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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Händen fasste er nach seinem Degen, doch dann sank er gegen die Wand und rutschte hinab, bis er auf dem Boden saß. »Ich fühle mich ganz …«
    Der zweite Wächter machte einen unsicheren Schritt in den Gang, griff ins Nichts und stürzte dann mit ausgestrecktem Arm vornüber. Morveer gönnte sich ein winziges, zufriedenes Nicken, dann kroch er zu Day hinüber, die mit ihrem Blasrohr über zwei weiteren Löchern in der Decke kauerte.
    »Erfolgreich?«, fragte er.
    »Natürlich.« Sie hielt das Brötchen in der anderen Hand und biss nun davon ab. Durch das Loch sah Morveer die beiden Wächter neben der Königssuite bewegungslos am Boden liegen.
    »Gute Arbeit, meine Liebe. Aber
leider
ist dies der einzige Auftrag, den man uns anvertraut hat.« Er suchte seine Ausrüstung zusammen.
    »Sollten wir nicht bleiben und sehen, wie es läuft?«
    »Dazu sehe ich keine Veranlassung. Wir können bestenfalls erwarten, dass einige Männer sterben werden, und so etwas habe ich schon vorher gesehen. Häufig sogar. Glaub mir – ein Tod ist ziemlich wie der andere. Hast du das Seil?«
    »Natürlich.«
    »Es ist nie zu früh, einen Fluchtweg vorzubreiten.«
    »Vorsicht steht immer an erster Stelle.«
    »Ganz
genau

    Day zog das Seil aus ihren Packtaschen, entrollte es und befestigte ein Ende an einem soliden Balken. Dann hob sie den Fuß und trat das kleine Fenster aus seiner Füllung. Morveer hörte, wie es mit einem Platschen in den Kanal fiel, der hinter dem Gebäude vorüberfloss.
    »Hervorragend gelöst.
Was
täte ich nur ohne dich?«
     
    »Stirb!« Damit stürmte Graulock durch den Kreis, den großen Holzknüppel hoch über dem Kopf erhoben. Espe holte ebenso keuchend Luft wie die Zuschauer und konnte sich nur um Haaresbreite rechtzeitig in Sicherheit bringen. Er fühlte noch, wie der Luftzug der Waffe sein Gesicht berührte. Er konnte den großen Mann in einer ungeschickten Umarmung zu fassen bekommen, und sie stolperten zusammen aus dem Kreis hinaus.
    »Was, zur Hölle, soll das werden?«, zischte Espe ihm ins Ohr.
    »Rache!« Graulock rammte ihm das Knie in die Seite und schüttelte ihn ab.
    Espe stolperte ein paar Schritte, fand dann sein Gleichgewicht wieder und zermarterte sich das Hirn, aufweiche Weise er diesem riesenhaften Kerl schon einmal in die Quere gekommen sein mochte. »Rache? Wofür denn, du verrückter Hund?«
    »Für Uffrith!« Graulock stieß den Fuß auf den Boden, täuschte einen Angriff vor, und Espe machte einen Satz zurück, vorsichtig über den Rand seines Schilds spähend.
    »Hä? Da ist doch niemand umgekommen!«
    »Bist du sicher?«
    »Ein paar Leute unten am Hafen, aber …«
    »Mein Bruder! Keine zwölf Jahre alt!«
    »Daran hatte ich keinen Anteil, du großer Ochse! Der Schwarze Dow hat sie dort umgebracht!«
    »Der Schwarze Dow steht jetzt aber nicht vor mir, und ich habe meiner Mutter geschworen, dass ich jemanden zur Rechenschaft ziehen würde. Für mich ist dein Anteil an der Sache groß genug, damit ich ihn aus dir rausprügele, du Arschloch!« Espe kreischte hell auf, als er sich vor einem weiteren harten Schlag duckte, und er hörte Männer, die ebenso gern Blut sehen wollten wie die Zuschauer bei einem echten Duell, hinter sich klatschen.
    Gut, dann also Rache. Rache war ein doppelschneidiges Schwert, keine Frage. Man konnte nie wissen, wann sie einen erwischen würde. Espe richtete sich auf, und von einem Schlag, den er gerade abbekommen hatte, rann ihm das Blut seitlich über das Gesicht. Er konnte an nichts anderes denken als daran, wie ungerecht es war. Er hatte versucht, das Richtige zu tun, so wie es ihm sein Bruder immer gesagt hatte. Er hatte versucht, ein besserer Mensch zu werden. Oder nicht? Aber so war das mit den guten Absichten. Sie ritten einen direkt in die Scheiße.
    »Aber ich habe doch nur … mein Bestes getan!«, brüllte er auf Nordisch.
    Graulock schickte Spucke durch die Mundöffnung seiner Maske. »Mein Bruder auch!« Er griff an, und die Keule fuhr so schnell herab, dass sie nur verschwommen zu sehen war. Espe duckte sich unter dem Schlag hindurch, riss dann hastig den Schild nach oben und ließ den Rand unter das Kinn seines Gegners krachen, der zurücktaumelte und Blut spuckte.
    Espe hatte immer noch seinen Stolz. So viel hatte er sich bewahrt. Er wollte verdammt sein, wenn er sich von einem dämlichen Drecksack, der einen guten Mann nicht von einem schlechten unterscheiden konnte, wieder in den Schlamm schicken lassen wollte. Er fühlte, wie Zorn in

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