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Rachespiel

Rachespiel

Titel: Rachespiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh O'Connor
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Store Street.«
    So gern Jo sofort jede Seite gelesen hätte, wollte sie Stanley doch nicht die Genugtuung gönnen. Es bestand für sie kein Zweifel daran, dass Dans Entscheidung, nicht zu verlautbaren, dass Anto Crawley – der größte Drogendealer des Landes und ein Opfer des Serienmörders – zu seinen Informanten gehört hatte, ihre Ermittlungen behindert hatte. Doch eine derartige Bestrafung wäre extrem hart.
    »Er wird denken, dass ich etwas damit zu tun habe«, sagte sie leise.
    »Na und? Ich dachte, Sie wären getrennt.« Stanley nahm sich noch ein Brötchen und schnitt es auf.
    »Er weiß es schon, oder?« Auf einmal verstand sie Dans unterschwellig brodelnde Wut an diesem Morgen. »Er denkt, dass ich dahinterstecke, dass ich hinter seinem Rücken gegen ihn agiert habe.« Sie stand so abrupt auf, dass ihre Serviette zu Boden fiel und das Glas Wasser umkippte. »Nein, tut mir leid, unter diesen Bedingungen kann ich das nicht annehmen.«
    Stanley bestrich eine Brötchenecke mit Butter, biss hinein und antwortete mit vollem Mund. »Wie Sie wollen. Aber wenn dieser Bericht an die Öffentlichkeit gelangt – und die Möglichkeit besteht durchaus –, wird jemand seinen Kopf hinhalten müssen, und das werde nicht ich sein. Sie haben den Fall aufgeklärt, daher erscheint es nur fair, dass Sie dafür belohnt werden. Meine Imageberater sagen, wir können das negative Echo gering halten, indem wir Sie befördern.«
    »Dan ist ein guter Polizist. Er hat eine Fehlentscheidung getroffen, ja. Das tun wir alle mal. Es ist kein Schaden dadurch entstanden. Wir haben den Mörder gefasst.«
    Stanley lehnte sich zurück und lächelte sie an. »Wenn Sie den Posten nicht wollen, wird einer Ihrer Kollegen die Herausforderung bestimmt gern annehmen. Ich wollte es Ihnen nur zuerst anbieten.«

40
    Die Vollzugsbeamten trugen weiße Schutzanzüge und Kunststoffmasken über Nase und Mund, damit sie sich beim Umgang mit dem King nichts holten. Er saß hinten in dem Gefängnistransporter, der ihn zum Gericht bringen sollte, eine Kriegsbemalung aus angetrockneten Exkrementen im Gesicht. Die Schließer hatten eine Münze geworfen, um auszulosen, wer ihn im Transportraum bewachen musste, so schlimm war der Gestank. Eigentlich hätten drei Wärter bei ihm sein müssen, aber sie hatten sich gegenseitig eingeredet, dass einer reichte – ein dicklicher Junge, der ihm mit tränenden Augen über seiner Maske gegenüberhockte. Die beiden anderen saßen vorn beim Fahrer, durch ein doppeltes Plexiglasfenster von ihnen getrennt. Als besondere Vorsichtsmaßnahme hatte man dem King Fußfesseln angelegt und diese durch eine Kette mit den Handschellen verbunden. Eine Polizeieskorte gab es nicht, weil die Mittel zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens im Etat stark gekürzt worden waren. Erst am Gerichtsgebäude würden Polizisten sie in Empfang nehmen.
    Jedes Mal, wenn der King den jungen Schließer ansah, krümmte er sich vor Lachen, als hätte er gerade einen richtig guten Witz gehört.
    »Was ist denn so komisch?«, fragte der Beamte schließlich mit durch die Maske gedämpfter Stimme und schweißglänzendem Gesicht. Er trug eine Stichschutzweste unter seinem Overall, und der Transporter war mit kugelsicherem Metall verstärkt. Es war, als säße man in einem Backofen.
    Der King klammerte sich an einen Haltegriff, so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. »Du siehst aus wie einer von diesen Teletubbies, die mein Junge immer gern geguckt hat«, antwortete er und prustete schon wieder los.
    Plötzlich gab es einen ohrenbetäubenden Knall, und der Wagen geriet bei hoher Geschwindigkeit ins Schleudern, sodass er sich zweimal überschlug. Der King hielt sich gut fest, um nicht gegen das Dach zu knallen, zielte mit den Füßen auf den Kopf des jungen Schließers, wobei er sich die Fliehkräfte zunutze machte, und traf ihn mit Wucht. Blut schoss aus dem Gesicht des Wärters, und seine Augen rollten nach oben und schlossen sich, als er das Bewusstsein verlor.
    Der Transporter blieb stehen, woraufhin sich der King bäuchlings auf den Boden warf.
    Er lauschte angestrengt, während vorn die Geräusche von splitterndem Glas, berstendem Metall und sich ineinanderschiebenden Wagen die schrillen Schreckensschreie übertönten.
    Dann kam das stakkatoartige Rattern eines Maschinengewehrs, als Kings Gefolgsleute den Schließern in der Fahrerkabine den Rest gaben.
    Sobald das Schießen aufhörte, schnappte sich der King den Schlüsselbund des jungen

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