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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Metall und das Surren einer Bogensehne.
    Sie trat unter den Büschen hervor. Zwei Männer lagerten um ein Feuer, über dem ein kleiner Kessel dampfte. Einer hatte einen dichten Bart und hielt eine Holzfälleraxt in der Hand. Bevor er seine Waffe heben konnte, hatte Monza ihm einen Streich über die Augen verpasst, und er fiel schreiend nach hinten. Der andere wollte weglaufen, aber sie bohrte ihm die Klinge in den Rücken, bevor er einen Schritt weit gekommen war. Der Bärtige brüllte und schrie, die Hände gegen sein Gesicht gepresst. Sie stach ihn in die Brust, und er stieß noch einige feuchte Atemzüge aus, dann war er still.
    Sie sah mit bitterem Blick auf die beiden Toten, während der Kampfeslärm allmählich verebbte. Benna kroch aus dem Dickicht, und er zog dem Bärtigen die Börse aus dem Gürtel und schüttelte einen großen Haufen Silbermünzen in seine Hand.
    »Er hat siebzehn Waag.«
    Es war das Doppelte der Summe, die ihnen die ganze Ernte eingebracht hätte. Er hielt ihr die Börse des anderen Mannes mit großen Augen hin. »Der hier hat dreißig.«
    »Dreißig?« Monza sah auf das Blut auf dem Degen ihres Vaters und dachte, wie seltsam, dass sie nun eine Mörderin geworden war. Und wie seltsam leicht es gewesen war. Viel leichter, als in der steinigen Erde zu graben und sich damit den Lebensunterhalt zu verdienen. Viel, viel leichter. Anschließend wartete sie darauf, dass sie die Reue überkam. Sie wartete lange.
    Sie kam nie.

GIFT
    Es war ein Nachmittag, wie Morveer ihn besonders liebte. Frisch, vielleicht ein wenig kühl, aber völlig ruhig und makellos klar. Die helle Sonne blitzte durch die nackten schwarzen Äste der Obstbäume, fand seltenes Gold zwischen einem stumpfen Dreibein aus Kupfer, Stangen und Schrauben und schlug unbezahlbare Funken auf dem Gewirr beschlagener Glasbehälter. Es gab nichts Schöneres, als an einem solchen Tag draußen zu arbeiten, und es hatte zudem den Vorteil, dass alle tödlichen Dämpfe verwehten, ohne Schaden anzurichten. Menschen in Morveers Beruf wurden nur allzu oft von ihren eigenen Erzeugnissen dahingerafft, und er hatte nicht die Absicht, selbst diesen Weg zu gehen. Von allem anderen einmal abgesehen, hätte das seinem Ruf einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zugefügt.
    Morveer lächelte der sich kräuselnden Lampenflamme zu und nickte im Gleichklang mit dem Klappern des Kondensators und der Retorten, lauschte dem beruhigenden Zischen entweichenden Dampfs, dem fleißigen Blubbern und Knacken kochender Reagenzien. Diese Geräusche waren für Morveer wie das Ziehen einer Klinge für den Meisterfechter oder das Klimpern der Münzen für den Meisterkaufmann: Sie kündeten von einer ordentlich verrichteten Arbeit. Daher sah er mit behaglicher Zufriedenheit durch die verzerrende Oberfläche des spitz zulaufenden Sammelkolbens auf Days Gesicht, das vor Konzentration gefurcht war. Es war ganz zweifelsohne ein hübsches Gesicht: herzförmig und von blonden Locken umrahmt. Aber es war hübsch auf eine unauffällige und völlig unbedrohliche Art, die zudem von einer entwaffnenden Aura der Unschuld begleitet wurde. Ein Gesicht, das eine lobende Äußerung heraufbeschwören, aber kaum zu weiteren Kommentaren verleiten würde. Ein Gesicht, das man leicht wieder vergaß. Aufgrund dieses Gesichts hatte sich Morveer in erster Linie für Day entschieden. Er überließ nichts dem Zufall.
    Ein kleines Feuchtigkeitsjuwel bildete sich am äußersten Ende des Kondensators. Es zog sich in die Länge, blies sich auf, dann riss es sich endlich los, fiel funkelnd hinab und schlug geräuschlos auf den Boden des Kolbens.
    »Hervorragend«, murmelte Morveer.
    Weitere Tröpfchen schwollen an und fielen in feierlicher Prozession hinab. Der letzte hing zögerlich am Rand, bis Day mit sanfter Bewegung das Glas schüttelte. Er fiel, stieß zu den anderen und sah für die ganze Welt so aus, als sei er nur ein wenig Wasser am Boden eines Glasbehälters. Kaum genug, um die Lippen eines Menschen zu benetzen.
    »Und jetzt vorsichtig, meine Liebe, ganz,
ganz
, vorsichtig. Dein Leben hängt an einem seidenen Faden. Deins und auch das meine.«
    Sie drückte die Zunge gegen ihre Unterlippe, und mit äußerster Aufmerksamkeit löste sie den Kondensator und setzte ihn auf das Tablett. Der Rest des Apparats folgte Stück für Stück. Sie hatte schöne, weiche Hände, Morveers Gehilfin. Flink, aber auch ruhig, und genau so mussten sie auch sein. Sorgsam drückte sie einen Korken auf den Kolben und

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