Rachewahn: Thriller
Was wird hier gespielt? Soll das ein Trick sein?
Doch schon in der nächsten Sekunde sah er den Grund für Frosts entfremdliche Pose. Und er musste umgehend schmunzeln.
Sie steckt noch immer voller Überraschungen. Und das nach knapp dreizehn Jahren.
Nora erschien wieder hinter ihm und hob die Schultern. „Der Kerl wollte mir frech kommen. Mir blieb nichts anderes übrig, als es ihm auf die harte Tour beizubringen.“
Thomas’ Blick haftete auf den Handschellen, mit denen Nora den Verdächtigen an das Tor gekettet hatte.
„Das hättest du mir auch gleich sagen können“, teilte er ihr augenzwinkernd mit.
„Ich wollte es machen. Aber du warst mal wieder so ungeduldig und hektisch, dass ich nicht zu Wort kam. Mit ein wenig Glück ist dir das eine Lehre. Voreiliges Handeln führt zu nichts. Ruhige Überlegungen und gezielte Aktionen bringen uns zum Ziel.“
Frost zerrte wie verrückt an den Handschellen. Doch es hatte keinen Zweck. Er konnte sie nicht loswerden.
Tommy steckte seine Waffe zurück ins Holster und schritt auf den jungen Mann zu. „Ihnen ist bewusst, dass Ihr Fluchtversuch Sie in einem äußerst schlechten Licht erscheinen lässt?“
„Ich weiß. Ich gebe auch alles zu. Aber jetzt machen Sie mich endlich los! Bitte!“
„Sie geben alles zu?“ Tommy konnte seine Verblüffung nicht verbergen.
„Ja. Ich habe die Drogen vertickt. Und ich verdiene dafür eine Strafe. Wenn Sie mich aber nicht bald befreien, dann raste ich aus! Ich wurde als Kind einmal in einen Schrank gesperrt und musste dort sechs Stunden ausharren! Es war ein dummer Streich meines Bruders. Seitdem habe ich Angst vor engen Räumen und vor so etwas hier!“ Er zeigte auf die Handschellen.
„Von welchen Drogen sprechen Sie?“, wollte Nora wissen.
„Von dem Speed, das ich Mark verkauft habe.“
Thomas stieß einen Pfiff aus. „Was Sie nicht sagen. Damit haben Sie sich gerade Ihr eigenes Grab geschaufelt. Zwei Mordeund illegaler Besitz sowie Verkauf von Drogen. Da dürften ein paar Jahre in einer kleinen Zelle auf Sie zukommen. Hoffentlich halten Sie das vor dem Hintergrund Ihrer schlimmen Kindheitserfahrung aus.“
„Morde? Quatsch! Ich habe Mark und Steffi doch nicht getötet! Was soll der Mist?! Das können Sie mir nicht anhängen! Sicherlich habe ich einige kriminelle Dinge gemacht. Aber deswegen bin ich noch lange kein Mörder!“
„Ich glaube, das wird sich sehr schnell herausstellen“, erwiderte Nora. „Ein Vergleich Ihrer Haare wird dafür sorgen.“
„Meine Haare? Wovon sprechen Sie bloß? Ich verstehe gar nichts mehr!“ Frost sah die Ermittler verängstigt an.
„Sparen Sie sich diese alberne Nummer für den Richter. Vielleicht können Sie ihn beeindrucken. Uns ganz sicher nicht.“
„Ich will Sie nicht beeindrucken! Ich habe Mark und Steffi nicht ermordet! Das ist absurd! Mark kam vor zwei Jahren zu mir und hat behauptet, dass er aufgrund seines Studiums vollkommen im Stress sei. Er war fix und fertig mit den Nerven. Daher habe ich ihm ein bisschen Stoff besorgt. Ich konnte doch nicht wissen, dass er so schnell süchtig von dem Zeug werden würde!“
Nora bekam große Augen. „Mark war drogen abhängig ?“
„Zumindest war er auf dem besten Weg dorthin. Er wollte immer mehr. Immer schneller.“
„Und Sie behaupten allen Ernstes, sein ‚Freund’ gewesen zu sein? Wie definieren Sie denn Freundschaft? Indem Sie Ihre Kumpels süchtig machen?“
„Sie verstehen das nicht. Wenn Sie einmal in diesen Kreisen verkehren, dann kommen Sie dort nicht so einfach wieder raus. Glauben Sie es mir. Ich habe es mehrmals versucht. Ohne Erfolg.“
„Welche Kreise meinen Sie genau?“
„Na, welche wohl? Die Drogenszene! Ich kann nicht ohne Weiteres dort aussteigen. Sonst werden die Kerle mich umbringen. Mir blieb keine andere Wahl, als Mark das Zeug zu besorgen.“
„Sind Sie eine Art Kurier?“
„So kann man es sagen. In diesem Geschäft geht es nicht um Freundschaft, sondern ums nackte Überleben. Ich kann keine Rücksicht auf Bekannte nehmen. Aber unterstellen Sie mir nicht, dass es mir egal wäre. Ich hasse mich selbst für die ganze Scheiße! Am liebsten würde ich noch einmal bei Null anfangen. Aber ich habe keine Alternative. Mark hat sehr gut für die Drogen bezahlt. Ich brauchte das Geld. Ich … ich …“ Tränen liefen über seine Wangen.
Nora war absolut geschockt. Sie wusste nicht, ob Sie dieser Geschichte auch nur einen Funken Glauben schenken sollte. Auch Thomas wirkte unentschlossen.
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