Rachmann, Tom
Mai 2002); »Dutzende
Tote bei Bombenanschlag in Bali« (13. Oktober 2002); »Bush
setzt neue Heimatschutzbehörde durch - Homeland Security errichtet« (26. November 2002).
Sie gräbt
sich durch bis 2004: »Forscher klonen 30 menschliche
Embryonen« (14. Februar 2004); »Putin gewinnt Wiederwahl« (15. März 2004); »Irak: USA
übertragen Befugnisse an Interimsregierung« (29. Juni 2004); »Holländischer
Regisseur von Islamist ermordet« (3. November 2004).
Sie
überspringt ein paar Stapel bis 2006: »Bushs erstes Veto blockiert
Stammzellenforschung« (20. Juli 2006); »Nordkorea
verkündet ersten Atomtest« (10. Oktober 2006).
Und
endlich 2007: »Fanfarenklänge bei Apples iPhone-Präsentation« (10. Januar 2007); »Bush
schickt weitere 21500 Soldaten in den Irak« (11. Januar 2007); »Expertenkonferenz:
Der Mensch Ursache für Klimawandel« (3. Februar 2007); »Historischer
Wahlkampf: Afroamerikanischer Senator bewirbt sich um Präsidentschaft« (11. Februar 2007).
Jetzt hat
sie es geschafft. Das ist in etwa die Gegenwart.
Ornella
steht inmitten all ihrer Zeitungen und überlegt, dass Marta morgen kommt. Sie
könnte selbst vorher aufräumen. Aber Marta wird bestimmt beeindruckt sein -
Schluss mit dem ganzen Quatsch, nie wieder alte Zeitungen auf eine Seite, neue
auf die andere. Und Schluss mit dem Technikbann - nie wieder Theater, wenn
Martas Mann während der Arbeit mal auf dem Handy anruft.
Am
nächsten Tag macht Ornella ihrer Putzfrau die Tür im Sturm auf. »Ich muss dir
was zeigen. Komm, komm!« Sie will sie bei der Hand nehmen, aber Marta zieht
gerade ihren Mantel aus. Ornella wartet ungeduldig. Marta hat weisungsgemäß die
Zeitung von heute in der Plastiktüte versteckt. »Komm!«, sagt Ornella. Aber
plötzlich bleibt sie stehen.
»Was?«,
fragt Marta.
»Du hältst
mich bestimmt für verrückt.« Ornella nimmt ihre Hand. Marta fasst nicht zu, lässt
sich aber mitziehen. »Oh«, sagt Marta, als sie das Chaos sieht. »Kaputt?«
»Was soll
kaputt sein?«
Marta ist
schon auf den Knien und versucht, die Papierkatastrophe zu bändigen.
»Nichts
ist kaputt. Ich habe das mit Absicht gemacht. Kein Grund zur Besorgnis. Ich
habe sie alle selbst runtergeworfen«, protestiert Ornella. »Dann habe ich die
ganze Nacht gelesen. Bis vier Uhr. Ich bin immer noch nicht mal halb auf dem
Laufenden. Ich habe alle möglichen Fragen. Du musst mir helfen.«
Marta
interpretiert das als Aufforderung, schneller aufzuräumen. »Ja, ja, ich mache,
ich mache.«
»Halt -
hör mal zu. Lass das mal. Sag mir, wo wir die Zeitung von heute haben?«
»Welches
Heute?«
»Dieses
Heute.« Ornella deutet mit dem Finger nach unten, aber unten bei ihren Füßen
liegen nur etliche Tausend andere Heute. »Das Heute, das du mitgebracht hast.
Das in der Plastiktüte.«
Marta gibt
ihr die Zeitung nur zögernd, vielleicht ist das ein Test. Ornella verzieht sich
auf das Wohnzimmersofa, gespannt vor Aufregung, mit Herzklopfen. Sie schlägt
die Zeitung von heute auf und ruckelt sich mit dem Rücken in den Kissen
zurecht. Sie räuspert sich, kneift die Augen zusammen, als müsste sie den Blick
schärfen, und begutachtet die Titelseite. Dann sieht sie hoch zu Marta, die
gemäß der Anweisung, der Hausherrin Gesellschaft zu leisten, ihr Bügelbrett im
Wohnzimmer aufgestellt hat, und fragt: »Willst du nicht mit mir zusammen
lesen?«
»Nein,
nein.«
»Da steht
so viel, was mich verwirrt. Ich zähle auf deine Hilfe. Zum Beispiel, wer ist
diese Britney Spears, und warum hat sie sich den Kopf kahl rasiert?«
»Ich weiß
nicht.« Ein Zischer aus dem Dampfbügeleisen unterstreicht Martas Antwort.
»Und hier:
Dieser dumme Papst macht böse Sprüche über Muslime, und jetzt drohen die,
Kirchen in die Luft zu jagen.« Ornella sieht wieder hoch. »Das ist doch nicht
zu gefährlich, wenn du in deine Kirche gehst, oder? Marta?«
»Nein,
nein.«
Ornella
blättert weiter. »Scheint, als ob sich gerade alle Welt selbst in die Luft
sprengt. Und diese Computer überall - verstehst du diese ganze Computerchose?«
»Was für
Chose?«
Ornella
hat nicht mal genug Ahnung, um eine konkrete Frage zu formulieren. »So
allgemein.«
»Nicht so
viel.«
In einem
Anfall von Zuneigung tätschelt Ornella das Sofakissen neben sich: »Hör doch mal
kurz auf und gesell dich zu mir! Ich mache dir jetzt Kaffee! Wir können doch
zusammen die Zeitung durchnehmen. Wäre das nicht mal eine schöne Abwechslung?«
Marta
blickt mit angespannter Miene in der Wohnung umher, all
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