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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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verkauften. Und ich zog mein schwarzes Alaïa- Kleid aus demselben Laden an. Dazu meine nachgemachte Prada-Handtasche, die ich in der Canal Street für zehn Dollar ergattert hatte.
    Ich sah vielleicht nicht nach einer Million Dollar aus, aber sieben- oder achtundzwanzig Dollar war ich auf jeden Fall wert.
    Wie immer war ich mir unschlüssig, ob ich meine schwarzen hochhackigen Schlangenlederschuhe mit den Knöchelriemchen anziehen sollte, denn eigentlich machten sie mich zu groß.
    »Ach, komm schon«, sagte Brigit. »Wozu hast du sie gekauft, wenn du sie nie trägst?«
    Und so zogen wir los – ich wegen der hohen Absätze auf etwas unsicheren Füßen – und nahmen Kurs auf die Llama Lounge.
    Die Llama Lounge war eine nachgebaute Cocktailbar im Stil der sechziger Jahre, mit verrückten Halogenlampen, merkwürdigen Metallstühlen und allerlei Ramsch des Raumfahrtzeitalters. Sehr, sehr schick.
    Brigit setzte sich auf ein durchsichtiges, aufgeblasenes Plastiksofa. »Ich weiß nicht, ob das mein Gewicht aushält«, sagte sie besorgt.
    »Nein!«, rief sie aus, als ich mich neben sie setzen wollte. »Wenn wir beide darauf sitzen, platzt es bestimmt.«
    Als sie endlich saß, stöhnte sie auf.
    »Was ist los?«
    »Das Ding ist doch durchsichtig, und wenn man sich setzt, sieht alles immer viel breiter aus. Wenn mich einer von hinten sieht, denkt er, ich habe extrabreite Hüften. Kannst du mal rumgehen und gucken?«, fragte sie und klang richtig verzweifelt. »Lass dir aber nicht anmerken, was du machst; tu einfach ganz locker.«
    Ich kam mir ziemlich blöd vor, als ich um das Sofa herumging.
    »Gar nicht so schlimm«, sagte ich bei meiner Rückkehr und ließ mich auf einem Stuhl nieder, der wie ein Aluminiumeimer aussah und auf dem mein Po fast den Boden berührte und meine Knie in die Höhe stakten. Ich fühlte mich unangenehm an einen gynäkologischen Stuhl erinnert.
    »Entschuldigen Sie bitte«, war eine sanfte, nasale Stimme zu hören. »Darf ich Sie mal was fragen ... ?«
    Aus meiner Hockstellung sah ich zu einem umwerfend gutaussehenden Jungen auf. Er war höchstens siebzehn. Viel zu jung.
    »Ist das, wie soll ich sagen, also ... ein mystisches Ritual, was Sie da gerade gemacht haben?«
    »Was habe ich denn gerade gemacht?«
    »Die Umkreisung des Sitzes.« Er war unglaublich hübsch. Ich war froh, dass er kein Mädchen war, es gab so schon genug Konkurrenz.
    »Ach, die Umkreisung?« Ich merkte, wie mich der Teufel ritt. »Das war es in der Tat. Ein alter irischer...«
    »Chinesischer!«, sagte Brigit im selben Moment
    »Der Brauch ist sowohl in der chinesischen als auch in der irischen Kultur belegt«, sagte ich, ohne zu zögern. »Er bringt...«
    »Glück?«, unterbrach der mädchenhafte Junge begierig.
    »Genau das.«
    »Danke.«
    »Aber gern doch.«
    »Er hätte uns auch einen Drink ausgeben können«, sagte Brigit sauer.
    Wir sahen ihm nach, als er zu seiner Gruppe gleichfalls jugendlicher Freunde zurückging und ihnen voller Begeisterung etwas erklärte. Mit seinem Finger malte er mehrere Kreise auf den Tisch. Dann hielt er inne und malte sie in die entgegengesetzte Richtung. Ein besorgter Ausdruck trat in sein Gesicht, er stand auf und wollte wieder zu uns herüberkommen.
    »Im Uhrzeigersinn«, rief ich ihm zu.
    Er strahlte uns an, setzte sich wieder und erklärte weiter.
    Nach ein paar Minuten sahen wir, wie alle fünf aufstanden und ehrfurchtsvoll im Gänsemarsch um ihre Stühle gingen. Als sie ihren Ausgangspunkt wieder erreichten, schüttelten sie sich die Hände und umarmten sich bewegt.
    Ein paar Minuten darauf kam ein Mädchen zu den Jungen und fragte etwas. Der mädchenhafte Junge sagte etwas, zeigte auf Brigit und mich und zeichnete ein paar neue Kreise in die Luft. Dann ging das Mädchen zu ihrer Gruppe, alle standen auf und umkreisten ihre Stühle. Sie umarmten und küssten sich. Dann kam jemand an ihren Tisch ... und so weiter. Es war wie eine langsame La-Ola-Welle.
    Es war heiß. Wir saßen auf unseren unbequemen Sitzen und nippten an den kunstvollen Drinks. Gefrostete Gläser und Gemüseschmuck waren das Besondere an den Drinks in der Llama Lounge. Und wenn man einen Barkeeper in einem Zweimeterradius um sich herum erblickte, konnte man sicher sein, dass er einem ein hyperschickes Schälchen mit Pistazienkernen aufnötigte.
    Mein Zustand normalisierte sich wieder, und das lag nicht nur an der halben Flasche Tequila, die ich mir seit dem Mittag eingeflößt hatte.
    Brigit und ich hatten uns seit

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