Rachel
keine Sekunde daran, dass Sie die Kleine wirklich lieben. Was mir jedoch Sorgen macht, ist dieser...«, sie machte eine Handbewegung in Richtung des klotzigen Saloons, »... ist dieser Ort, Mr. Hargreaves. Ich gebe ja gerne zu, dass ich ein Greenhorn bin, aber ich bin nicht so unerfahren, dass ich die Einschusslöcher von Kugeln nicht erkenne, wenn ich sie sehe. Sicher ist Ihnen selbst klar, in welcher Gefahr Emma ...«
Trey biss die Zähne so fest zusammen, dass es ihm schwer fiel, die Kiefermuskeln wieder zu entspannen. Fasziniert und ein bisschen irritiert beobachtete Rachel sein Miehenspiel. »Emma selbst hat die Kugeln in die Wand geschossen. Das passierte, als sie vor sechs Monaten mit einem meiner Kevolver hantierte - und es war das erste und sicher auch letzte Mal, dass ich ihr den Hintern versohlt habe. Gütiger Himmel, glauben Sie denn wirklich, ich würde ruhig dastehen und zusehen, wie irgendein Verrückter in dem Zimmer, wo meine Tochter lebt, mit seiner Pistole herumballert?«
Rachel holte tief Luft und ließ sie langsam wieder entweichen. Er hatte sie durch die Art seiner Reaktion, seine unverhüllte Empörung, überzeugt. »Vielleicht war ich ein wenig zu vorlaut...«
»Ein wenig? Sie haben mir doch praktisch direkt ins Gesicht gesagt, dass Sie mir nicht Zutrauen, auf meine Tochter aufzupassen!«
Rachel schloss einen Moment die Augen. »Es tut mir leid. Ich wollte nicht...« Sie schwieg verlegen. »Es ist ja nur so...«
Trey atmete hörbar aus. Er wirkte wütend, aber sie hätte nicht sagen können, ob er ihretwegen so aufgebracht war oder ob er sich über sich selbst geärgert hatte. Wahrscheinlich von beidem etwas. »Vielleicht hätte ich selbst in so einem Fall auch etwas zu heftig reagiert«, räumte er ein und überraschte sie mit diesem Bekenntnis. »Wenn Leute glauben, dass sie ihren Senf zu Emmas Erziehung dazugeben müssen, schlagen sie normalerweise vor, dass ich sie doch wieder wegschicken soll, in eine Internatsschule zum Beispiel. Ich kann es aber nicht haben, wenn man sich in meine Angelegenheiten mischt - und schon gar nicht, wenn es um Emma geht.«
Rachel, die inzwischen wieder ganz ruhig war und sich voll unter Kontrolle hatte, hob die Hand, um Trey zu unterbrechen und in einem Punkt nachzuhaken. »Moment mal, bitte, Mr. Hargreaves. Was meinen Sie mit >... sie doch wieder wegschicken .. . Wollen Sie damit sagen, dass Sie Emma gar nicht aufgezogen haben?«
Trey sah einen kurzen Moment zur Seite und ihr dann wieder in die Augen. »Bis Emma acht war, lebte sie in Choteau bei Verwandten meiner Mutter. Genauer gesagt, bei Miss Ionie, der Witwe von Cousin Jimpson. Miss Ionie war schon alt und ist vor vier Jahren gestorben. Da habe ich Emma nach Hause geholt und seitdem lebt sie bei mir.«
Rachel stand regungslos da und verarbeitete zuerst mal, was sie gerade gehört hatte. Sie kam zu dem Schluss, dass sie wohl doch zu voreilig gewesen war, Trey zu den guten Manieren und der Intelligenz seiner Tochter zu beglückwünschen. Vielleicht gebührte dieses Lob viel eher der verstorbenen Mrs. Jimpson. »Ich verstehe«, sagte sie.
»Nein«, erwiderte Trey scharf und knapp. »Sie verstehen überhaupt nichts. Sie denken doch jetzt sicher, dass ich Emma nur los sein wollte, damit ich in aller Ruhe meinen Saloon führen konnte. Tatsache ist jedoch, dass sie noch ein Baby war, als ihre Mutter starb. Ich war außer mir vor Schmerz und Trauer und deshalb fragte ich Miss Ionie, ob sie Emma zu sich nehmen würde - und das hat sie dann ja auch getan. Aber es gab nicht einen Tag in der ganzen Zeit, in der Emma und ich voneinander getrennt waren, an dem ich nicht an sie gedacht habe und mir wünschte, ich könnte sie zu mir holen.«
»Aber das haben Sie nicht getan«, sagte Rachel ruhig. »Nicht, bevor Miss Ionie gestorben war und Ihnen gar nichts anderes übrig blieb.«
»So war es nicht, verdammt noch mal«, zischte er.
»Und das soll ich Ihnen glauben?«, fauchte sie zurück, aber zu ihrer eigenen Überraschung merkte sie, dass sie ihm glaubte. Was natürlich nicht bedeutete, dass sie sich nicht auch weiterhin Sorgen um Emmas Sicherheit und Wohlergehen machte, aber sie hielt es für klüger, das Thema zu wechseln. »Vielleicht könnten Sie ja ein Haus für sie bauen, nicht groß, aber ...«
Trey machte eine Handbewegung, um nach der Hutkrempe zu greifen und den Hut gegen seinen Schenkel zu schlagen. Rachel wusste inzwischen, dass dies eine Geste war, die er immer dann machte, wenn er wütend
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