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Radikal

Radikal

Titel: Radikal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yassin Musharbash
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damit?«
    »Weil, na ja, Cord hat mir 64 Zuschriften gegeben. 51 stammen von Islamisten. Neun von Nazis. Und vier von Islamhassern.«
    »Islamhasser?«
    Sumaya errötete kurz. Fand Lutfi Latif den Begriff unangemessen? Hätte sie stattdessen »Islamophobe« sagen sollen, wie es einige Journalisten taten? Oder vielleicht »Islamkritiker«? Es gibt nur ein Wort für diese Arschlöcher , hatte Fadi gesagt, als sie mit ihm vor Kurzem über Enzo Graether gesprochen hatte und darüber, wie viele Menschen regelrecht froh zu sein schienen, dass endlich jemand aussprach, was sie angeblich alle schon immer gedacht hatten, und dabei noch weit über Graether hinausgingen, wenn sie über Muslime sprachen. Die kritisieren uns nicht. Die lehnen uns nicht ab. Die hassen uns. Punkt. Er hatte recht, fand Sumaya.
    »Sie wissen schon: Sie wollen das Abendland unterwandern, Sie verstellen sich nur, weil es in Wahrheit keine moderaten Muslime geben kann, Sie sind ein Antisemit …«
    »Lassen Sie mich raten: Und der Prophet, sallah Allah alaihi wa sallam , war ein Kinderschänder?«
    »Genau.«
    »Tja«, sagte der Abgeordnete zwischen zwei Gabeln voll Linguine.
    »Tja?«
    »Ich vermute, es war ein Fehler, dass ich diese Briefe nicht alle selbst gelesen habe. Jedenfalls hatte ich keine Ahnung, dass die Absender aus mehr als einer Richtung kommen.«
    »Hat denn nur Cord sie alle gelesen?«
    »Ja. Und jetzt natürlich Sie. Sehen Sie, Cord ist für meine offizielle Korrespondenz zuständig, er sichtet meine E-Mails, die an das Abgeordneten-Account gehen, er holt meine Post bei der Poststelle ab und sieht sie durch. Und ein- oder zweimal am Tag sagter mir dann, ob etwas Wichtiges dabei ist, um das ich mich selbst kümmern muss.«
    »Und die Drohungen?«
    »Ich wusste von ihm, dass einiges zusammengekommen war. Aber es war klar, dass ich nicht darauf antworten würde. Cord hat vorgeschlagen, dass er sie an das BKA weiterleitet.«
    »Verstehe. Aber was machen wir jetzt? Sie müssen ja die Journalisten bald zurückrufen.«
    Lutfi Latif setzte wieder sein breites Lächeln auf. »Wie gesagt, ich hatte eigentlich gehofft, dass Sie mir das jetzt sagen!«
    »Ich bin mir nicht sicher. Mein Gefühl sagt mir, Sie sollten nicht verschweigen, dass die Drohungen aus verschiedenen Ecken kamen.«
    »Einverstanden. Alles was das Ganze entdramatisiert, ist meiner Meinung nach hilfreich. Außerdem gibt es auch gar keinen vernünftigen Grund, die anderen Drohungen zu verschweigen. Oder unterscheiden sie sich erheblich von den islamistischen?«
    »Nein.«
    »Aber?«
    Sumaya räusperte sich. »Na ja, es ist so: Wenn Sie der Presse von den anderen Drohungen berichten, steht der Globus blamiert da, weil er nur von Islamisten geschrieben hat. Das ist natürlich erst einmal deren Problem. Aber ich vermute, dass jeder der Journalisten, mit denen Sie heute telefonieren, dann der Frage nachgehen wird, warum der Globus eigentlich …«
    Sumaya konnte zusehen, wie sich Lutfi Latifs Gesicht wieder verdunkelte, während er ihren angefangenen Satz zu Ende dachte.
    »Ich verstehe«, sagte er schließlich.
    »Genau«, sagte Sumaya.
    Sie aßen schweigend zu Ende.
    »Kommen Sie, wir trinken noch einen Kaffee zusammen, ja? Und morgen muss ich unbedingt eine Kaffeemaschine für das Büro organisieren.«
    Lutfi Latif und Sumaya stellten ihre Tabletts auf ein Fließband und betraten das kleine Café, das die Innenarchitekten in die Kantine gequetscht hatten. Lutfi Latif stellte sich am Tresen an, während Sumaya einen Bistrotisch sicherte. Sie betrachtete den Abgeordneten,während er die Bestellung aufgab, die kleinen Tässchen entgegennahm und bezahlte. Sie war froh, dass sie ihm alles erzählt hatte. Der Gedanke an fanatische Mordkommandos wirkte jetzt schon viel unwirklicher. Sie sah sich um: Abgeordnete, ihre Mitarbeiter, Verwaltungsangestellte, wahrscheinlich auch Ministerialbeamte, vielleicht ein paar Journalisten. Worüber sprachen sie? Woran würden sie weiterarbeiten, wenn sie wieder zurück in ihren Büros waren? An einem Gesetzentwurf? Einer Bundestagsrede? Einer Anfrage an die Bundesregierung? Genau solche Dinge würden auch ihren Alltag bestimmen. Der heutige Tag, auch wenn es ausgerechnet ihr erster war, würde eine Ausnahme bleiben.
    Als der Abgeordnete wieder neben ihr saß, nutzte Sumaya die Gelegenheit, ihn erklären zu lassen, für welche Aufgaben sie selbst und wofür Cord Munkelmann zuständig sein sollte. Im Grunde, sagte er ihr, lief es darauf hinaus, dass

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