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Rachespiel

Rachespiel

Titel: Rachespiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh O'Connor
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Opferrechten mit mir in der Versenkung verschwindet, wenn es meinen Gegnern gelingt, mich zu Fall zu bringen, und ich mein Amt verliere.«
    »Das klingt wie eine Drohung.«
    »Tatsächlich? Sie haben doch auch noch andere Anliegen, oder?
    »Ja.«
    »Gut, nennen Sie mir eines. Ich veranlasse meine Berater, ein Papier vorzubereiten.«
    »Sie müssen dem System ein Ende setzen, dass Untersuchungshäftlinge, die wegen Mord oder Vergewaltigung angeklagt sind, auf Kaution freikommen können«, sagte Jo. »Die Zahl derjenigen, die vor Beginn ihres Prozesses erneut straffällig werden, ist erschreckend. Dann ist da noch die Tatsache, dass solche Täter bei Verurteilung automatisch ein Anrecht auf Straferlass wegen guter Führung erhalten. So etwas kommt einer Verhöhnung der Opfer gleich.«
    »Da haben Sie nicht ganz unrecht«, sagte Stanley. »So, bevorzugen Sie einen bestimmten Wein? Ich muss sagen, ich bin in letzter Zeit auf den Geschmack von Tropfen aus der Neuen Welt gekommen.«
    »Nein, ich verzichte«, sagte Jo und bedeckte ihr Glas mit der Hand.
    »Spielverderberin.« Er lachte in sich hinein und griff nach einer Flasche Wasser, musterte das Etikett. »Still oder mit Kohlensäure?«, fragte er.
    »Ist mir beides recht«, sagte Jo tonlos.
    Er schenkte ihr ein Glas ein und setzte die Flasche schwungvoll wieder ab.
    »Wie gut kannten Sie Imogen Cox?«, fragte Jo.
    »Wen?«
    »Exmodel und Modelagentin. Sie wurde gestern ermordet. Sie müssen von ihr gehört haben. Ich wette, Ihr Büro blockt schon den ganzen Tag Presseanrufe ab, die nach einer Stellungnahme von Ihnen zu den Verbrechensraten fragen.«
    »Der Name sagt mir nichts.« Er klappte die Speisekarte zu. »Darf ich Ihnen den Seeteufel empfehlen? Er ist sensationell.«
    Jo taxierte ihn. »Wie kommt es, dass nie jemand von dem Hähnchen schwärmt? Immer ist es die Seezunge, der Kabeljau, die Scholle. Immer der Fisch.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Dass Menschen Schafe sind. Sie geben vor, sich in einem Restaurant wie diesem wohlzufühlen, obgleich sie viel lieber in ihrem Ecklokal sitzen würden. Sie sagen, der Fisch sei göttlich, auch wenn sie sich eigentlich lieber auf einen Teller Pommes stürzen würden. Alles nur Schein, und Sie wissen mehr als jeder andere, wie wichtig der ist.«
    »Denken Sie an etwas Bestimmtes?«
    Jo beugte sich zu ihm vor. »Waren Sie am Sonntagabend in Marokko?«
    »Nein.«
    »Was ist mit Tara Parker Trench? Kennen Sie sie?«
    »Das Model? Ebenfalls Nein. Warum?«
    »Ich frage Sie jetzt noch einmal, und ich bitte Sie, sich Ihre Antwort genau zu überlegen. Kannten Sie Imogen Cox?«
    Stanley winkte über die Köpfe der anderen Gäste hinweg einen Kellner herbei und sagte dann sehr leise: »Lassen Sie es mich wiederholen: ganz sicher nicht.«
    Der Sommelier erschien und begann mit dem rituellen Entkorken einer Flasche.
    »Wirklich schade, dass Sie nicht mit mir anstoßen wollen«, sagte Stanley und schwenkte die Flüssigkeit auf dem Boden des Glases herum, schnupperte, schmeckte und schnalzte mit der Zunge.
    Er signalisierte dem Sommelier, dass der Wein eingeschenkt werden durfte, der kam der Aufforderung geflissentlich nach, und der Minister hob sein Glas. »Ich werde Sie befördern. Deshalb das Büro. Wie hört sich Chief Superintendent für Sie an?«
    Jos Gedanken überschlugen sich. Die damit verbundene Gehaltserhöhung wäre ihre Rettung – sie hatte große Mühe, die Kosten für Haus und Lebensunterhalt allein zu bestreiten. Vielleicht könnte sie sich dann sogar eine Putzfrau leisten. Aber es gab immer nur einen Chief Superintendent pro Abteilung, was bedeutete, dass sie versetzt werden müsste.
    Jo trank einen großen Schluck Wasser. »Und wo sollte das sein?«
    »Ich möchte, dass Sie Dan ersetzen«, antwortete Stanley kalt lächelnd.
    »Wieso? Wollen Sie ihn auch befördern?«
    »Nein.«
    Jo versuchte zu verarbeiten, was er da sagte. »Moment mal. Ich war es, die eine Versetzung wollte. Sie können nicht einfach Dan woanders hinschicken.«
    »Habe ich auch nicht vor. Eine interne Untersuchung hat ergeben, dass sein Ansehen während der Ermittlungen im Fall des Serienmörders enorm gelitten hat. Hier sind die Ergebnisse.« Er beugte sich über die Aktentasche neben seinem Stuhl und zog ein spiralgebundenes Dokument heraus, das er ihr hinwarf.
    Es trug den Stempel »Persönlich und vertraulich« und die Überschrift »Untersuchung zu Polizeiarbeit und Leistungsstandards bei den Ermittlungen im Fall Walter Kaiser, Revier

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