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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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umfing sie noch tiefere Dunkelheit. »Hier entlang, Day, und trödle nicht.«
    Sie schlichen den Flur entlang, zwei schweigende Schatten, bis sie vor der schweren Tür von Mauthis’ Büro angekommen waren. Days Dietriche schimmerten, als sie sich vorbeugte, um das Schloss zu knacken. Sie brauchte nur einen kurzen Augenblick, dann drehte sich das Schloss mit schwerem Knirschen, und die Tür schwang leise auf.
    »Schlechte Schlösser für eine Bank«, sagte sie, als sie die Dietriche wieder verstaute.
    »Die guten Schlösser bringen sie dort an, wo das Geld liegt.«
    »Und wir sind ja nicht zum Stehlen hier.«
    »Oh nein, nein, wir sind ganz seltsame Diebe. Wir lassen
Geschenke
zurück.« Er schritt auf leisen Sohlen zu Mauthis’ riesenhaftem Schreibtisch und klappte den schweren Folianten auf, wobei er sorgfältig darauf achtete, ihn nicht einmal um Haaresbreite zu verschieben. »Die Lösung bitte.«
    Sie reichte ihm den kleinen Krug, der bis zum Rand mit einem dünnen Kleister gefüllt war, und er zog mit sanftem Plopp den Korken heraus. Er benutzte einen feinen Pinsel, um den dünnen Film aufzutragen – ein Werkzeug, das wie gemacht war für einen Künstler seiner unschätzbaren Talente. Die Seiten knisterten, als er sie umblätterte und den Ecken jeder einzelnen einen Pinselstrich verpasste.
    »Siehst du, Day? Schnell, elegant und präzise, aber stets mit größter Sorgfalt. Mit der
allergrößten
Sorgfalt. Was tötet die meisten, die unserem Beruf nachgehen?«
    »Ihre eigenen Gifte.«
    »
Haargenau
so ist es.« Mit allergrößter Umsicht klappte er daher den Folianten wieder zu, dessen Seiten schon wieder fast trocken waren, legte den Pinsel beiseite und drückte den Korken wieder auf den Tonkrug.
    »Gehen wir«, sagte Day. »Ich habe Hunger.«
    »Gehen?« Morveer lächelte noch breiter. »Oh nein, meine Liebe, wir sind
bei weitem
noch nicht fertig. Du musst dir deine Mahlzeit erst noch verdienen. Wir haben eine harte Nacht voller Arbeit vor uns. Eine
sehr
… lange … Nacht.«
     
    »Hier.«
    Espe machte beinahe einen Satz über die Brüstung, so sehr hatte er sich erschreckt. Dann sah er sich um, und das Herz schlug ihm bis zum Hals. Murcatto kauerte mit einem Grinsen auf den Lippen hinter ihm; ihr Atem formte kleine Rauchkringel vor ihrem umschatteten Gesicht.
    »Bei den Toten, hast du mir vielleicht einen Schrecken eingejagt!«, zischte er.
    »Besser als das, was dir die Wächter da unten verpasst hätten.« Sie kroch zu dem Eisenring und zupfte an dem Knoten. »Dann hast du es also hinaufgeschafft?« Mehr als ein Hauch Überraschung lag in ihrer Stimme.
    »Hattest du daran gezweifelt?«
    »Ich hatte gedacht, du würdest dir den Hals brechen, wenn du überhaupt hoch genug kommen würdest, um hinabzufallen.«
    Er tippte sich mit dem Finger an die Stirn. »Hier ist bei mir am wenigsten kaputt zu machen. Hast du unsere Freunde abgeschüttelt?«
    »Auf halbem Weg zur verdammten Fürst-Sabeldi-Straße, ja. Wenn ich geglaubt hätte, dass das so leicht sein würde, hätten wir es ja gleich auf die Weise versuchen können.«
    Espe grinste. »Nun, ich bin froh, dass du sie weggelockt hast, sonst hätten sie mich wohl am Haken gehabt.«
    »Das konnte ich ja nicht zulassen. Schließlich haben wir noch eine Menge vor.« Espe bewegte unbehaglich die Schultern. Manchmal war es leicht, zu vergessen, dass die Arbeit, die sie hier taten, letztlich dazu diente, einen Mann zu töten. »Kalt, was?«, fuhr Murcatto fort.
    Er schnaubte. »Wo ich herkomme, ist das der reinste Sommertag.« Er zog den Stopfen aus der Flasche und hielt sie ihr hin. »Das hält dich vielleicht warm.«
    »Oh, das war sehr weitblickend von dir.« Sie nahm einen großen Schluck, und er beobachtete, wie sich die dünnen Muskeln an ihrem Hals bewegten.
    »Für jemanden, der sich einer Gruppe bezahlter Mörder angeschlossen hat, bin ich ein sehr weit blickender Mann.«
    »Ich muss dir sagen, dass einige bezahlte Mörder richtig nette Leute sind.« Sie nahm noch einen Schluck, dann gab sie ihm die Flasche zurück. »Allerdings keiner von denen hier.«
    »Verdammt, nein, wir sind allesamt Dreckskerle. Die Frauen eingeschlossen.«
    »Sind sie drin? Morveer und sein kleines Echo?«
    »Joh, schon eine ganze Weile, denke ich.«
    »Und Freundlich ist bei ihnen?«
    »Er ist bei ihnen.«
    »Wie lange, hat Morveer gesagt, wird er brauchen?«
    »Glaubst du, der sagt mir irgendwas? Ich dachte, ich wäre der Optimist.«
    Sie kauerten in kaltem Schweigen nah

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