Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)
an dem ich ihr begegnet bin, fühle ich mich ihr verbunden. Es ist ein Gefühl, das ich genauso wenig erklären kann, wie meine Abneigung gegenüber A566.
Seufzend lasse ich mich auf mein Bett sinken. „Ich erzähle es dir, aber du darfst mit niemandem darüber sprechen. Versprichst du mir das?“
Meine Forderung scheint sie etwas zu ängstigen und sie wirkt nachdenklicher als zuvor, aber dann setzt sie sich neben mich und nickt.
„ Versprochen.“
„ Gestern hat einer der Verstoßenen die Kugel der Legionsführer mit Steinen beworfen, deshalb haben sie ihn festgenommen.“
„ Ich habe die Risse in der Scheibe gesehen“, bestätigt sie mir.
„ Ich kenne den Verstoßenen“, gestehe ich ihr, zögere jedoch fortzufahren. „Er ist ein Freund von mir, sogar ein sehr guter.“
Gespannt blicke ich in ihr Gesicht, doch es zeigt keinerlei Regung. Weder Abscheu noch Verständnis. D560 hört mir einfach nur zu, aber vielleicht ist es genau das, was ich brauche: Einen Zuhörer, der nicht urteilt.
„ Ich musste entscheiden, ob er sterben oder vergessen soll. Ich habe mich für das Zweite entschieden und war deshalb gerade bei ihm, obwohl es mir verboten war.“
„ Und? Hat es funktioniert? Hat er dich vergessen?“
Ich nicke traurig. „Er hat sich zwar irgendwie gefreut, mich zu sehen, aber er wusste nicht einmal, wer ich bin.“
D560 sieht mich mitfühlend an. „Das tut mir leid für dich.“
Ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen steigen. „Er würde mich hassen, wenn er wüsste, was ich ihm angetan habe. Er wäre lieber gestorben, als hier leben zu müssen.“
Meine Worte scheinen irgendetwas in D560 zu bewegen, denn ihr Blick wird plötzlich ganz starr. „Ich beneide ihn.“
Das verstehe ich nicht. Wie kann man jemanden beneiden, der nicht einmal mehr weiß, wer er selber ist? „Warum?“
„ Ich würde alles dafür tun, um einfach nur vergessen zu können.“ Bei ihren Worten blickt sie mich weiterhin nicht an, sondern starrt wie hypnotisiert auf einen Punkt in der Ferne.
„ Was möchtest du vergessen?“
Sie schließt für einen Moment die Augen und sieht mich dann an. Tränen verschleiern ihren Blick, genau wie meinen. „Darüber darf ich nicht sprechen.“
Jetzt hat sie meine volle Aufmerksamkeit. „Wer verbietet es dir?“
Sie zuckt traurig mit den Schultern. „Was denkst du wohl?“
„ Die Legionsführer?“
Sie nickt.
„ Aber ich bin auch eine Legionsführerin. Ich erlaube dir, es mir zu erzählen. Ich sage es auch keinem weiter.“
„ Was würde es dann ändern, wenn du es für dich behältst?“
„ Ich könnte etwas ändern, ohne mit den anderen darüber zu sprechen“, versuche ich, ihr Mut zu machen. Doch sie glaubt mir nicht.
„ Nimm es mir nicht übel, aber ich weiß, dass du ihnen nicht gleichgestellt bist. Du hast doch nicht einmal die Erlaubnis für alle Türen, oder?“
Ich gebe es nur ungern zu, aber da hat sie wohl recht. „Noch nicht“, entgegne ich ihr deshalb.
Verwirrt runzelt sie die Stirn. „Wie bist du dann eigentlich auf die Krankenstation gekommen?“
Mir ist bewusst, dass sie nur versucht, vom eigentlichen Thema abzulenken, aber ich vermeide es, sie darauf anzusprechen. Ich will sie nicht bedrängen und dadurch ihr Vertrauen verlieren.
„ A566 hat mir geholfen.“
Ihre Miene versteinert sich augenblicklich. „Du solltest keine Hilfe von ihm annehmen.“
„ Warum nicht?“ Weiß sie mehr über ihn als ich?
„ Er ist nicht der, für den du ihn hältst.“ Sie spricht in Rätseln. Was soll das bedeuten? Doch bevor ich sie fragen kann, steht sie von dem Bett auf und signalisiert mir damit deutlich, dass sie mir keine weiteren Fragen beantworten wird.
„ Du solltest jetzt schlafen. Morgen wird es sicher eine Konferenz wegen deinem Freund geben und du wirst deine ganze Kraft brauchen, um ihn zu verteidigen.“
Sie schlägt meine Bettdecke zurück, so als wäre ich ein Kleinkind und sie die Erzieherin. Trotzdem steige ich gehorsam in das Bett und lasse es zu, dass sie mich zudeckt. Ihre Fürsorge erinnert mich etwas an Florance. Der Gedanke an die Rebellen ist tröstlich, so fühle ich mich Finn etwas näher.
Doch als D560 zurücktreten will, greife ich vorsichtig nach ihrem Arm. Sofort zuckt sie zusammen, so als hätte ich sie verbrannt. Langsam lasse ich ihren Arm wieder los. „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken. Willst du dich nicht zu mir legen? Das Bett ist groß genug für uns beide.“
„ Es steht mir nicht
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