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Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)

Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)

Titel: Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Shepherd
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zu“, entgegnet sie verschüchtert und fährt sich mit der Hand über die Stelle an ihrem Arm, an der ich sie berührt habe.
    „ Ich erlaube es dir“, versichere ich ihr. Ich sehe das Zögern in ihrem Gesicht, aber bin erleichtert, als sie sich tatsächlich an den Rand der anderen Betthälfte legt. Sie rollt sich zusammen, wie es Dumbo, der kleine Wüstenfuchs von Iris, immer getan hat. Es wirkt so, als müsse sie sich schützen. Doch vor was?
     
    Am nächsten Morgen fühle ich mich, als hätte ich die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Bereits mein erster Gedanke gilt Finn. Vielleicht war es ein Fehler, ihn direkt nach der Operation zu besuchen. A350s Wut muss ihn geängstigt haben. Ob er wohl schon wach ist? Wie erklärt sich jemand, der sich an nichts erinnern kann, dass er in einer Zelle ohne Fenster festgeschnallt ist? Wenn ich mit ihm tauschen könnte, würde ich es sofort tun.
    Als ich zu meiner Rechten blicke und D560 sehe, erschrecke ich im ersten Moment. Ich hatte vollkommen vergessen, dass sie da ist. Auch jetzt rührt sie sich kaum. Sie liegt noch genauso da wie in der Nacht, als sie eingeschlafen ist. Es ist die Haltung eines Fötus. Man könnte fast meinen, sie wäre tot. Allein das leichte Heben und Senken ihrer Brust verrät sie. Sie wirkt so schwach und zerbrechlich neben mir, dass ich ihr am liebsten behutsam über den kahlen Kopf streicheln würde.
    Plötzlich klopft es an der Tür und D560 schreckt auf, als wäre sie geschlagen worden. Sie bringt sich neben der Tür in Position, so als habe sie dort die ganze Nacht Wache gestanden.
    Durch meinen Fingerabdruck lasse ich A350 eintreten. Sie hat sich etwas beruhigt. Jedoch wirkt ihre Haltung mir gegenüber kühler als die Tage zuvor.
    „ Es gibt eine Sonderkonferenz. Komm mit!“
    So früh schon? Ist noch etwas passiert, von dem ich nichts weiß? „Ich habe noch nicht gefrühstückt“, erwidere ich spontan, um so herauszufinden, wie spät es ist. Dem Blick aus dem Fenster nach zu urteilen, müssten wir bereits Mittag haben. Habe ich so lange geschlafen?
    „ Das Frühstück hast du verpasst. Du wirst später genug Zeit haben, um es nachzuholen.“
    Ich spüre deutlich, dass sie immer noch sauer auf mich ist, und habe deshalb ein schlechtes Gewissen, obwohl ich jederzeit wieder zu Finn gehen würde. Ich bereue es nicht. Ich wünschte nur, dass A350 mich verstehen könnte. Um sie nicht noch mehr gegen mich aufzubringen, folge ich ihr deshalb gehorsam in den Konferenzsaal. Die anderen sind bereits alle versammelt, so wie auch der leitende Arzt und der oberste Kämpfer.
    A489 erhebt sich, um mit seinem Bericht zu beginnen: „Ich begrüße euch. Bevor wir auf die unschönen Ereignisse des vergangenen Tages zu sprechen kommen, muss ich euch leider über schlechte Neuigkeiten aus der östlichen Legion berichten. Auch dort gab es gestern einen Angriff auf die Legion. Dabei wurden Verstoßene der nördlichen Legion wiedererkannt, die sich mit den östlichen zusammengeschlossen haben. Ihre Streitkraft beträgt geschätzt 100 Personen, mehr, als wir je gedacht hätten. Bei dem Angriff wurde ein Wassertank so stark beschädigt, dass eine Versorgung nicht länger möglich war. Die östliche Legion wurde jedoch bereits mit einer Lieferung der Zentrale wieder stabilisiert.“
    Empört schütteln die anderen Legionsführer die Köpfe über die Tat der Rebellen. Obwohl auf dem Schwarzmarkt auch Vertreter der östlichen Legion waren, kann ich mich an keinen von ihnen erinnern. Sie schienen mir sehr zurückhaltend. Es wundert mich, dass sie zusammen mit Raymond und dem Norden einen solchen Angriff gewagt haben. Wie lange wird es wohl noch dauern, bis sie auch zu uns in den Westen kommen?
    Das Wort geht weiter an den obersten Kämpfer, doch er zögert und blickt dabei immer wieder in meine Richtung. Was gibt es, das er nicht vor mir aussprechen möchte? Gab es einen weiteren Angriff der Rebellen? Wurde dieses Mal etwa jemand getötet?
    „ Innerhalb der Sicherheits- und Schutzzone gibt es keine Vorkommnisse zu melden“, berichtet er ausweichend und fixiert dabei A489 mit seinem Blick. „Wir haben jedoch eine Sichtung außerhalb der Schutzzone gemacht.“
    A489 schreitet sofort ein. „Ich verstehe. Eine weitere Erläuterung wird nicht nötig sein.“
    Verwirrt blicke ich mich in dem Saal um. Die anderen wirken alarmiert. Weiß hier jeder, wovon die Sprache ist, außer mir? Was ist es, das sie mir verheimlichen? Was haben sie außerhalb der Strommauer gesichtet?

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