Rachel Morgan (9) - Blutdämon
Oliver beschwerte sich. Niemand beachtete ihn. Die Vögel waren wunderschön, ihr kontrastreiches schwarz-weißes Gefieder durchschnitt den Himmel, als sie sich etwas zuschrien und ihre Stimmen zwischen den zerstörten Gebäuden widerhallten. Es war ruhig, die Stille wurde nur von den Reifen des Vans durchbrochen, die knirschend über den verstreuten Schutt rollten.
Pierce berührte meine Hand, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aber ich wandte den Blick nicht von den Vögeln ab.
Ku'Sox hielt meine Freunde als Geiseln. Ich hatte nichts in der Hand, um ihn zu bekämpfen, außer einem Fluch, von dem ich nicht wusste, wie ich ihn winden sollte. Vivian und Oliver wären keine Hilfe. Pierce vielleicht, aber ich würde mich nicht darauf verlassen.
Die Vögel verschwanden hinter dem nächsten Gebäude, und ich drehte mich zu Pierce um, als er meine Hand drückte. Er schien verwandelt — älter, müder, dreckiger. Die Hand, die auf meiner lag, war von Steinen verkratzt, seine Fingernägel waren abgebrochen und die Knöchel aufgeschürft. Seine Haare waren grau von Staub. Seine jugendliche Entschlossenheit ließ nach. Und trotzdem waren seine ersten Worte, während er meine Hand hielt: »Geht es dir gut?«
Wut kochte hoch, aber er packte meine Hand fester, als ich versuchte, sie zurückzuziehen. »Meine Freunde werden als Köder benutzt, um mich in die Falle zu locken, ich war drei Tage lang in Als Küche bewusstlos, die Stadt, die mich verflucht hat, bittet um meine Hilfe, und du willst wissen, ob es mir gutgeht?«
»Al hat dich verletzt?«, fragte Pierce, und seine Augen blitzten auf. Ich schüttelte den Kopf.
»Er ...« Ich zögerte. »Er hat mich am Leben gehalten, nachdem ich dem Kollektiv bewiesen hatte, dass ich ein Dämon bin«, sagte ich, ohne aufzuschauen. Vivian keuchte, und Oliver grunzte befriedigt, als hätte er es schon immer gewusst. Mir gefiel nicht, dass der Fahrer ebenfalls alles hörte, aber das war nicht zu ändern.
Pierce dachte darüber nach, und die Falten auf seiner Stirn wurden immer tiefer, bis er sich plötzlich entspannte und sich wieder zu mir umdrehte. »Und dir geht es gut?«, fragte er wieder, und ich antwortete nicht. Nein, mir ging es nicht gut. Eher
prima.
Primär mächtig angeschissen.
Das Auto scherte aus, um dem am nächsten stehenden Auto auszuweichen, und ich packte den Türgriff, um nicht gegen Pierce zu fallen. So gelang es mir auch, ihm meine Hand zu entziehen. Der blaue Landrover war aufgegeben worden, nachdem ein zwei Tonnen schweres Stück eines Wohnzimmers auf seine Haube gekracht war. Das war sicher mal eine hässliche Überraschung gewesen.
Wir fuhren Richtung Bucht, und ich erhaschte einen Blick auf das Wasser, das in der Sonne funkelte. Ich atmete tief durch. Die ausdruckslosen Gesichter im Hotel drängten sich in meine Gedanken. Sie hatten nach meinem Blut geschrien, gesungen, um Trent die kollektive Stärke zu verleihen, um Ku'Sox' Fluch auf mich zu übertragen. Das Kollektiv ...
Dreck,
dachte ich und hätte fast aufgestöhnt, als ich endlich verstand. Konnte ich mich noch dämlicher anstellen? Ich hatte das Kollektiv vergessen! Deswegen war der Fluch nicht auf Ku'Sox übergegangen! Die Formel war vollkommen richtig; die Umsetzung hatte Fehler. Ich hatte versucht, den Fluch allein zu verlagern, aber etwas so Weitreichendes brauchte ein Kollektiv, um es zu sichern! Ich brauchte ein Hexenkollektiv. Ich brauchte die Stärke, die nur eine Ansammlung von Hexen mir geben konnte.
Ich kniff die Augen zusammen, und mir wurde eng um die Brust. Genau. Als würden sie mir jetzt noch helfen. Aber es war den Versuch wert.
»Rachel?«
Ich zuckte zusammen und war fast erschrocken, als ich Pierce neben mir entdeckte, der mich besorgt musterte. Hoffnung keimte in mir auf, und ich schenkte ihm ein Lächeln. »Du hast Staub auf der Nase«, sagte ich und streckte die Hand aus, um ihn wegzuwischen. Ich hatte seit drei Tagen niemanden berührt und bei dem Gefühl seiner warmen Haut an meinen Fingern stiegen mir unerwartet Tränen in die Augen. Ich liebte ihn nicht, aber ich hätte ihn lieben können, wenn die Dinge anders gelaufen wären.
»Es wird in Ordnung kommen«, sagte Pierce und hielt sanft meine Hand. Seine Berührung war fest, real, und ich fühlte mich schuldig, weil ich seine Unterstützung annahm, wenn ich doch wusste, dass er mich liebte, ich ihn aber nicht. Aber ich fühlte mich so allein. Ich konnte ihn nicht loslassen.
»Morgen wird die Sonne aufgehen. Er
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