Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
ein Mantel?«
»Das hab ich nicht gefragt. Ist das wichtig?«
»Vielleicht.« Er berichtete von den Beobachtungen der Feldmans und Sondras Theorie von der versteckten Waffe.
»Oh Mann«, sagte Binchy. »Ich geh noch mal hin und frag sie danach.«
»Nicht nötig«, sagte Milo. »Geben Sie mir ihre Adresse.«
Wir rasten zum Temescal Canyon Park.
Das Haus lag nordwestlich vom Eingang des Sommer-Camps, ein zweistöckiges, holzgetäfeltes Einfamilienhaus mit einer großen Veranda, das von der Straße durch eine dicht bewachsene Böschung abgeschirmt wurde. Bäume und Büsche boten jede Menge Möglichkeiten zum Verstecken.
Kein besonders sicherer Ort für eine alleinstehende Frau, denn als solche stellte sich die Informantin heraus. Um die vierzig, sportlich, eine umwerfende Erscheinung, kommentierte sie Milos Dienstmarke: »Hi, Milo B. Sturgis, ich bin Erica A. Vail.«
Sie trat auf ihren Rasen hinaus und bückte sich, um eine abgefallene Azaleenknospe aufzuheben. Sie trug ein knappes schwarzes Top, Leggings in einem eigenartigen Grünton, der pink schimmerte, wenn die Sonne in einem bestimmten Winkel auf den Stoff fiel, und pinkfarbene Segeltuchschuhe. Ihr Haar war voluminös, dunkel und kunstvoll zerzaust. In ihrem linken Nasenflügel glitzerte ein Brillant.
»Ich weiß nicht, ob ich noch mehr sagen kann als das, was ich dem jungen Kollegen schon erzählt habe. Ich wusste gar nicht, dass ihr Cops so hip sein könnt. Igelfrisur, Doc Martens, so richtig Surfer-mäßig. Wenn mir das jemand in einem Drehbuch schreiben würde, würde ich sagen, hey, bisschen mehr Authentizität, bitte. Aber offensichtlich muss ich da ein bisschen offener werden.«
»Sind Sie Regisseurin?«
»Produzentin.« Sie erwähnte ein paar Comedy-Serien, die seit fünf Jahren nicht mehr liefen, und fügte hinzu, dass sie derzeit an drei Pilotfilmen arbeite, für drei verschiedene Sender.
»Freut mich, wenn Detective Binchy Ihnen behilflich sein konnte«, sagte Milo. »Ich bin sein Chef.«
Erica Vail ließ eine Reihe blendend weißer Zähne aufblitzen. »Der Chef bemüht sich höchstpersönlich um mich? Wie schmeichelhaft. Wie wär’s, wenn Sie mir ein bisschen mehr erzählen? Wer genau wurde ermordet?«
»Ein Mann, der in der näheren Umgebung lebte.«
»Wie nahe?«
»Wenige Kilometer von hier.«
»Leben im Sinne von wohnen? Oder meinen Sie einen von diesen Obdachlosen, die immer am Pacific Coast Highway herumlungern?«
»Er hatte ein Zuhause. Sein Name war Marlin Quigg.«
»Nie von ihm gehört«, sagte sie. »Ich hätte gedacht, dass es so ein Stadtstreicher ist. Die kommen immer mal hier vorbei. Aber bislang hat es nie Probleme gegeben, wenn jemand von den Anwohnern sie zum Gehen aufgefordert hat. Hat einer von ihnen Mr. Quigg ermordet?«
»Das können wir jetzt noch nicht sagen, Ms. Vail.«
»Der Typ, den ich gesehen habe, sah nicht aus wie ein Obdachloser. Zu gesund. Fast ein bisschen übergewichtig.«
»Erzählen Sie uns davon.«
»Gern«, sagte Erica Vail gutgelaunt. Ihre Augen blitzten. »Vor drei Tagen, es muss gegen zehn Uhr abends gewesen sein, kam ich hier raus, und da war er.« Sie deutete auf die Böschung. »Ich stand ungefähr da, wo ich jetzt stehe, und ich konnte ihn sehen, weil der Mond ziemlich voll war und fast so was wie eine Aura um ihn bildete.« Sie lächelte. »Sah aus wie ein Special Effect. Entschuldigen Sie, ich bin irgendwie immer gleich beim Film.«
Milo sagte: »Sie wirken überhaupt nicht entsetzt.«
»Wegen des Mordes oder wegen des Typs?«
»Sowohl als auch.«
»Der Mord kommt nicht an mich heran, weil er zu abstrakt ist. In einem früheren Leben war ich außerdem mal OP -Schwester, inklusive Einsatz in Afghanistan. Es braucht ziemlich viel, um mich aus der Fassung zu bringen. Und der Typ lässt mich kalt, weil ich Bella habe.«
»Wer ist Bella?«
Sie trabte ins Haus und kam Augenblicke später mit einer Bestie im Schlepptau zurück.
Mindestens fünfundsiebzig Kilo blaugraue Muskelmasse, gekrönt von einem massigen, breiten Kopf mit Plattnase. Goldene Flecken überzogen die Stirn über den kleinen, wachen Augen, ebenso die unteren Läufe. Ein Rottweiler mit außergewöhnlicher Fellzeichnung, nur dass dieses Tier größer und hochbeiniger war als ein Rottweiler. Seine Rute war auf Stummellänge gekappt und die Ohren zu spitzen Überbleibseln. Um seinen baumdicken Hals lag ein Stachelhalsband, an dem eine dicke Lederleine befestigt war.
»Bella, sag den netten Polizisten guten Tag.«
Die
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