne Wiesen gespickt waren mit kleinen und größeren Felsformationen. Sie suchte nach bröckeligen Felsen oder einer verdächtigen Bewegung. Ein Auto, das wie zufällig dort parkte, ein Mensch, der in dieser verlassenen Gegend einen Spaziergang unternahm. Doch sie war völlig allein. Nicht einmal ein Vogel, der aus dem Gebüsch schreckte, oder eine Waldmaus, die über die Straße huschte. Der Stein in ihrer Hand wog schwer. Plötzlich wurde sie sich der Einsamkeit der Gegend bewusst, spürte, wie exponiert sie war, und rannte so schnell sie konnte zum Auto zurück. Es war nur ein Steinschlag, ganz sicher. Der Stein kann sich von jedem dieser Felsen gelöst haben. Du steigerst dich in etwas hinein. Am Auto drosch sie mit dem Stein auf die kaputte Scheibe ein, bis sie ganz herausbrach, ließ die Scheibe ins Autoinnere fallen und räumte sie so weit zur Seite, dass sie auf dem Fahrersitz Platz nehmen konnte. Schließlich ließ sie den Motor wieder an. Hanna sah auf die Uhr. Sie hätte vor sieben Minuten am Treffpunkt sein müssen.
    Vorsichtig fuhr sie wieder los, gerade so schnell, dass der Fahrtwind nicht zu sehr in ihren Augen schmerzte. Endlich erreichte sie ihr Ziel.
    Der kleine Parkplatz lag verlassen vor ihr. Sie blickte sich um. Viewpoint North war kaum mehr als eine Parkbucht mit einer

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