Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
gespreizt und warf ihre Haare wild herum.
Als ich Lukes Einladung unbeholfen und verlegen ablehnte, schob sie ihren Unterkörper nach vorn und wackelte mit der ausgestreckten Zunge. Ich drehte mich um, aber sie kam um mich herum.
»Ehm, nein, ich glaube nicht«, stotterte ich. »Weißt du, ich möchte keine feste Beziehung.« Eine Riesenlüge. Die Wahrheit war, dass ich mit ihm keine Beziehung haben wollte.
Brigit war inzwischen auf die Knie gegangen, spielte immer noch wie wild auf der eingebildeten Gitarre und hatte die Augen mit einem halb entrückten Ausdruck zur Decke gedreht, wie es Gitarristen in Popgruppen immer taten.
Zum Glück versuchte Luke nicht, mich zu überreden, dass wir uns »einfach nur so« treffen könnten. Männer, bei denen man sich eindeutig geirrt hatte, versuchten das in der Regel. Sie taten so, als machte es ihnen nichts aus, dass man sie abblitzen ließ, und als wären sie glücklich, nur mit einem befreundet zu sein. Normalerweise hatte ich Schuldgefühle, wenn ich mich mit ihnen traf. Und bevor ich wusste, wie mir geschah, war ich sturzbetrunken und mit ihnen im Bett.
»Tut mir leid«, sagte ich. Ich schämte mich und hatte ein schlechtes Gewissen – er war so nett.
»Macht doch nichts«, sagte er freundlich. »Wir sehen uns sicherlich. Bis dann.«
»Gut«, sagte ich. »Bis dann«, und knallte den Hörer auf.
»Du gemeines Biest!« schrie ich Brigit an, die inzwischen auf Knien auf dem Fliesenboden in der Küche herumrutschte. »Warte nur, bis Joey dich anruft.«
»Joey ruft mich aber nicht an«, sagte sie selbstgefällig. »Er hat mich nicht um meine Telefonnummer gebeten.«
Ich setzte mich und wühlte in meiner Handtasche nach den Valiumtabletten. Ich ließ drei auf meine Handfläche rollen, dann überlegte ich einen Moment und tat noch zwei dazu. Was für eine Katastrophe! Ich hasste ihn, weil er mich diesen Qualen aussetzte. Warum bestand mein Leben aus einer langen Reihe unerfreulicher Ereignisse? Lag auf mir ein Fluch?
17
M itten in einem schönen Traum wurde ich von einer fremden Frau geweckt, die mir mit einer Taschenlampe ins Gesicht leuchtete.
»Rachel«, sagte sie, »Zeit aufzustehen.«
Es war stockdunkel und eiskalt, und ich hatte keine Ahnung, wer sie war. Ich kam zu dem Schluss, dass das eine Halluzination sein musste, also drehte ich ihr den Rücken zu und schloss die Augen.
»Wach auf, Rachel«, flüsterte die Frau lauter, »und weck Chaquie nicht auf.«
Der Name Chaquie holte mich in die Wirklichkeit. Ich lag nicht in meinem Bett in New York. Ich war in Cloisters, und eine nachtwandelnde Wahnsinnige wollte mich mitten in der Nacht wecken. Sie war bestimmt eine von den ernstlich gestörten Insassen, die aus ihrem verschlossenen Zimmer im Dachgeschoss entkommen war.
»Hallo«, sagte ich zu ihr. »Geh doch wieder in dein Bett.« Freundlich, aber deutlich. Jetzt würde ich hoffentlich weiterschlafen können.
»Ich bin die Nachtschwester«, sagte sie.
»Und ich bin Coco der Clown«, sagte ich. Mit Leichtigkeit konnte ich sie an verrückten Sprüchen überbieten.
»Jetzt komm, du musst das Frühstück machen.«
»Und warum muss Chaquie nicht das Frühstück machen?« Ich hatte gehört, dass man mit Geistesgestörten möglichst vernünftig sprechen sollte.
»Weil sie nicht in Dons Team ist.«
Als sie »Dons Team« sagte, rief das eine ferne, unangenehme Erinnerung in mir wach.
»Bin ich ... Bin ich etwa ... in Dons Team?«, fragte ich stockend. Irgendwie kam mir der schreckliche Gedanke, dass das der Fall war. Hatte ich mich gestern abend nicht zu etwas bereit erklärt ...?
»Ja.«
Ein Gefühl von großer Traurigkeit überkam mich. Vielleicht musste ich jetzt doch aufstehen?
»Ich habe gerade beschlossen, dass ich in seinem Team nicht mehr mitmache«, sagte ich und schöpfte neue Hoffnung.
Sie lachte auf eine Art, die man unter anderen Umständen als freundlich bezeichnen würde. »Du kannst nicht einfach sagen, du machst da nicht mehr mit«, gab sie mir zu bedenken. »Wer soll denn das Frühstück machen, wenn du es nicht machst? Du kannst doch die anderen nicht hängenlassen.«
Ich war zu müde, um zu streiten. Ich war sogar zu müde, um überhaupt zu begreifen, was los war, und mich darüber zu ärgern. Das Einzige, was ich begriff, war:Wenn ich nicht aufstand, wären sie sauer auf mich. Aber ich würde mir diesen Don vorknöpfen und ihm sagen, dass ich in seinem Team nicht mehr mitmachte.
Ich fror erbärmlich und war hundemüde und
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