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Radikal

Radikal

Titel: Radikal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yassin Musharbash
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Präsident entschieden, dass der Staatsschutz mit seinen besonderen Kompetenzen dranbleiben sollte – also auch Dengelow. Und deshalb war es misslich, wenn er irgendetwas nicht als Erster wusste. Oder wenn es drohte, seiner Kontrolle zu entgleiten. Schon während der Fahrt, als er mit Merle Schwalb sprach, hatte Dengelow sich entschieden, wie er vorgehen würde. Er würde einfach mit der Tür ins Haus fallen. Und jetzt, da er im noch ziemlich provisorisch aussehenden Büro von Lutfi Latif an einem runden Besprechungstisch saß und die Begrüßungsformalitäten erledigt waren, war es so weit.
    Er knipste ein Lächeln an, von dem man sagte, es sei einnehmend. »Herr Latif, Sie wissen ja, ich bin heute hier, um mit Ihnen ein Sensibilisierungsgespräch zu führen, wie wir das nennen. Aber bevor wir richtig anfangen, wollte ich Ihnen eines schon mal vorweg sagen: Es war goldrichtig, dass sie dem Globus die Drohbotschaften durchgestochen haben. Jetzt weiß unsere Kundschaft, dass wir das ernst nehmen, wenn die meinen, einfach einen Bundestagsabgeordneten bedrohen zu können. Ehrlich gesagt, wenn der Globus mir nicht zuvorgekommen wäre, hätte ich Ihnen sogar genau zu diesem Schritt geraten.«
    Aufmerksam beobachtete Dengelow, wie der Abgeordnete und seine beiden Mitarbeiter reagierten. Die junge Frau, ihr Name fiel ihm gerade nicht ein, konnte ihre Überraschung nicht einmal ansatzweise verleugnen. Mein Gott, dachte Dengelow, ich kann das Fragezeichen über ihrem Kopf regelrecht sehen. Aber Lutfi Latif und Munkelmann musste er insgeheim Respekt zollen; sie verzogen keine Miene.
    Dann ergriff der Abgeordnete das Wort. Zunächst entschuldigte Lutfi Latif sich gestenreich dafür, dass er nicht einmal einen Kaffee anbieten konnte. Doch schnell kam er auf den Grund des Besuchs zu sprechen.
    »Herr Dengelow, danke, dass Sie gekommen sind. Die Einschätzung des BKA ist für uns selbstverständlich sehr wichtig. Insofern freut es mich natürlich auch, dass Sie die Veröffentlichung im Globus hilfreich fanden.«
    »Ohne jeden Zweifel, Herr Abgeordneter.«
    »Na, dann wurde also wenigstens kein Schaden angerichtet. Aber vielleicht können wir ja damit beginnen, dass Sie uns noch einmal genauer darlegen, wie Sie die Zuschriften insgesamt einschätzen.Sehen Sie, bis jetzt kennen wir ja nur eine anonyme Behördenmeinung, die in dem Globus – Artikel zitiert wurde.«
    Nicht schlecht , dachte Dengelow. Er spielt den Ball einfach zurück .
    »Ich kann Ihnen versichern«, antwortete er beflissen, »dass das Zitat nicht aus meinem Hause kam. Auch wenn es inhaltlich natürlich zutreffend ist.«
    »Natürlich.«
    »Ja, wissen Sie, es ist in der Tat so: Die Szene ist durch Ihre Wahl etwas, wie soll ich sagen, in Aufruhr geraten. Ich verstehe nicht viel von den Gedankensprüngen meiner Kundschaft , wenn ich’s mal so ausdrücken darf. Aber offenbar haben Sie einige Punkte angerührt, die diesen Leuten wehtun. Und dass al-Sawahiri und al-Libi sich über Sie ausgelassen haben, dürfte den einen oder anderen noch einmal besonders angestachelt haben. Darauf deuten jedenfalls die Signale, die wir so empfangen. Und da schließe ich jetzt den Verfassungsschutz und den Bundesnachrichtendienst mal ein, die ja noch ganz andere Methoden und Zugänge haben und ihre Erkenntnisse in dieser Sache mit uns teilen.«
    »Natürlich. Versteht sich. Kann ich mir auch gut vorstellen. Aber ich habe trotzdem noch eine Frage, Herr Dengelow, und ich hoffe, Sie finden sie nicht naiv. Aber wir sind hier im Büro die Zuschriften alle noch einmal gründlich durchgegangen. Und uns ist aufgefallen, dass niemand damit droht, mich persönlich anzugreifen. Es erwähnt auch niemand eine Gruppe oder Organisationen, die mich töten will.«
    »Ja, stimmt, haben wir natürlich auch gemerkt. Aber unsere Experten sind der Meinung, dass man daraus wenig ableiten kann, jedenfalls keine Entwarnung. Sehen Sie, aus unserer Sicht gehören Attentate sowieso nicht zum Standardvorgehen von militanten Dschihadisten. Aber es kommt trotzdem vor. Denken Sie nur an den Mord an Theo van Gogh, 2004 in den Niederlanden. Wegen eines Filmes, den er gemacht hat! Wir haben eigens mit den Kollegen dort Kontakt aufgenommen und uns noch einmal schildern lassen, wie damals das Vorspiel war. Van Gogh hat in den Monaten vor seiner Ermordung ganz ähnliche Zuschriften bekommen wie Sie. Es war sogar eine von einem Bekannten des späteren Mörders dabei. Mitdieser Information hat nur damals niemand etwas

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