Radikal führen
kann.
Planungen und Zielvereinbarungen überprüfen
Wie schaffen Sie es, dass die Menschen das tun, was Ihnen nützt? Wie machen Sie das Verhalten der Menschen vorhersehbar? Wie besiegen Sie die Angst, die das Anderssein des Anderen erzeugt? Viele Menschen brauchen Gründe für Vertrauen. Aber diese Gründe können nicht von einem Menschen kommen, dem man misstraut. Deshalb greift man zu Vertrauens-Prothesen. Zum Beispiel Zielvereinbarungen.
Zielvereinbarungen entstammen einer Zeit planbarer, ruhiger Abschöpfungsmärkte. Der Austro-Amerikaner Peter Drucker war es in den 50er Jahren, der sie als »Management by Objectives« popularisierte. Damals ging er implizit von zwei Voraussetzungen aus:
Märkte sind planbar.
Menschen ohne Ziele wissen nicht, was sie tun sollen.
Zu Beginn einer Geschäftsperiode setzte man sich also zusammen, kalkulierte die Marktentwicklung, die wirtschaftlichen Rahmendaten, die eigenen Produkte, plante Initiativen, legte noch ein »herausforderndes« Plus oben drauf und einigte sich dann auf »Ziele«, die man mit Geldsäcken behängte, um ihnen Gewicht zu verleihen.
Schon allein dieser Abstimmungsaufwand ist aus Sicht der Transaktionskostenanalyse problematisch. Aber Transaktionskosten waren damals noch weitgehend unbekannt, und wenn man sie kannte, nahm man sie in Kauf. Das konnte man sich leisten: In jener Zeit waren Märkte träge und vorhersehbar. Die Zukunft dachte man in stetig aufsteigender Linie und gestaltete sie durch kluge Vorausschau. Vor allem die Idee der Steuerbarkeit war ungemein attraktiv, entsprach sie doch dem Selbstbild des Managers, der das Unternehmens-Schiff durch stürmische See lenkt. Diese Denkfigur hat sich als Planung, Budgetierung und Zielvereinbarung bis in die Gegenwart gehalten.
Aber ist die Welt heute noch so? Ist der Mythos des heroischen Managers nicht rettungslos veraltet? Ist es heute nicht vielmehr anders herum: Die Märkte treiben die Unternehmen, und die Unternehmen treiben die Manager? Es ist die Zeit des Internets, aufgeklärter Konsumenten, rapider Absatzschwankungen. Muss nicht heute, wer erfolgreich sein will, hochflexibel sein und schnell reagieren können?
Auch wer diese Fragen mit Skepsis liest, wird zugeben müssen: Die wirtschaftlichen Rahmendaten haben sich seit Mitte der 50er Jahre drastisch geändert. Wir haben nur noch sehr selten ruhige Abschöpfungs-Märkte. In der Kunst der Zukunftsprognose tun wir uns von Tag zu Tag schwerer. Alles drängt, alles muss schnell gehen. Die Kette der Herausforderungen reißt nicht ab. Jede Situation ist neu. Die Innovations-Notwendigkeit explodiert und die Bindungs-Notwendigkeit schrumpft. Häufig sind schon vierzehn Tage nach der Vereinbarung die Ziele nicht mehr das Papier wert, auf dem sie stehen: Ein neuer, aggressiver Wettbewerber taucht auf, ein wichtiger Handelspartner brichtweg, ein Produkt überrascht mit schwerwiegenden Schwächen und muss vom Markt genommen werden. Oder etwas bricht aus: ein Vulkan, der Rinderwahn oder eine Wirtschaftskrise.
Menschen haben schon immer geplant – aber Planen will gelernt sein. Wenn es von oben herab geschieht, wird es scheitern. Wenn die Zentrale gegen die Realität vor Ort angeht, kann die Zentrale nur verlieren. Das haben die meisten Menschen schon mal gehört, aber nicht verstanden.
Die Krise ist das Stichwort, sie bringt es an den Tag: Wer schnell reagiert, kommt besser durch. Aber gerade große Konzerne mit ihren vielfach ineinander verwobenen Zielsystemen tun sich schwer. Sie sind zu starr, die Systeme zu zeitaufwändig. Viele halten an dem einmal eingeschlagenen Kurs auch dann noch fest, wenn sich das Umfeld längst geändert hat. Da wird neues Personal eingestellt, wenngleich die Umsatzentwicklung schon geraume Zeit nach unten weist. Es wird weiter produziert, obwohl der Absatz längst stockt. Oder aber, im günstigen Fall, es tauchen unvorhersehbare Impulse auf, neue Marktchancen ergeben sich, überraschende Geschäftsmöglichkeiten eröffnen sich. Wegsehen oder hingehen?
Auf der Mitarbeiterseite erzeugt die Planung eine Verdrehung der Prioritäten. Statt sich auf den Kunden zu konzentrieren, orientiert man sein Handeln an der Planung. Auf der individuellen Ebene führen Zielvereinbarungssysteme häufig dazu, dass sich die Mitarbeiter auf die Zielerreichung konzentrieren, statt sich um Marktchancen zu kümmern. Die Gefahr ist groß, dass man auf überraschende Veränderungen im Markt nicht oder zu spät reagiert. Die Energie konzentriert sich
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