Racheklingen
herrschen!« Der Giftmischer drehte sich vom Fenster weg, aber sein Lächeln verblasste, als er Monzas Gesicht sah. »Was ist? Lebt er noch?«
»Er ist tot. Dutzende sind tot.«
Morveers Augenbrauen hoben sich ein winziges Stück. »Bei einem Unternehmen dieser Art wandern die Hauptbücher durch das ganze Haus. Ich konnte nicht riskieren, dass Mauthis heute mit einem anderen arbeiten würde. Was gehe ich niemals ein, Day?«
»Risiken. Vorsicht steht immer an erster Stelle.« Day biss ein weiteres Stück Brot ab und sprach mit vollem Mund weiter. »Deswegen haben wir sie alle vergiftet. Jeden Folianten im ganzen Haus.«
»Das war nicht abgesprochen«, knurrte Monza.
»Ich denke schon. Ganz egal, was dazu erforderlich ist, haben Sie mir gesagt, ganz egal, wer dabei noch umkommt. Das sind die einzigen Bedingungen, auf die ich mich einlasse. Alles andere lässt zu, dass es zu
Missverständnissen
kommt.« Morveer sah ein wenig verblüfft und amüsiert aus. »Mir ist natürlich bewusst, dass einige Menschen mit Mord im großen Stil ein Problem haben, aber ich hätte mir nicht träumen lassen, dass Sie, Monzcarro Murcatto, die Schlange von Talins, die Schlächterin von Caprile, dazu zählen würden. Sie müssen sich keine Sorgen wegen des Geldes machen. Mauthis wird Sie zehntausend kosten, wie abgesprochen. Die Übrigen waren umsonst …«
»Hier geht es nicht ums Geld, Sie Narr!«
»Sondern worum dann? Ich habe eine Arbeit in Ihrem Auftrag übernommen und habe sie erfolgreich abgeschlossen, wie kann ich also etwas falsch gemacht haben? Sie sagen, Sie hätten niemals an ein solches Ergebnis gedacht, und Sie haben die Arbeit nicht selbst ausgeführt, wie also könnten Sie etwas falsch gemacht haben? Die Verantwortung dafür scheint zwischen uns hinabzufallen wie ein Kackhaufen aus dem Arsch eines Bettlers direkt in die offene Gosse, um nie wieder gesehen zu werden und niemandem weiteres Unbehagen zu verursachen. Ein unglückliches Missverständnis, oder nicht? Ein Zufall? Als sei plötzlich Wind aufgekommen und habe einen großen Baum gefällt, und dieser Baum hätte jedes kleine Insekt, das sich an dieser Stelle befand …
zerquetscht
!«
»Zerquetscht!«, säuselte Day.
»Wenn Sie Ihr Gewissen plagt …«
Monza fühlte Zorn in sich aufwallen und griff mit der behandschuhten Hand unter Schmerzen nach der Scheide des Degens; die zertrümmerten Knochen knackten bei der Bewegung. »Gewissen ist eine Ausrede, um nicht tun zu müssen, was getan werden muss. Hier geht es darum, den Überblick zu behalten. Ab jetzt halten wir uns daran, jedes Mal nur einen Mann zu töten.«
»Tun wir das?«
Sie tat einen plötzlichen Schritt, und der Giftmischer wich zurück. Seine Augen huschten nervös zwischen ihrem Degen und ihr selbst hin und her. »Fordern Sie mich nicht heraus. Niemals. Jedes Mal … nur einen Mann … habe ich gesagt.«
Morveer räusperte sich bedächtig. »Der Kunde ist natürlich König. Wir werden so vorgehen, wie Sie es wünschen. Es gibt wirklich keinen Grund zur Verärgerung.«
»Oh, Sie werden es schon merken, wenn ich richtig verärgert bin.«
Er stieß einen gequälten Seufzer aus. »Was ist die Tragödie unseres Berufsstands, Day?«
»Mangelnde Wertschätzung.« Seine Gehilfin schob sich das letzte Stückchen Brot in den Mund.
»
Exakt
. Komm, wir wollen ein wenig durch die Stadt bummeln, während unsere Dienstherrin sich überlegt, welchem Namen auf ihrer kleinen Liste unsere Aufmerksamkeit als Nächstes gelten soll. Die Atmosphäre hier erscheint ein wenig verdorben durch
Heuchelei
.« Mit dem Ausdruck verletzter Unschuld auf dem Gesicht verließ er den Raum. Day sah unter ihren sandfarbenen Wimpern auf, zuckte die Achseln, erhob sich, bürstete sich die Krümel von ihrem Hemd und folgte ihrem Meister.
Monza blickte aus dem Fenster. Die Menge hatte sich beinahe zerstreut. Soldaten der Stadtwache waren inzwischen erschienen und sperrten die Straße zur Bank nervös ab, wobei sie vorsichtig Abstand zu den Gestalten hielten, die reglos auf dem Pflaster lagen. Sie fragte sich, was Benna jetzt gesagt hätte. Vermutlich hätte er sie gemahnt, ruhig zu bleiben und alles genau zu durchdenken.
Sie packte eine Kiste mit beiden Händen und schleuderte sie fauchend durchs Zimmer. Die Kiste krachte gegen eine Wand, ließ mürben Putz herabregnen, öffnete sich beim Aufprall, und die Kleider darin verteilten sich über den Fußboden.
Espe stand in der Tür und sah ihr zu. »Ich bin raus aus der
Weitere Kostenlose Bücher