Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
so groß war, dass man darauf nach Amerika hätte segeln können. »Wem gehört die?«, rief ich in den Raum hinein.
»Mir«, sagte Mike, »aber hau ruhig rein.«
Ich hatte sie in ungefähr zwanzig Sekunden in mich hineingestopft.
»Chips«, rief ich. »Ich brauche was Salziges.«
Ich hätte die Tayto-Chips essen könne, die Mum mir mitgebracht hatte, aber ich brauchte Aufmerksamkeit und Zuwendung ebenso sehr wie etwas Salziges.
Don kam zu mir und hielt mir eine Sechserpackung Monster Munch hin. Peter bot an: »Du kannst meine Ritz-Cracker haben.« Barry das Kind, sagte: »Wenn es ein Notfall ist, kann ich mit einer Tüte Chips aushelfen«, und Mike sagte mit unterdrückter Stimme, damit ich ihn hörte, aber Celine nicht: »Ich hab noch was Salziges in meiner Hose, daran kannst du lutschen, wenn du magst.«
Ich wartete darauf, dass Chris mir etwas anbot, um mir zu zeigen, dass er mich überhaupt noch wahrnahm, aber er sagte nichts.
33
E s heißt, der Pfad der wahren Liebe sei verschlungen. Na, der Pfad von Lukes und meiner Liebe war nicht nur verschlungen, sondern er war auch mit Hindernissen und Stolpersteinen übersät. Und darauf humpelten wir entlang, schleppten uns voran mit Blasen an den Füßen und blutig gescheuerten Fersen, und bei jedem Schritt durchfuhr uns ein stechender Schmerz.
In der Woche nach der Party dachte ich viel an ihn. Ich schämte mich zutiefst, wenn ich daran dachte, wie abscheulich ich mich benommen hatte. An dem Abend hatte ich mich für eine Femme fatale gehalten, aber im Nachhinein kam ich mir eher wie eine Prostituierte vor. Ich konnte nicht aufhören, daran zu denken, so wie man nicht aufhören kann, ein Loch im Zahn fortwährend mit der Zunge zu befühlen.
Obwohl ich hoffte, ihn nie wieder zu Gesicht zu bekommen, ließ er mich nicht los. Seine Zurückweisung hatte ein Interesse in mir geweckt, das vorher nicht da gewesen war.
Er hat sich fair verhalten, sagte ein Teil von mir. Ein Mann mit Prinzipien.
Dann begehrte ein anderer Teil auf und schrie laut: Nein, warte mal, er hat mich abgewiesen.
Es war der Donnerstag nach unserer Party, und Brigit und ich waren so schlecht gelaunt wie selten.
Ich hatte am Abend zuvor ziemlich viel Koks genommen und fand das Runterkommen einigermaßen schwierig, weil ich kein Valium mehr hatte, das den Aufprall gedämpft hätte. Und bis zum Zahltag hatte ich kein Geld, um meine Vorräte wieder aufzufüllen. Den ganzen Tag war ich so deprimiert gewesen, dass ich nicht zur Arbeit gehen konnte. Teilnahmslos auf der Couch zu liegen, mich meinem Down hinzugeben, meinem langsamen Herzschlag zu lauschen und mir zu wünschen, ich hätte die Energie, mir die Pulsadern aufzuschneiden – zu mehr hatte ich mich nicht fähig gefühlt.
Carlos hatte sich mal wieder in Luft aufgelöst, nachdem er auf der Party irgendwie spitzgekriegt hatte, dass Brigit intime Kentnisse von Joey hatte. (Vielleicht lag das daran, dass Gaz sich ihr ehrfürchtig genähert und in Carlos’ Hörweite gesagt hatte: »Mann, du musst ja eine tolle Frau sein; Joey sagt, so gut wie du hätte ihm noch keine einen geblasen.«)
Brigit war mit den Nerven am Ende, und mir ging es nicht besser. Darren oder Daryl, der Verlagshai und beste Freund von Jay McInerney hatte nicht angerufen.
»Wenn ich nur wüsste, ob er zu Hause ist«, flüsterte Brigit verzweifelt. »Wenn ich wüsste, dass er nicht mit einer anderen zusammen ist, dann könnte ich vielleicht schlafen. Ich habe die letzten drei Nächte nicht geschlafen, ist dir das klar?«
Ich versuchte sie zu beschwichtigen, indem ich sagte: »Du bist viel zu gut für diesen widerlichen kleinen Dreckskerl.«
»Kannst du ihn mal anrufen«, bettelte Brigit. »Ruf ihn doch bitte an, und wenn er abnimmt, legst du wieder auf.«
»Woran soll ich ihn denn erkennen? Er und seine Freunde klingen doch alle gleich.«
»Gut, gut«, sagte sie auf und ab schreitend. »Sag, du möchtest mit ihm sprechen, und wenn er es ist, dann legst du auf.«
»Aber er erkennt meine Stimme.«
»Dann verstell sie, sprich mit einem russischen Akzent, iss vorher Kreide, irgendwas. Und wenn er nicht dran ist, aber die anderen sagen, dass er da ist, dann legst du auch auf.«
Also rief ich an, aber ich hatte nur den Anrufbeantworter mit der schrecklichen Sambamusik dran.
»Oje.« Sie steckte die Finger in den Mund und ruinierte sich die hübschen neuen Nylonnägel. »Er will mich damit bestrafen, das weiß ich genau.«
Ich vermutete, dass Carlos Brigits Eskapade mit
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