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Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Titel: Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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gegeben, ebenso mein Anwalt. Um sechs hätte ich Zeit. Passt das für Sie?«
    »Perfekt.«
    »Perfekt«, echote er. »Sie klingen wie ein positiver Mensch.«
    Als hätte er gerade eine Charakterschwäche an mir entdeckt.
    »Ich bemühe mich.«
    »Sich Mühe geben«, sagte Shacker. »Mehr können wir nicht tun.«

7
    Shackers Haus war ein dreigeschossiges Gebäude aus Kalkstein und Klinker und lag mitten im Hauptgeschäftszentrum von Beverly Hills. Schimmernder dunkelblauer Teppich dämpfte die Schritte. Die Wände waren mit gekalkter Eiche vertäfelt. Eine Apotheke, die sich hochtrabend Dispensing Apothecarie nannte und viktorianisch anmuten sollte, nahm ein Viertel des Erdgeschosses ein. Die übrigen Einheiten gehörten Dr. med.’s und Dr. med. dent.’s sowie ein paar weiteren Psychologen.
    Dr. B. Shacker, Suite 207.
    Sein Wartezimmer war weiß, winzig und enthielt drei einladende Stühle und ein Regal voller Zeitschriften. Sanfte New-Age-Musik plätscherte aus dem Off. Neben der zweiten Tür prangte eine Tafel mit zwei Lämpchen. Rot für Im Gespräch , grün für Frei . Im Augenblick leuchtete Rot, doch kaum saß ich, erlosch das rote Lämpchen.
    Die Tür öffnete sich. Ein Arm wurde herausgestreckt. »Alex? Bern Shacker.«
    Der zum Arm gehörende Körper war keine ein Meter siebzig groß, dünn und schmalschulterig. Der Händedruck war fest, trocken, zupackend.
    Shacker sah aus wie um die fünfzig. Sein feingliedriges, rosiges Gesicht war gekrönt von schütterem kastanienbraunem und silbern durchzogenem Haar, das er durchaus gekonnt quer über den Schädel gekämmt hatte. Seine abstehenden Ohren und die Hakennase gaben ihm das Aussehen eines Elfs. Seine Augen waren haselnussbraun, mit einem Ausdruck reuiger Wehmut. Er trug einen grauen Pullover mit V-Ausschnitt über einem schwarzen Hemd, anthrazitgraue Hosen und schwarze Slipper. Die Ärmel hatte er bis zu den Ellbogen hochgeschoben, und die schwarzen Hemdaufschläge schauten darunter hervor.
    »Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben, Bern.«
    »Bitte, kommen Sie rein.«
    Das Therapiezimmer war azurblau gestrichen, der Teppich hatte die gleiche Farbe, nur einen Ton dunkler, braune Seidenvorhänge dämpften das Licht, das durch die Fenster zum Bedford Drive hereindrang. Keine Spur von Straßenlärm war zu hören; die Fenster mussten doppelt- oder dreifachverglast sein. Über dem schlichten Nussbaumschreibtisch prangten die üblichen gerahmten Urkunden: Examen, Promotion, Approbation. Das einzige halbwegs spannende Dokument war die Promotionsurkunde der Université Catholique de Louvain in Belgien.
    »Meine religiöse Phase«, sagte Shacker und lächelte.
    In der linken Wand befand sich eine zusätzliche Tür, durch die Shackers Patient hatte hinausgehen können, ohne mir zu begegnen. Daneben hing in Chrom gerahmt ein kubistischer Druck von Früchten und Brot. Vor dem Schreibtisch standen sich zwei skandinavische Lederstühle gegenüber. Shacker zeigte mir den einen und nahm selbst den anderen.
    Er überschlug die Beine, zupfte seine Hosen hoch und offenbarte dabei karierte Socken. »Am Telefon hatte ich eine Versicherung erwähnt. Die Anwälte dieser Versicherung haben Vita zu mir geschickt.«
    »Die Therapie war Teil eines Verfahrens?«
    »Vor drei Jahren hat sie ihren Arbeitgeber verklagt. Der Fall zog sich in die Länge. Am Ende war die Versicherung bereit zu zahlen, aber nur unter der Bedingung, dass ein psychologisches Gutachten erstellt wird. Ich arbeite normalerweise nicht für Versicherungen, aber ich behandelte damals gerade jemanden, der mit dieser Versicherung zu tun hatte – mehr darf ich natürlich nicht sagen – und der mich gebeten hat, mir Vita anzusehen.«
    Ich sagte: »Was sollte in dem Gutachten festgestellt werden?«
    »Ob sie simuliert.«
    »Sie hat also behauptet, ein seelisches Trauma erlitten zu haben?«
    »Angeblich war sie bei der Arbeit gemobbt worden, und die Firma hatte nicht genug für das Arbeitsklima getan.«
    »Von welcher Firma reden wir?«
    Shacker stellte beide Füße auf. »Tut mir leid, das darf ich Ihnen nicht sagen. Der Vergleich wurde unter der Bedingung geschlossen, dass beide Seiten über den Vorfall Stillschweigen bewahren. Eines kann ich Ihnen aber verraten: Es war eine Versicherungsgesellschaft. Eine Krankenversicherung, um genau zu sein. Vita war dort als Fallprüferin tätig.«
    »Sie hat also darüber entschieden, wem geholfen wird und wem nicht?«
    »Die Versicherung würde sagen, sie hat die eingehenden

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