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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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falschen Seite steht. Ich habe ihn in der Sicherheit kennengelernt.«
    »Was hatte er getan, dass man ihn mit solchen wie dich eingesperrt hat?«
    »Alles und noch mehr.«
    Noch mehr Schweigen. »Für einen Mann namens Freundlich sagt er ja nicht gerade viel.«
    »Genau das dachte ich auch, als ich ihn kennenlernte«, meinte Sajaam. »Ich vermute, der Name wurde mit einer gewissen Ironie gewählt.«
    »Ironie? Im Gefängnis?«
    »Alle möglichen Leute landen im Gefängnis. Einige von uns haben sogar einen Sinn für Humor.«
    »Wenn du meinst. Ich brauche auch ein wenig Spreu.«
    »Du? Das war doch eher etwas für deinen Bruder, oder? Wozu brauchst du Spreu?«
    »Seit wann fragst du deine Kunden, was sie mit deinen Waren anstellen, alter Mann?«
    »Da hast du Recht.« Er zog ein kleines Päckchen aus seiner Tasche, warf es zu ihr hinüber, und sie fing es auf.
    »Ich sage Bescheid, wenn ich noch etwas anderes brauche.«
    »Ich werde die Stunden zählen! Immer habe ich gesagt, dass du einmal mein Tod sein wirst, Monzcarro.« Sajaam wandte sich ab. »Mein Tod.«
    Espe stellte sich ihm in den Weg. »Mein Messer.« Er hatte nicht alle Einzelheiten dessen begriffen, was gesprochen worden war, aber er merkte, wenn er in eine dunkle, blutige Angelegenheit hineingeriet. In eine Sache, bei der er eine gute Klinge brauchen würde.
    »Mit Vergnügen.« Sajaam legte es mit Schwung in Espes ausgestreckte Hand, und es wog schwer. »Obwohl ich dir raten würde, dir etwas Größeres zu besorgen, wenn du beabsichtigst, bei ihr zu bleiben.« Er sah sich noch einmal um und schüttelte dann wieder den Kopf. »Ihr drei Helden wollt Herzog Orso ein Ende bereiten? Wenn sie euch umbringen, dann tut mir doch bitte einen Gefallen. Sterbt schnell und lasst meinen Namen aus der ganzen Sache heraus.« Und mit diesem ermunternden Rat verschwand er in der Nacht.
    Als Espe sich wieder umwandte, sah ihm die Frau, die Murcatto hieß, direkt in die Augen. »Was ist mit dir? Die Fischerei ist eine verdammt harte Art, sich sein Brot zu verdienen. Beinahe so hart wie das Leben als Bauer, und sie riecht sogar noch schlechter.« Sie streckte ihre behandschuhte Hand aus, und Silber glänzte darin. »Ich kann immer noch einen zweiten Mann gebrauchen. Willst du deinen Waag haben? Oder willst du noch fünfzig mehr?«
    Espe sah mit gerunzelter Stirn auf die schimmernde Münze. Er hatte schon Männer für weniger getötet, wenn er jetzt darüber nachdachte. In Schlachten, Fehden, Kämpfen, in allen Situationen und bei jedem Wetter. Aber er hatte dafür seine Gründe gehabt. Keine guten, jedenfalls nicht immer, aber doch immer etwas, das die Tat auf gewisse Weise rechtfertigte. Einen reinen Mord, gekauftes und bezahltes Blut, hatte er nie begangen.
    »Dieser Mann, den wir umbringen sollen … was hat er getan?«
    »Etwas, weswegen mir seine Leiche fünfzig Waag wert ist. Reicht das nicht?«
    »Nein, mir nicht.«
    Sie sah ihn lange an. Dieser unvermittelte, direkte Blick machte ihn schon jetzt irgendwie nervös. »Also bist du einer von denen, was?«
    »Einer von denen?«
    »Einer von den Männern, die Gründe mögen. Die Entschuldigungen brauchen. Ihr seid gefährlich, ihr komischen Kerle. Schwer zu berechnen.« Sie zuckte die Achseln. »Aber wenn es uns weiterbringt. Er hat meinen Bruder getötet.«
    Espe blinzelte. Diese Worte aus ihrem Mund brachten plötzlich jenen einen Tag zurück, und er erinnerte sich klarer als in all den Jahren zuvor. Wie er das graue Gesicht seines Vaters gesehen und Bescheid gewusst hatte. Wie er erfuhr, dass man seinen Bruder umgebracht hatte, obwohl ihnen Gnade zugesichert worden war. Wie er mit Tränen in den Augen über der Asche im Langhaus Rache geschworen hatte. Einen Eid, den er schließlich bewusst gebrochen hatte, um das ganze Blut hinter sich zu lassen und ein besserer Mensch zu werden.
    Und nun kam sie aus dem Nichts und bot ihm noch eine Möglichkeit zur Vergeltung.
Er hat meinen Bruder getötet.
Es fühlte sich an, als hätte er bei allem anderen Nein gesagt. Aber vielleicht brauchte er auch einfach nur das Geld.
    »Scheiß drauf«, sagte er. »Gib mir die fünfzig Waag.«

SECHS UND EINS
    Die Würfel zeigten eine Sechs und eine Eins. Die höchste Zahl, die ein Würfel anzeigen kann, und die niedrigste. Eine passende Beurteilung für Freundlichs Leben. Von den tiefen Abgründen des Schreckens zu den Höhen des Triumphs. Und zurück.
    Sechs und eins ergaben sieben. Freundlich war sieben Jahre alt gewesen, als er sein

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