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Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Titel: Radio Miracoli und andere italienische Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Bartolomei
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gefolgt von zwei Stunden ununterbrochenem Gelaber, Kommentaren und minutiösen Analysen aller Aktionen. Claudios Verlangen nach Nachrichtensendungen ist inzwischen vollkommen versiegt, die Phase mit den Pornos war nur vorübergehend, und der Sport beginnt ihn allmählich zu langweilen. Vielleicht haben wir es tatsächlich geschafft, und wir können den Fernsehapparat ein für alle Mal ausschalten.
    Durch das nur halb geschlossene Fenster schweben die zarten Klänge eines Klavierkonzerts in das Wohnzimmer herein. Elisa lächelt mir zu und geht hinaus in den Garten. Es steht kein Mond am Himmel, und draußen ist es stockdunkel. Bevor ich Elisa folge, hole ich mir eine dicke Kerze. Wir setzen uns ins Gras. Kaum sieht Elisa die Kerze, lächelt sie ironisch.
    »Heute Nacht nicht«, sage ich.
    »Okay, heute Nacht nicht«, erwidert sie.
    Wir schauen in die Flamme, die zögernd flackert.
    »Schade. Mir lag gerade eine so schöne Bemerkung über Männer und ihren Gebrauch von Kerzen auf der Zunge«, erklärt sie mir.
    »Los, rück schon raus mit der Sprache«, fordere ich sie auf.
    Eine Weile warte ich auf ihre Antwort, aber dann genieße ich die Waffenruhe. Eine Beziehung wie die unsere ist nicht das, was ich mir erträumt habe. Im Gegenteil. So ein Verhältnis hätte ich mir nie im Leben vorstellen können. Doch auf unsere Art liegen wir uns in den Armen, das spüre ich. Nach außen hin mag unsere Beziehung kühl anmuten, und dennoch schwingt so viel an Bedeutung mit, dass sie stärker wärmt als jede Umarmung. In unserem Alter müssten wir noch sprühen vor Vitalität, uns nicht lange mit Präliminarien aufhalten und ständig übereinander herfallen. Eigentlich müssten wir als Erinnerungsschatz für kommende Zeiten jene magische Nacht erleben, in der wir uns bis zur Erschöpfung geliebt haben. In kommenden Nächten, wenn die Leidenschaft verschwunden sein wird, sollten diese Erinnerung uns erwärmen. Aber vielleicht ist das ja unsere magische Nacht.
    »Was meinst du? Haben wir gerade Sex miteinander?«, frage ich.
    Elisa dreht sich zu mir um und schaut mich überrascht an. Auch ich bin von mir überrascht.
    »Ich habe es gewusst. Du bist nicht der Scheißkerl, der du zu sein scheinst.«
    Genau. Genau dasselbe habe ich auch gerade gedacht.

73
    Claudios Frau trifft in einem schwarzen Sportcoupé ein. Am Steuer sitzt ein Typ, den die Frau nur aus einem einzigen Grund gewählt zu haben scheint: Er sollte sich so weit wie möglich von ihrem Ex unterscheiden. Der Mann ist groß, hager und eine Spur zu elegant, um ernsthaft seine Vulgarität verbergen zu können. Als er aus dem Wagen steigt, gilt sein erster Blick der Federung, der zweite den Schlaglöchern, die er auf dem Rückweg erneut zu bewältigen hat, und erst der dritte, flüchtige Blick der Landschaft. Antonia ist eine schöne, üppige Frau ohne jede Spur von Vulgarität, wäre da nicht der Gefährte, den sie sich erwählt hat. Dass ihre Beziehung zu Claudio zu Ende gehen musste, war wohl unausweichlich.
    Claudio und Antonia umarmen sich, ehe er dem Mann die Hand gibt und ein freundschaftliches Lächeln mit ihm tauscht.
    Ich war neugierig, ob seiner Frau die Veränderungen an ihrem Ex auffallen würden, aber bis auf die nachgewachsenen Haare scheint sie im Moment nichts zu bemerken.
    Ihr Lebensgefährte stellt sich mit Vornamen und Nachnamen vor, Gaetano Sowieso, und drückt uns mit lächerlich übertriebener Männlichkeit die Hand. Er ist sehr überschwänglich, macht einen auf Kumpel, stellt uns jede Menge Fragen und zeigt Interesse an allem. Letztendlich begreift man jedoch sofort, dass das alles nur geheuchelt ist. Jovial stößt er mit uns an und bemerkt nicht, dass das Glas nicht ganz sauber ist. Als er im Garten in einen Liegestuhl sinkt, wird er nicht müde zu betonen, wie erholsam das sei und dass er am liebsten für immer hierbleiben würde. Oder wenigstens bis zum nächsten Termin bei seinem Friseur, denke ich.
    Claudio führt seine Frau durch das Haus. Sie scheint aufrichtig beeindruckt zu sein, und es kommt zu zärtlichen Gesten unter Gaetanos Augen, der jedoch mit keiner Wimper zuckt, da er viel zu beschäftigt damit ist, einer Sechzehnjährigen, die sich gerade bückt, um Blumen zu pflücken, auf den Po zu starren.
    »Ruht euch ein wenig aus. Bald gibt es Mittagessen«, schlägt Claudio den beiden vor.
    »Eine schnelle Dusche wäre vielleicht nicht schlecht«, meint Antonia, bevor sie mit ihrem Gefährten im oberen Stockwerk verschwindet.
    Ich möchte

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