Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
erleichtert aus.
»He, Sie kenne ich doch«, rief er aus.
Oh, oh! Wenn das einer sagte, wurde mir sofort mulmig. Normalerweise erinnerten sich Menschen an mich, weil ich mich danebenbenommen hatte. Und ich erinnerte mich nie an jemanden, aus dem gleichen Grund.
»Sie arbeiten doch im Old Shillayleagh Hotel, stimmt’s?«
»Richtig.« Ich nickte nervös.
»Yeah, ich hab Sie gleich erkannt, als Sie eingestiegen sind, und deshalb hab ich Sie immer angesehen, aber mir fiel nicht ein, woher ich Sie kenne. Ich seh Sie immer, wenn ich ins Hotel komme und Fahrgäste abhole.« Er lächelte breit. »Sind Sie Irin? Sehen jedenfalls so aus, mit den schwarzen Haaren und den Sommersprossen. Ein echtes irisches Mädel.«
»Ja.« Ich versuchte, meinem starren Gesicht einen freundlichen Ausdruck zu geben.
»Ich auch. Mein Ururgroßvater war aus Cork. Aus Bantry Bay. Kennen Sie das?«
»Ja.«
»Ich heiße McCarthy. Harvey McCarthy.«
»Tatsächlich«, sagte ich überrascht. »McCarthy ist ein Name aus der Gegend von Cork.«
»Na, und wie kommen Sie hier zurecht?« Er stellte sich auf einen Plausch ein.
»Bestens«, murmelte ich. »Aber meine Mitbewohnerin, wissen Sie, ich sollte ...«
»Na klar, aber passen Sie gut auf sich auf, ja?«
Die Wohnung sah aus wie eine Szene aus einem Horrorfilm. Überall Dosen, Flaschen und überquellende Aschenbecher. Zwei Leute, die ich nicht kannte, schliefen auf dem Sofa. Ein Dritter lag ausgestreckt auf dem Boden. Keiner der drei rührte sich, als ich die Wohnung betrat.
Als ich den Kühlschrank öffnete, um den Käse hineinzulegen, rollten mehrere Bierdosen heraus und fielen mit großem Getöse zu Boden. Einer der Schlafenden zuckte zusammen und murmelte etwas, das so ähnlich klang wie: »Karotten im Internet«, dann war wieder alles still.
Die Valiumtabletten hatten nichts gegen meinen Verfolgungswahn ausgerichtet, also schüttete ich mir ein paar mehr in die Handfläche und spülte sie mit einer Dose Bier herunter. Ich setzte mich auf den Küchenboden und wartete darauf, dass ich mich wieder beruhigte.
Endlich fühlte ich mich stark genug, um ins Bett zu gehen. Wenn die große Leere über mich kam, mochte ich nicht allein ins Bett gehen. Ich nahm mir noch eine Dose Bier und ging in mein Zimmer. Dort fand ich zwei, nein, drei, nein, Moment, vier Leute in meinem Bett, die ich alle nicht kannte.
Es waren alles Männer, aber keiner wirkte so sympathisch, dass ich Lust gehabt hätte, mich neben ihn zu legen. Dann erkannte ich, dass es die Skaterbande aus New Jersey war. Natternbrut, dachte ich. Was für eine Frechheit!
Ich versuchte sie wachzurütteln und zu schütteln, aber es gelang mir nicht.
Ich schlich mich also in Brigits Zimmer. Es roch nach Alkohol und Zigarettenrauch. Unter der Jalousie kroch das Sonnenlicht herein, es war warm.
»Hallo«, sagte ich und schlüpfte neben ihr ins Bett, »Ich habe dir Käse geklaut.«
»Wo bist du mit dem Koks abgeblieben?«, murmelte sie. »Du hättest mich mit den Leuten hier nicht allein lassen sollen.«
»Aber ich habe jemanden kennengelernt«, erklärte ich sachlich.
»Das ist nicht in Ordnung, Rachel«, sagte sie mit geschlossenen Augen. »Die Hälfte von dem Gramm gehörte mir. Du durftest das nicht nehmen.«
Wieder überfiel mich die Angst. Brigit war sauer auf mich. Meine freischwebende Paranoia konnte sich endlich an etwas festmachen. Ich wünschte mir heftig, dass ich auf unserer Party geblieben wäre. Besonders, wenn man bedenkt, wie ergebnislos das Unterfangen mit Daryl gewesen war.
Mama.
Mama, der hat sie wohl nicht alle!
Übergeschnappter Kerl, dachte ich abschätzig.
Hoffentlich ruft er an.
Brigit drehte sich um und schlief weiter. Aber ich spürte ihre Verärgerung. Ich wollte nicht neben ihr im Bett liegen, aber ich konnte nirgendwo sonst hin.
29
M ir war fast schlecht vor Angst, dass der Fragebogen in der Gruppensitzung am nächsten Tag vorgelesen werden könnte. Bitte, lieber G ott, betete ich, ich tue alles, was du willst, aber lass diesen Kelch an mir vorübergehen.
Allerdings muss man sagen, dass die anderen auf meiner Seite waren, die meisten von ihnen wenigstens. Als ich in die Küche kam, um das Frühstück vorzubereiten, rief Don: »Was wollen WIR?« Und von Stalin kam die Antwort: »Luke Costellos Eier mit Speck.«
Dann rief Don, während seine Augen fast aus dem Kopf hervortraten: »Wann wollen wir SIE?« Und Stalin antwortete: »Jetzt.«
Und während des ganzen Frühstücks gab es neue Variationen
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