Racheklingen
Sonntagsstaat der Schlacht zuzusehen. Cosca glaubte, sogar einige gurkhisische Priester zu erkennen, wobei ihm allerdings nicht klar war, welches Interesse diese Männer an den Geschehnissen haben könnten. Und er stellte sich die müßige Frage, ob auch Monzcarro Murcatto sich dort befand. Die Vorstellung, wie sie im Damensattel ritt, in fließende Seide gehüllt und wie für eine Krönung ausstaffiert, brachte ihn kurz zum Schmunzeln. Das Schlachtfeld war ohnehin ganz gewiss der richtige Ort zum Lachen. Er senkte das Fernrohr, nahm einen Schluck aus seinem Flachmann und schloss glücklich die Augen, während er fühlte, wie die Sonne durch die Äste der alten Olivenbäume schimmerte.
»Und?«, ertönte Andiches raue Stimme.
»Was? Ach, du weißt schon. Sie nehmen immer noch Aufstellung.«
»Rigrat lässt ausrichten, dass die Talineser mit dem Angriff beginnen.«
»Ah! Ja, das tun sie.« Cosca beugte sich ein wenig vor und richtete sein Fernrohr auf den Bergrücken zu seiner Rechten aus. Die vordersten Reihen von Foscars Fußtruppen standen nun kurz vor dem Fluss, in ordentlichen Reihen auf der blumendurchsetzten Wiese angeordnet, und das festgetretene Bett der alten Kaiserstraße war unter den vielen Menschen völlig verschwunden. Ganz leise hörte er ihre marschierenden Schritte, die körperlosen Rufe der Offiziere, das regelmäßige Wumm, Wumm der Trommeln, das durch die warme Luft schwebte, und er bewegte die Hand im Rhythmus hin und her. »Welch ein herrlicher Anblick militärischer Pracht!«
Vorsichtig richtete er sein kleines rundes Fenster zur Welt von der Straße auf den schimmernden, träge dahinströmenden Fluss, zum anderen Ufer hinüber und den Hang hinauf. Die osprianischen Regimenter stellten sich auf, um dem Feind zu begegnen, vielleicht hundert Schritte oberhalb des Flusses. Bogenschützen machten sich in einer langen Reihe hinter den Fußtruppen bereit, knieten sich hin, spannten ihre Bogen. »Weißt du, Andiche … ich habe das Gefühl, wir werden schon bald ein wenig Blutvergießen erleben. Gib den Männern den Befehl, hierher, hinter uns aufzurücken. Bis etwa fünfzig Schritte unterhalb der Hügelkuppe.«
»Aber … dort wird man sie sehen. Wir verlieren den Vorteil der Überraschung …«
»Scheiß auf die Überraschung. Sie sollen die Schlacht sehen, und die Kämpfenden sollen sie ebenfalls sehen. Sie sollen ein Gefühl für den Kampf bekommen.«
»Aber General …«
»Gib schon den Befehl, Mann. Mach hier keinen Aufstand.«
Andiche wandte sich mit bedenklicher Miene ab und beugte sich zu einem seiner Feldwebel. Cosca lehnte sich mit zufriedenem Seufzer zurück, streckte die Beine aus und legte einen auf Hochglanz polierten Stiefel über den anderen. Gute Stiefel. Wie lange war es her, dass er so gute Stiefel getragen hatte? Die erste Reihe von Foscars Soldaten hatte den Fluss erreicht. Sie wateten mit grimmiger Entschlossenheit hinein, bis zu den Knien im kalten Wasser, und sahen wenig begeistert der beträchtlichen Anzahl von Soldaten entgegen, die auf einer erhöhten Position ihre ordentliche Stellung bezogen hatten. Sie warteten auf die Pfeile, die kommen würden. Warteten auf den Angriff. Eine wenig beneidenswerte Aufgabe, diese Furt zu überqueren. Er war wirklich sehr froh, dass es ihm gelungen war, sie abzuwälzen.
Er hob Morveers Flachmann und benetzte seine Lippen.
Espe hörte die entfernten Rufe, die Befehle und das Rasseln von ein paar Hundert Bolzen, die gleichzeitig abgeschossen wurden. Die erste Salve stieg von Rogonts Bogenschützen auf, schwarze Splitter flogen empor und schossen auf die Talineser herab, die gerade durch das flache Wasser wateten.
Er verlagerte ein wenig das Gewicht im Sattel und rieb sich die juckende Narbe, während er zusah, wie die beiden Linien sich verdrehten und ausfransten, wie sich Löcher auftaten und Flaggen fielen. Manche Männer wurden langsamer, wollten zurückfallen, andere gingen schneller, wollten weiter nach vorn drängen. Angst und Wut, zwei Seiten derselben Münze. Niemand marschiert gern im festen Verbund durch schwieriges Gelände, während er mit Pfeilen beschossen wird. Steigt über Leichen. Vielleicht über Freunde. Das schrecklich Beliebige daran, das Wissen, dass ein kleiner Windhauch den Unterschied zwischen einem Pfeil im Boden neben dem eigenen Fuß oder in dem eigenen Kopf bedeuten kann.
Natürlich hatte Espe schon genug Schlachten miterlebt. Sein ganzes Leben lang. Er hatte zugesehen, wie sie begannen, oder
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