Radikal
anfangen können.«
»Sie halten es also für möglich, dass man mir auflauert und die Kehle durchschneidet?«
»Na ja, das ist jetzt etwas drastisch ausgedrückt. Aber das glauben jedenfalls unsere Islamismus-Experten. Ich weiß, dass das für Sie ironisch sein muss. Unter normalen Umständen würden wir ja jemanden wie Sie eher um seine Einschätzung bitten, als ihm unsere aufzudrängen. Sie sind ja ein Fachmann, wenn ich es richtig verstanden habe. Aber es ist, wie es ist. Niemand bei uns nimmt das jedenfalls auf die leichte Schulter.«
»Ich verstehe, was Sie meinen. Aber ich bin natürlich kein Terrorexperte. Sagen Sie Ihren Kollegen ruhig weiter, Sie brauchen da keine Scheu zu haben. Ich beschäftige mich viel mit Theologie. Nicht mit Mord. Ganz anderes Metier, sozusagen.«
»Ja, klar. Stimmt natürlich. Jedenfalls ist es nun mein Auftrag, Ihnen ein paar Angebote und Ratschläge zu unterbreiten. Zu Ihrem Schutz, Herr Latif.« Dengelow ließ seinen Blick über die Gesichter seiner drei Gegenüber schweifen. »Und zu dem Ihrer Mitarbeiter natürlich auch.«
»Wissen Sie denn eigentlich mittlerweile, wer die Briefe und E-Mails geschrieben hat?«, fragte Sumaya.
»Eine sehr gute Frage«, antwortete Dengelow. »Natürlich versuchen wir das aufzuklären. In den meisten Fällen wird das wahrscheinlich nicht gelingen. Wenn jemand eine E-Mail-Adresse anonym und nur zu diesem Zweck einrichtet und dann noch ein Internetcafé nutzt, sind wir ehrlich gesagt ziemlich chancenlos. Aber wir haben Hinweise, dass einige Absender, wie es ja auch schon im Globus stand, aus dem Umfeld von bekannten Gefährdern stammen. Das ist übrigens ein Grund, warum wir das ernst nehmen.«
Dengelow bemerkte, wie Cord Munkelmann mit sich rang, ob er sich auch einbringen wollte. Schließlich aber wagte er es. »Was bedeutet das, Hinweise?«, wollte er wissen.
»Nun, von allem etwas. Aus jedem Dorf ein Hund, wie wir sagen: einige technische Hinweise, die sind recht zuverlässig. Und dann vor allem Hinweise von Zuträgern, die jeder für sich nicht so zuverlässig sein mögen, aber in der Summe manchmal ein präzisesBild liefern. Wenn man die Puzzlesteine richtig zusammensetzt jedenfalls.«
»Das klingt, als wüssten Sie in einigen Fällen genau, wer die Absender sind. Was geschieht mit denjenigen?«, fragte Latifs Assistent weiter.
»Ist noch nicht entschieden«, antwortete Ansgar Dengelow. »Kommt auch auf die Person an. Ist der ohnehin unter Observation? Dann erst einmal gar nichts. Aber wenn nicht, tja, Gefährderansprachen wären eine Möglichkeit. Das hieße mal vorbeischauen und ihnen sozusagen die gelbe Karte zu zeigen. Das diskutieren wir gerade. Kann hilfreich sein.«
»Und was«, fragte Lutfi Latif, »sind Ihre Ratschläge für uns?«
»Nun, ein paar liegen auf der Hand, denke ich: Dokumentieren Sie weiterhin alles, was Ihnen bedrohlich vorkommt, und leiten Sie es an uns weiter. Ansonsten haben wir natürlich die Pförtner hier im Hause gebeten, noch genauer darauf zu achten, dass nur Personen mit Besucherausweis ins Gebäude gelangen. Und Sie alle sollten, einfach zur Vorsicht, ab und zu mal einen anderen Weg zur Arbeit oder nach Hause nehmen. Vor Ihrer Privatwohnung, Herr Latif, wird sowieso schon vermehrt Streife gefahren.«
»Ist das wirklich nötig?«
»Die Kollegen von der Sicherungsgruppe meinen ja. Das war eine selten klare Einschätzung.«
»Aber?«
»Na ja, es gibt da noch zwei Dinge, was wir Ihnen dringend empfehlen möchten. Zum einen glauben wir, dass es gut wäre, wenn Sie Personenschutz durch unsere Beamten akzeptieren. Sie wissen, dass wir das nicht gegen Ihren Willen tun dürfen. Aber unsere Leute sind für genau so etwas ausgebildet. Wir können Sie schützen.«
Dengelow sah, wie der Abgeordnete den Blickkontakt zu seiner Mitarbeiterin suchte. Die junge Frau, deren Name ihm immer noch partout nicht einfiel, sagte allerdings nichts. Aber zu dem Ausdruck von Überraschung war nun ein Hauch von Erschrecken getreten.
»Auf gar keinen Fall«, sagte der Abgeordnete schließlich.
»Herr Latif, denken Sie noch einmal drüber nach!«
»Nein, das brauche ich nicht. Ich nehme die Zuschriften nicht ganz so ernst wie Sie, fürchte ich. Es ist Ihre Aufgabe, sich um michzu sorgen, und ich bin dankbar, dass Sie das so ernst nehmen. Aber kein Personenschutz, vielen Dank.«
»Wie Sie meinen. Es ist Ihre Entscheidung. Aber wir werden es Ihnen wieder und wieder vorschlagen, wenn das hier so weitergeht.« Dengelow zwang
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