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Rachel ist süß (German Edition)

Rachel ist süß (German Edition)

Titel: Rachel ist süß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bax
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ging langsam zu Ende und das Licht fiel mit der leichten Wehmut des Herbstes etwas schräger in ihre Fenster.
     
    Drei Wochen nachdem Kais Möbel abgeholt worden waren, stand Kai mittags vor der Schule, als Inga zu ihrem Wagen gehen wollte. Es gab eine Welt, in der es keinen Grund gab, sich jetzt zu freuen, das wusste sie, und es gab ihre Welt, in der sie gar nicht anders konnte. Sie hörte sich selbst so tief einatmen, als hätte sie die letzten Wochen ohne Sauerstoff unter Wasser verbracht. Kai war so schön, dass es ihr wehtat.
     
    „Du bist gekommen“, sagte sie.
     
    „Ja“, antwortete Kai.
     
    „Weil ich dir etwas geben musste.“ Sie nahm einen Schlüsselbund aus ihrer Tasche und drückte ihn Inga in die Hand. „Das sind die Schlüssel zu meinem Haus. Es ist zwar noch nicht fertig, aber das Erdgeschoss ist bewohnbar und der Rest geht gut voran. Viel Arbeit, aber nichts, wovor man sich wirklich fürchten müsste. Passt doch perfekt zu unserer Situation, findest du nicht?“
     
    Es gab eine Welt, in der Inga wortlos weggehen musste, und es gab eine Welt, in der sie der Liebe endlich offen ins Gesicht sah. Kai blickte sich kurz auf der menschenleeren Straße um, räusperte sich und sank auf ein Knie. „Ich liebe dich, ich habe dich vor zehn Jahren geliebt und ich will mein Leben mit dir teilen. Ich glaube nicht daran, dass du das nicht kannst, denn ich weiß, dass du es willst und dass du mich liebst.“
     
    „Du bist vollkommen verrückt“, sagte Inga und zog sie an beiden Händen zu sich nach oben.
     
    „Ist das ein Ja?“ Kai küsste sie langsam und voller Leidenschaft auf den Mund. Inga drängte mit beiden Händen die Hüften der jungen Frau dicht an die eigenen und küsste sie mit allem, was sie war und was sie werden wollte, zurück.
     
    „Ich muss dich warnen, mein Herd ist noch nicht angeschlossen. Es gibt nur kalte Küche. Meinst du, du könntest es doch noch einmal mit Sushi versuchen?“, flüsterte Kai ihr in den Mund. Inga sah die neunzehnjährige Kai vor sich, die sich mutig ein kleines Stückchen Fisch in den Mund schob und sie dabei anlachte, und sie sah die erwachsene Frau, die vor ihr stand und ihre ganze Welt war.
     
    „Ich möchte alles versuchen“, sagte sie laut und klar und Kai schob sie sanft in Richtung ihres Wagens.
     

     

Gemischte Gefühle
     
    A
     
    n sie, an die, mit der alles angefangen hat, kann ich mich noch sehr genau erinnern. Das ist kein Wunder, denn in ihrer Nähe wurde mein Tag zum ersten Mal zum romantischen Traum und mein junges Herz merkte, dass es viel mehr als ein Muskel war. Wenn man es genau betrachtet, war sie es sogar, die mich zur Frau gemacht hat, denn mit ihr zusammen lotete ich meine Gefühle so tief aus, dass ich sie nicht länger verdrängen konnte. Sie war meine Bitte und mein Wunsch, sie war meine Sehnsucht und meine Angst. Sie war meine Stimme und konnte, was ich nicht konnte, sie konnte vielstimmig von der Liebe singen.
     
    Bei der Farbe bin ich mir nicht mehr ganz sicher, ich vermute, dass sie leuchtend orange oder grün war. Ich denke auch, dass sie nicht länger als sechzig Minuten und weitgehend metallarm beschichtet war, denn alle meine Musikkassetten waren Anfang der siebziger Jahre bunt, die schlichten, mit dem schwarzen und grauen Gehäuse und mit dem vielen Eisen und Chromdioxyd auf den schmalen Bändern kamen erst später dazu.
     
    Ich weiß heute noch genau, wie mich dieses Gefühl zum ersten Mal packte, schüttelte und nicht mehr losließ. Es war wie ein Fieber, das mich dreihundert Jahre vorher wahrscheinlich in unvorteilhafter Kniebundhose und mit einer Laute in der Hand unter das Burgfenster einer unentwegt spinnenden Schönen mit spitzem Hut getrieben hätte. An diesem Tag bin ich Teil der lesbischen Troubadourinnen geworden, die ihr Herz in den letzten Jahrzehnten, mangels Laute und Burg, tapfer in Chromdioxyd graviert haben, mutig in CD-R brennen ließen und neuerdings gefühlvoll in MP3 Playlisten ablegen.
     
    Damals habe ich meine Passion gefunden und ich konnte nicht ruhen, bis ich endlich diese erste Kassette mit den fünfzehn Musikstücken bespielt hatte, die meine Emotionen in Dur und Moll, in Viertel- und Achteltakte und gereimte Strophen verwandelten, die ich dann endlich zusammen mit meinem Herzen der ersten Angebeteten zu Füßen legen konnte. Was heißt konnte, musste!
     
    Wenn man mich damals gefragt hätte, worin sich meine Gefühle für Frauen von denen meiner Klassenkameradinnen unterschieden,

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