Rachel ist süß (German Edition)

Morgen durch die Türe des Elektroladens trat und der Information entgegenstrebte. Die junge Frau hinter dem Informationsschalter war tief über die Tastatur eines Computers gebeugt und hackte in schneller Folge auf Zahlen und Buchstaben ein. Lara trat näher und sagte vorsichtig und unsicher „Entschuldigen Sie?“ Ihre Stimme verschwand sofort und ungehört in den Klängen dreier Playstations, die direkt neben dem Eingang den Beginn eines Autorennens, eines Boxkampfes und eines Krieges in viel Bild und sehr viel Ton zelebrierten. Die junge Frau tippte weiter, ohne den Kopf zu heben. Lara holte tief Luft.
     
    „Ich brauche Hilfe!“, brüllte sie laut und verzweifelt in die plötzliche Stille, die entstanden war, weil alle Playstations gleichzeitig still blinkend auf eine Eingabe warteten. Mehrere der anderen Kunden hoben die Augen von den Elektrogeräten und starrten sie misstrauisch an.
     
    „Ich auch“, sagte die Stimme der Frau hinter dem Schalter und ihre Augen lachten mitten in das dunkle Rot auf Laras Wangen. „Aber ich habe mich nicht getraut zu schreien.“
     
    Lara wusste nicht, was sie mehr verwirrte, die freundliche Reaktion auf ihren Auftritt oder der erotische Klang dieser unbekannten Stimme. Ihr Herz begann wild zu schlagen und sie starrte die junge Frau wortlos an.
     
    „Bei mir wird wohl ein Neustart helfen“, sagte die und ließ das Bild auf dem Computerbildschirm mit einem Knopfdruck zusammensacken. „Was könnte es denn wohl bei Ihnen sein?“
     
    Was war es noch gewesen, das sie in die Nähe dieser aufregenden Klänge getrieben hatte, Lara überlegte. Ach ja, Ruth! Sie legte das kleine Navigationsgerät und die dazu gehörige Rechnung sanft auf die Theke und sagte: „Sie funktioniert nicht mehr.“
     
    Die Frau mit der Stimme, die so klang, wie dunkle Schokolade schmeckte, und dem schönen Lachen würdigte die stumme Ruth keines Blickes, sondern überflog leise summend die Rechnung. „Ist doch kein Problem, Sie sind doch noch in der Garantie. Ich behalte das hier bei uns und schicke es ein und sie bekommen ein Neues.“ Mit diesen Worten ließ sie Ruth unter der Theke verschwinden und begann, ein Formular auszufüllen. Lara konnte gerade noch verhindern, dass sie wieder aufschrie und nach Ruth griff, aber die Fremde hatte das kurze Zucken, das ihren Körper durchlief, wohl mitbekommen.
     
    „Keine Angst“, sagte sie beruhigend. „Die sind alle gleich und das Neue ist genau so gut wie das Alte, oder, in ihrem Fall, besser als das Alte. Ich habe das Gleiche und es hat noch nie Probleme gemacht.“ Sie lachte. „Ich habe meinem sogar einen Namen gegeben: Noomi.“
     
    „Wo du hingehst, will ich auch hingehen …?“ flüsterte Lara fragend.
     
    „Genau deshalb. Passt doch gut, oder?“ Die Augen der Fremden überstrahlten jetzt beinahe den Klang der Schokoladenstimme. „Sie sind die Erste, die sofort darauf gekommen ist.“
     
    „Meines heißt Ruth“, antwortete Lara und wünschte sich einen Salat herbei, um rote Tomaten in Herzform zu arrangieren.
     
    „Nein!“, sagte die Fremde und es klang so glücklich, wie Lara sich fühlte.
     
    „Doch!“, sagte Lara überwältigt, nahm das Formular, das ihr die Fremde entgegenhielt und betrachtete die sinnlose Aneinanderreihung von Worten und Zahlen.
     
    „Sie nehmen sich jetzt eine neue Ruth aus dem Regal und geben dann an der Kasse diesen Zettel ab, das war es dann schon.“ In der schönen Stimme lag Bedauern.
     
    „Ja, danke“, sagte Lara und folgte den Anweisungen der Fremden wie ferngesteuert. Erst als sie mit dem kleinen Paket auf dem riesigen Parkplatz neben ihrem Auto stand, erwachte sie aus ihrer Trance. Sie ließ sich in den Sitz ihres Wagens fallen, begann, das Navigationsgerät auszupacken und anzuschließen. „Bitte warten“, sagte Ruths vertraute Stimme nach kurzer Zeit und begann, sich sofort wieder zu orientieren. „Hilf mir“, sagte Lara und tippte versunken die Adresse des Elektroladens, die auf der Rechnung stand, in das kleine Gerät. Ruth blieb einen Moment still und ihr Bildschirm blinkte. „Die Route kann nicht berechnet werden. Sie befinden sich auf einer Position außerhalb der Karte!“, sagte sie dann mit einem unschönen Unterton. Das wollen wir doch mal sehen, dachte Lara und wollte gerade den Schlüssel aus der Zündung ziehen, als es an ihre Scheibe klopfte. Sie ließ das trennende Glas hinunter und hörte die jetzt leicht atemlose Stimme sagen: „Falls Sie mal wieder nicht