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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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beendete er lahm den Satz.
    »Nun ja, dieser Verrat, der Sturz von der Felswand, der Verlust ihres Bruders und all das …«
    »Das sind bestenfalls Erklärungen, keine Entschuldigungen! Wir alle haben schmerzvolle Niederlagen erfahren! Ich muss zugeben, dass ich beinahe versucht bin, sie ihrem unvermeidlichen Schicksal zu überlassen und mir eine neue Anstellung zu suchen.« Er schnaubte vor Lachen, als ihm ein Gedanke kam. »Bei
Herzog Orso
vielleicht!«
    Day sah ruckartig auf. »Sie machen Witze.«
    Es hatte tatsächlich nur eine lustige Bemerkung sein sollen, denn Castor Morveer war nicht der Mann, der einen Dienstherrn im Stich ließ, wenn er einmal einen Kontrakt angenommen hatte. Schließlich musste man sich an bestimmte Verhaltensgrundsätze halten, in seinem Geschäft sogar noch mehr als in anderen Berufen. Aber es amüsierte ihn, diese Idee weiterzuspinnen und die einzelnen Punkte an seinen ausgestreckten Fingern abzuzählen. »Ein Mann, der sich meine Dienste zweifelsohne leisten kann. Ein Mann, der meine Dienste
zweifelsohne
benötigt. Ein Mann, der bewiesen hat, dass er sich nicht im Geringsten von lästigen moralischen Bedenken aufhalten lässt.«
    »Ein Mann, von dem es bekannt ist, dass er seine Leute Felswände hinunterstürzt.«
    Morveer tat ihren Einwand ab. »Man sollte nie so dumm sein, einem Menschen zu vertrauen, der einen Giftmischer in seine Dienste nimmt. In dieser Hinsicht ist er nicht schlimmer als jeder anderer Dienstherr auch. Im Grunde ist es wirklich ein Wunder, dass mir dieser Gedanke nicht schon früher gekommen ist!«
    »Aber … wir haben seinen Sohn getötet.«
    »Pah! Für solche Kleinigkeiten findet sich schon eine Erklärung, wenn zwei Männer feststellen, dass sie einander wirklich brauchen.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Da kann man sich ja etwas ausdenken. Irgendein elender Sündenbock lässt sich immer finden, dem man die Schuld an der Sache geben kann.«
    Sie nickte langsam, den Mund fest zusammengekniffen. »Ein Sündenbock. Natürlich.«
    »Ein
elender
Sündenbock.« Ein verstümmelter Nordmann weniger auf der Welt würde keinen großen Verlust bedeuten. Und auch einen verrückten Sträfling oder ein Luder mit Foltererfahrung würde wohl niemand groß vermissen. Allmählich konnte er sich für die Vorstellung beinahe selbst erwärmen. »Aber dennoch denke ich, im Augenblick sind wir hier an Murcatto und ihre sinnlose Gier nach Rache gebunden.
Rache
. Du meine Güte, gibt es überhaupt einen Beweggrund, der sinnloser, zerstörerischer oder unbefriedigender wäre?«
    »Ich dachte, Beweggründe gingen uns nichts an«, bemerkte Day, »nur der Auftrag und die Bezahlung.«
    »Das ist korrekt, meine Liebe, äußerst korrekt; jeder Beweggrund, der unsere Dienste erfordert, ist völlig rein. Wie immer siehst du ganz bis auf den Grund dieser Sache, als sei sie ganz und gar durchsichtig. Was täte ich nur ohne dich?« Lächelnd trat er näher an das Gestell heran. »Wie geht es mit unseren Vorbereitungen voran?«
    »Oh, ich weiß, was ich zu tun habe.«
    »Gut. Sehr gut. Natürlich weißt du das. Du hast von einem Meister gelernt.«
    Sie neigte den Kopf. »Und ich habe mir jede Lektion gut eingeprägt.«
    »Wirklich
hervorragend
.« Er beugte sich vor und schüttelte einen Kolben ein wenig, dann sah er zu, wie die Larync-Essenz langsam in die Retorte tropfte. »Es ist lebenswichtig, ausreichend und für jede Eventualität vorbereitet zu sein. Vorsicht steht natürlich immer an erster Stel… ah!« Irritiert sah er auf seinen Unterarm. Ein kleiner roter Tropfen bildete sich dort und wurde zu einem Blutfleck. »Was …« Day rückte langsam von ihm ab, und ein Ausdruck äußerst seltsamer Intensität lag auf ihrem Gesicht. Sie hielt eine aufgesteckte Nadel in der Hand.
    »Sie brauchen jemanden, der die Schuld bekommt?«, fauchte sie ihn an. »Ich bin dann wohl der Sündenbock, was? Fick dich doch, du Arschloch!«
     
    »Komm schon, komm schon, komm schon.« Der Getreue war schon wieder pinkeln, stand neben seinem Pferd, drehte Espe den Rücken zu und bewegte die Knie ein wenig. »Komm schon, komm schon. Das ist das verdammte Alter, das sich jetzt bei mir bemerkbar macht, das ist alles.«
    »Das oder deine dunklen Taten«, meinte Swolle.
    »Ich habe nichts so Verwerfliches getan, dass ich diesen Scheiß hier verdient hätte, das steht mal fest. Man hat das Gefühl, man müsste so sehr wie noch nie in seinem Leben, und wenn man dann endlich den Schwanz rausholt, dann

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