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Rachsucht

Titel: Rachsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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erzählt seine Geschichte‹?«
    »Ja.«

    »Wie ich meinen Job verlor, wie sich meine Frau von mir scheiden ließ und dass meine sogenannten Freunde auf die andere Straßenseite wechseln, wenn sie mich auch nur von Weitem sehen? Das wollen Sie hören?«
    Er wollte mich einfach nicht aufstehen lassen. Ich versuchte, die Entfernung bis zum Telefon abzuschätzen, aber er war meinem Blick gefolgt und riss mit einem Ruck das Kabel aus der Wand.
    Angesichts seiner durchbohrenden Blicke konnte ich nur hoffen, dass die Minidisk nicht aus meiner Tasche ragte.
    »Vergessen Sie es«, sagte er.
    »Dann äußern Sie sich zu der Fahrerflucht. Haben Sie den Opfern etwas zu sagen?«
    Auf seiner Stirn schwoll eine Ader. »Nein. Kein Kommentar vom Todesfahrer. Kein Kommentar von dem millionenschweren herzlosen Verbrecher auf der Flucht.«
    »Warum sind Sie zurückgekommen?«
    »Sie haben doch nicht die geringste Ahnung. Sie stochern bloß im Nebel rum.«
    Mein Plan funktionierte nicht. Zwar kaufte er mir meine Tarnung ab, ließ mich aber trotzdem nicht gehen. Meine Brust war wie zugeschnürt vor Angst.
    »Erzählen Sie mir von Ihrer Besprechung im Biltmore heute Abend«, sagte ich.
    Die Verblüffung war ihm deutlich anzumerken.
    »Wieso waren Sie so sauer?«, hakte ich nach.
    »Halten Sie die Klappe.« Die Ader pulsierte. »Das ist doch völlig egal. Sie werden noch Ihr blaues Wunder erleben. Alle werdet ihr euer blaues Wunder erleben.«
    Eine Schlüsselkarte wurde ins Schloss geschoben. Die Tür öffnete sich, und ein Hotelangestellter in grüner Uniform
starrte uns überrascht an. »Floyd« war auf seinem Namensschild zu lesen.
    »Was ist hier los?«, fragte er.
    »Helfen Sie mir.« Ich versuchte aufzustehen, aber Brand rührte sich nicht von der Stelle. »Schaffen Sie den Kerl da weg!«
    »Mir war, als hätte jemand geschrien.«
    Brands Wut war mit einem Schlag verflogen. Sein Blick wurde kühl und berechnend. »Tut mir leid, wenn wir zu laut waren. Sie hat ein bisschen zu tief ins Glas geschaut.«
    »Nein! Helfen Sie mir!«, flehte ich. »Holen Sie mich hier heraus! Bitte!«
    Floyd schaute von einem zum anderen, als wüsste er nicht, wem er glauben sollte. »Das ist nicht Ihr Zimmer«, sagte er. »Bitte gehen Sie.«
    Brands Stimme klang jetzt aalglatt. »Sie hat gesagt, es wäre ihrs. Angeblich ist sie zu diesem Familientreffen hier.« Er streckte Floyd die Hand hin, in der plötzlich ein Zwanzig-Dollar-Schein aufgetaucht war. »Tut mir leid. Können wir das unter uns regeln?«
    »Rufen Sie die Polizei«, bat ich. »Sehen Sie doch hin! Der Kerl hat das Telefon aus der Wand gerissen.«
    Floyd betrachtete das Loch in der Wand. Mit wütender Miene schnappte er nach dem Schein. »Verschwinden Sie, alle beide.«
    Endlich lockerte sich Brands Griff. Ich sprang auf und raste zur Tür. Erst als ich im Auto saß und schon halb zu Hause war, fing ich an zu weinen.
     
    Jemandem den Weg zu versperren ist gar nicht so einfach.
    »Du fährst nicht zum Holiday Inn«, sagte ich.

    Jesse hatte sich mit finsterer Miene in Adam Sandovals Eingangsflur postiert und wirkte, als würde er mich gleich über den Haufen fahren.
    »Aus dem Weg«, sagte er zu mir. »Den mach ich fertig.«
    Adam hockte hinter ihm im Wohnzimmer an einem seiner Rechner und tat so, als wäre er taub. Er war mit der Minidisk beschäftigt.
    Ich wich nicht von der Stelle. »Genau deswegen wollte ich dir nichts davon erzählen.«
    Wenn mein Computer die Minidisk hätte lesen können, hätte Jesse möglicherweise gar nichts von Brands Attacke erfahren. Aber da mein Laptop nichts damit anfangen konnte, brachten wir sie zu Adam. Und der begrüßte mich mit den Worten: »Was ist denn mit deiner Lippe passiert?«
    Brands Diamantring hatte mir das Gesicht zerkratzt. Als Jesse mich nun bei Licht betrachtete, konnte ich ihm nichts mehr vormachen.
    »Wenn ich den Überfall melde, wird der Richter die Kaution widerrufen«, gab ich zu bedenken. »Dann wandert Brand ins Gefängnis. Willst du dir unbedingt mit ihm die Zelle teilen?«
    »Ja. Dem würde ich gern zeigen, was eine Harke ist.«
    Er schien bereit, mich übers Knie legen, nur um vorbeizukommen. Ich hielt es durchaus für denkbar, dass er Brand ordentlich einheizte, bevor er selbst krankenhausreif geschlagen wurde. Es war wunderbar, dass er mich beschützen wollte, aber ich musste ihn bremsen.
    »Wenn du Brand ein Veilchen verpasst, weiß er genau, wer ich bin und wo er die Minidisk suchen muss«, sagte ich. »Warte doch erst mal ab.

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