Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
Fuße eines Vulkans leben konnten, gelang es mir manchmal, mich vor einer bedrohlichen Situation zu verschließen. Es blieb mir nichts anderes übrig. Sonst würde ich verrückt.
Misty war nicht da, was mir guttat. Wenn sie im Raum war, fühlte ich mich immer verunsichert und böse.
Ich lutschte an meinem Füller und sah zu Chris hinüber, insbesondere auf seine Oberschenkel. Meine Güte, er war zum Reinbeißen. Während ich so an dem Füller lutschte, versuchte ich, seinen Blick auf mich zu lenken. Ich hielt meine Haltung für ziemlich provozierend, aber er sah nicht zu mir. Dann schmeckte ich Tinte auf meiner Zunge. Igitt! Wahrscheinlich waren meine Zähne blau geworden.
Seit dem Vortag hatte ich Chris genau beobachtet, um zu sehen, ob Helen mich in seiner Gunst verdrängt hatte. Er war nicht unfreundlich, plauderte mit mir wie immer und berührte mich auch hin und wieder. Bildete ich mir nur ein, dass sein Interesse an mir ein winziges bisschen nachließ? So wenig, dass es mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen war? Vielleicht war ich einfach extrem empfindlich, beruhigte ich mich.
Ich versuchte, mich auf meine Lebensgeschichte zu konzentrieren, konnte aber nicht umhin, Chris immer wieder anzusehen. Er spielte Trivial Pursuit mit ein paar der anderen Insassen. Oder zumindest versuchte er es. Immer wieder kam es zum Streit, weil Vincent den Verdacht hatte, dass Stalin die Antworten auswendig gelernt hatte. Er behauptete steif und fest, dass er ihn dabei beobachtet hätte, wie er sich mit den Antwortkarten beschäftigt hatte.
Davy der Spieler, wollte sie überreden, um Geld zu spielen. Wenigstens um Streichhölzer.
Das Gezeter erinnerte mich an meine Familie, nur dass die Insassen nicht so niederträchtig waren.
Es hatte angefangen zu schneien, und wir hatten die Vorhänge offen gelassen, damit wir dem Tanz der Schneeflocken vor den Fenstern zusehen konnten.
Barry das Kind, tanzte im Raum umher und machte Tai Chi. Es war eine Wohltat, seine geschmeidigen Bewegungen zu beobachten. Er war richtig hübsch, wie ein dunkelgelockter Engel. Und er schien immer gut gelaunt und glücklich, in seiner eigenen Welt, wie in Trance. Ich hätte gern gewusst, wie alt er war.
Eamonn kam hereingewatschelt und wäre beinahe über Barry gestolpert.
»Was soll das denn?«, wollte er wissen. »Das ist gefährlich, du solltest hier nicht herumspringen.«
»Lass den Jungen doch in Ruhe mit seinem Chow Mein«, schaltete Mike sich ein.
Dann kam Chaquie herein und beschwerte sich laut über eine Meldung, die sie in der Zeitung gelesen hatte und die besagte, dass Kondome umsonst an unverheiratete Mütter ausgegeben wurden, damit sie keinen neuen Familienzuwachs riskierten.
»Das ist doch unerhört«, schimpfte sie. »Warum sollten Steuerzahler dafür bezahlen, dass die umsonst Gummis bekommen. Sie dürften gar keinen Bedarf für so was haben. Wisst ihr, was die beste Verhütung ist?«, fragte sie uns.
Barry runzelte nachdenklich die Stirn und sagte: »Dein Gesicht?«
Chaquie beachtete ihn gar nicht. »Das Wörtchen ›nein‹! Ganz einfach, diese vier Buchstaben: n, e, i, n. Wenn sie nur ein Fünkchen Moral hätten, dann würden sie ...«
»Ach, SEI DOCH STILL!«, brüllten alle.
Es wurde vorübergehend ein bisschen ruhiger, bis John Joe Barry fragte, ob er ihm die Grundzüge des Tai Chi zeigen könne, und Barry, der sonnige Knabe, erklärte sich sofort bereit.
»Also, du lässt den Fuß über den Boden gleiten. Nein, gleiten.«
Statt den Fuß anmutig über den Boden zu ziehen, hob John Joe ihn einfach hoch und pflanzte ihn woanders wieder auf.
»Zieh ihn, so.«
»Zeig es mir noch einmal«, sagte John Joe und ging näher an Barry heran.
Alle, die in John Joes Gruppe waren, saßen starr dabei und dachten: »Er will was von Barry. O Gott, er will was von ihm!«
»Und dann hebst du langsam den Arm.« Barry hob den Arm mit der Anmut einer Ballerina. John Joe stieß seinen vor, als wolle er jemandem einen Schlag versetzen.
»Jetzt musst du die Hüften vorstrecken.«
John Joe machte es ihm begeistert nach.
Erregtes Stimmengewirr erhob sich, weil Stalin die Hauptstadt von Papua Neuguinea wusste. »Woher wusstest du das?«, fragte Vincent. »Wie kann ein Bauerntrottel wie du das wissen?«
»Weil ich kein Dummkopf bin wie ein paar andere, die ich aufzählen könnte«, erklärte Stalin.
»Das kann nicht sein«, sagte Vincent finster. »Das. Kann. Nicht. Sein. Du hast die Antworten auswendig gelernt. Die Hauptstadt von Papua
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