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Rachesommer

Rachesommer

Titel: Rachesommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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»Erstens« - er warf seine Haare mit einer energischen Kopfbewegung zur Seite -»bin ich ein charmanter junger Mann, dem ältere Damen aus der Hand fressen, und zweitens schreibe ich als Reporter eine Artikelserie über berühmte Ärzte.«
    »Die hat sich nicht wegen deines Gipsbeins gewundert?«
    »Journalisten sind nie im Krankenstand!«
    Sie boxte ihm gegen das gesunde Bein. »Du Schuft schämst dich nicht einmal, die Frau so anzulügen!« Krager hatte schon Recht, wenn er behauptete, sein Sohn sei ein schmieriger Detektiv, der es mit der Wahrheit nicht so genau nehme.
    »Also, was hat sie ausgeplaudert?«
    Patrick sah beleidigt zur Seite.
    »Los, sag schon! Mensch, du bist schlimmer als eine Frau!«
    »Auch Privatdetektive haben Gefühle.«
    »Ja, ja, nun erzähl schon!«
    Er musterte Evelyn von der Seite. »Anfangs war sie ziemlich mies gelaunt und wollte mich nicht empfangen.«
    »Kann ich mir vorstellen. Nach meinem Treffen mit ihr hat ihr Anwalt die Klage gegen das Bauunternehmen zurückgezogen, wodurch ihr einige Millionen durch die Lappen gegangen sind.«
    »Ich dachte mir so etwas Ähnliches.« Patrick schmunzelte. »Wir haben also in ihrem Wintergarten Kaffee getrunken und uns über ihren Mann unterhalten. Sie hat erzählt, dass er auf seinen Dienstreisen nach Norddeutschland immer Ohrstöpsel, Scopolamin-Pflaster und Bonamine-Tabletten mitgenommen hat … spezielle Mittel gegen die Seekrankheit.« Er betrachtete sie, als wartete er darauf, dass der Groschen fiel.
    »Und?«
    »Watson, ich bin enttäuscht.« Patrick breitete die Arme aus. »Wozu braucht man Ohrstöpsel und solche Medikamente?«
    »Gegen Brechreiz auf hoher See und die Stampfgeräusche von Turbinen?«
    »Und was gibt es in Bremerhaven?«, fragte er weiter. »Schiffe?«
    »Gar nicht einmal so schlecht! Offensichtlich war Kieslinger ein großer Schiffsliebhaber, denn im Haus hingen zahlreiche Fotos, die ihn mit Mütze und Schal an einer Reling zeigen. Seine Witwe erzählte, dass er sich immer besonders auf Dienstreisen freute, die ihn nach Norden führten, weil er Jachthäfen so gerne besuchte. Sie dagegen hasst das Wasser.«
    Patricks Stimme wurde geheimnisvoll. »An dem Tag, als Prange mit dem Leihwagen nach Bremerhaven fuhr und Kieslinger nicht in seinem Hotelzimmer erschien, liefen mehrere kleine Passagierschiffe aus, aber nur eines davon legte exakt an dem Tag wieder im Hafen an, als der Kongress zu Ende ging.«
    »Prange und Kieslinger unternahmen eine Kreuzfahrt?«
    »Mit der Friedberg, die einem gewissen Edward Hockinson gehört - einem reichen, spleenigen Reeder«, vollendete Patrick seine Geschichte.
    »Wow!«, entfuhr es Evelyn. Natürlich war es Patricks Job, solche Sachen herauszufinden, aber damit hatte sie nicht gerechnet.
    Sie dachte nach. Die Spuren führten nach Norddeutschland: das anonyme Konto, auf das zehn Jahre lang eingezahlt worden war, und die Reise der beiden Männer nach Bremerhaven. Sie fragte sich, was das mit dem Mädchen im Spaghettiträgerkleid zu tun hatte. Damals war sie wohl kaum älter als zehn gewesen. »Hast du Adresse und Telefonnummer von diesem Hockinson?«
    Patrick sah sie entgeistert an. »Dazu bin ich nicht mehr gekommen. Ich habe stundenlang mit Uwe, einem Kollegen in Deutschland, telefoniert, mit der Volksbank, der Hamburger Kripo, der Wiener Ärztekammer und zuletzt mit dem Hotel Columbus in Bremerhaven. Da wäre vielleicht ein nettes Dankeschön angebracht!«
    »Danke, mein Held«, sagte sie schmunzelnd und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Warum hast du dich eigentlich so dahintergeklemmt? Sicher nicht deshalb, weil du sonst den ganzen Tag tatenlos mit deinem Gipsbein im Büro gesessen hättest.«
    Er sah zur Seite. »Weil ich der Einzige bin, der an deine verrückte Idee glaubt.«
    Sie spürte, dass sie einen Augenblick lang errötete. Rasch griff sie zum Handy. »Lass uns Hockinsons Adresse rausfinden.«
    Während Patrick die Katzen betrachtete, die soeben das letzte Schinkenstück von ihrer Pizza zerrten, wählte sie die Nummer der internationalen Auskunft.
    Nach einigen Minuten schrieb sie Edward Hockinsons Telefonnummer auf den Rand der Serviette, die auf dem Tisch lag.
    Patrick starrte auf die Ziffern. »Das ist nicht die Vorwahl von Bremerhaven«, murmelte er.
    »Richtig«, antwortete Evelyn. Nachdem er den ganzen Tag mit Deutschland telefoniert hatte, kannte er vermutlich alle Vorwahlen Norddeutschlands auswendig.
    »Die Nummer stammt aus Cuxhaven.« Evelyn betätigte die

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