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Rachel

Rachel

Titel: Rachel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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sie vor den >wilden< Jungs gewarnt, aber Rachel machte sich darüber keine allzu großen Gedanken. In den zehn Jahren ihrer Lehrtätigkeit hatte sie es mit Kindern aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten zu tun gehabt, aber sie hatte nicht einmal den Kürzeren gegen einen ihrer Schüler gezogen.
    Als das Haus der Kildare-Ranch in Sicht kam, dachte sie auch gar nicht an ihre künftigen Schüler, sondern an Trey Hargreaves. Das Haus war nicht sonderlich groß, aber eindrucksvoller als das der Bellweathers. Hier gab es sogar eine weiß gestrichene Scheune und in dem Corral davor standen zwei Pferde. Das eine war schwarz mit drei weißen >Socken< und einer weißen Blesse auf der Nase, das andere war ein kleiner Rotfuchs, der mit dem Vorderhuf scharrte.
    Ihr Herz schien einen Moment lang auszusetzen, als sie in den dichten Ästen, unter denen sie durchritt, plötzlich zwei undefinierbare Schatten entdeckte, die sich aus den Blättern fallen ließen und dicht vor ihr auf dem Weg landeten. Sie schlugen in schnellem Rhythmus mit den Händen gegen den Mund und schrien wie wilde Indianer auf dem Kriegspfad. Die Jungs ähnelten einander wie ein Ei dem anderen. Ihre Gesichter waren mit Sommersprossen bedeckt und ihre karottenroten Haare erinnerten an verzottelte Wolle. Sie trugen nur Lendenschurze, die aus grobem Sackleinen gefertigt waren. Ihre Kriegsbemalung bestand aus roten Streifen - wobei Rachel inständig hoffte, dass es sich dabei um Beerensaft handelte.
    »Halt!«, befahl der Kleinere von den beiden, obwohl der Größenunterschied so gering war, dass er kaum zu erkennen war. »Wer da?«
    Rachel hätte am liebsten laut losgelacht, nachdem sich ihr Herzschlag wieder beruhigt hatte, aber sie beherrschte sich und stellte sich so ernst wie möglich vor. Dann fügte sie hinzu: »Ich bin die neue Lehrerin von Springwater.«
    »Pah!«, schrie der größere Wildein dem Versuch, sie einzuschüchte rn .
    Wer da? Pah? Das mussten ja seltsame Indianer sein. Wieder musste Rachel sich beherrschen, ihre Belustigung nicht zu zeigen, denn man konnte nie etwas damit gewinnen, wenn man ein Kind lächerlich machte. »Auf jeden Fall«, sagte sie mit der ganzen Würde, die sie als >Gefangene< aufbringen konnte, die in die Hände von schrecklichen Barbaren gefallen war, die sie wahrscheinlich an den Marterpfahl binden und ein Freudenfeuer anzünden wollten, »werdet ihr ab August in die Schule gehen. Dort werdet ihr allerdings Hose und Hemd tragen müssen, denn einen Lendenschurz dulde ich in meiner Klasse nicht.«
    Die beiden Wilden schauten einander verblüfft und sprachlos an.
    »Ich würde gerne mit eurem Vater reden«, fuhr Rachel freundlich fort, als das Schweigen sich in die Länge zog. »Ist er hier?«
    Der kleinere Indianer wirkte mit dem Arm in Richtung Scheune. »Er ist dort hinten, um ein Pferd zu beschlagen.« Dann ließ er die Schultern fallen.
    Es musste ein herber Schlag für einen tapferen Indianer sein, plötzlich einer leibhaftigen Lehrerin gegenüberzustehen.
    Rachel saß ab und streckte ihre Hand aus. »Wie geht es dir?«, fragte sie den Jungen, der ihr am nächsten stand. »Bist du nun Jamie oder Marcus Aurelius?«
    Einer der Jungs brach in ein so schallendes Gelächter aus, dass er sich verschluckte, während der andere unter seinen Sommersprossen bis unter die Haarwurzeln errötete. Daraus schloss Rachel, dass der lachende Junge Jamie war, während der andere - offensichtlich peinlich berührt - Marcus Aurelius sein musste.
    Im nächsten Moment bestätigte sich ihre Vermutung, denn der >rote< Indianer trat auf sie zu, schüttelte zögernd ihre Hand und nickte ihr leicht zu. »Einfach nur Marcus, bitte.«
    »Natürlich«, sagte Rachel, die vollstes Verständnis für den Wunsch des Jungen hatte. Sie machte immer noch ein ernstes, strenges Gesicht. »Also, Marcus, ich freue mich, dich kennen zu lernen.« Sie wandte sich Jamie zu. »Und dich natürlich auch«, fügte sie hinzu.
    Jamie blieb stehen, wo er war, und hielt die Hände hinterm Rücken verschränkt. Seine Augen waren schmal und wachsam. »Ich brauche nicht mehr in die Schule zu gehen«, erklärte er. »Ich kann lesen und schreiben und bis tausend zählen. Das hat Ma mir beigebracht.« Er warf seinem Bruder einen Blick zu. »Das hat sie uns beiden beigebracht.«
    »Ma ist tot«, sagte Marcus zu seinem Bruder. Es klang nicht gerade besonders freundlich. »Es gibt noch so viel zu lernen, was wir nicht wissen. Ich bin jedenfalls dafür. Ich meine, in die Schule

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