Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)
Frieden zwischen den Verstoßenen und der Legion. Wir ließen sie ihr Leben führen, so wie sie es wollten, und trotzdem war es ihnen nicht genug. Sie bestehen auf die Abschaltung der Strommauer und das ist ausgeschlossen.“
„ Aber nur, weil sie nicht verstehen, wofür die Strommauer errichtet wurde. Wenn ihnen jemand erklären würde, dass so auch die Radioaktivität außerhalb der Zone bleibt, wären sie sicher auch nicht mehr für eine Abschaltung.“
A233 blickt zögernd zu A350, doch diese schüttelt nur den Kopf. Was hat das zu bedeuten? Wieder geht es um den einen Punkt, den mir alle nach wie vor verschweigen. Was ist es? Verzweifelt blicke ich zu A566. Weiß er es? Würde er es mir verraten? Doch sein Gesicht ist wie eine Maske: undurchschaubar.
Ich denke an Gustav. Er hat das Experiment mitentwickelt. Er muss über die Radioaktivität Bescheid wissen. Warum hat er es nie vor den anderen erwähnt? Lässt er sie absichtlich im Ungewissen darüber? Will er etwa, dass wir uns gegenseitig bekriegen? Wenn ich doch nur mit ihm reden könnte.
Warum antwortet mir niemand?
„ Außerhalb der Zone ist die Luft und die Erde doch noch radioaktiv verseucht oder nicht?“, frage ich zweifelnd in den Raum hinein.
Erstaunlicherweise zeigt sie A489 plötzlich versöhnlich. „Wir werden erneut Messungen durchführen lassen und auf die Ergebnisse warten, bevor wir einen weiteren Angriff planen.“
Es sieht ihm nicht ähnlich, mir entgegenzukommen. Warum jetzt? Will er nur die Diskussion beenden und von dem Thema ablenken? Was verheimlichen sie mir?
A489 erteilt dem leitenden Arzt das Wort.
„ Die Eingliederung von D577 ist erfolgreich verlaufen. Er passt sich gut seiner Umgebung an und erledigt die ihm zugeteilten Aufgaben widerstandslos und gewissenhaft. Er stellt keine Fragen zu seiner Person oder seiner Vergangenheit. Auch sonst ist kein auffälliges Benehmen zu erkennen.“
Warum sagt der Arzt nicht gleich, dass die Verwandlung von einem fühlenden Menschen in einen kalten Roboter geglückt ist? Aber eines wundert mich nun doch. Hat Finn mich den Ärzten gegenüber nie erwähnt? Er schien zuletzt sehr wütend darüber zu sein, mich zu sehen. Er wollte mich nicht in seiner Nähe haben und wirkte richtig verängstigt. Warum hat er sich nicht über mich beschwert? Ich an seiner Stelle hätte es getan. Schützt er mich vielleicht doch?
Erst jetzt bemerke ich, dass mich A350 die ganze Zeit von der Seite beobachtet. Was erwartet sie, in meinem Gesicht zu sehen? Eine Reaktion auf Finn?
„ Gibt es Meldungen aus der Krankenstation?“, erkundigt sich A350 nun. Möchte sie so herausfinden, ob ich wieder da war?
„ Der Zustand der Patienten ist gleichbleibend stabil. Keine Vorkommnisse!“
So nennt er es also, wenn jemand fast seinen Verstand verliert, so wie Zoe? Gleichbleibend stabil? Das kann wohl kaum sein Ernst sein.
„ Da muss ich leider widersprechen. Ich habe über die Kameraaufnahmen ein paar der Patienten beobachtet und sie schienen mir alle in einem apathischen Zustand. Ihnen fehlt der menschliche Kontakt“, werfe ich wütend ein.
Überraschenderweise stimmt der Arzt mir sogar zu. „Eine Apathie ist nicht von der Hand zu weisen. Doch es ist ein Zustand, in dem der Patient keine Gefahr für andere darstellt...“
„ ...sondern nur für sich selbst“, beende ich seinen Satz. „Eine Krankenstation sollte dazu da sein, die Menschen zu heilen, und nicht, sie ihrer Krankheit zu überlassen.“
„ Die Sicherheit der anderen Bewohner steht an erster Stelle. Wir können nicht das Risiko eingehen, dass ein Patient andere Menschen verletzt“, verteidigt sich der Arzt abwehrend.
„ Nicht jeder ist Patient auf der Krankenstation, weil er gewalttätiges oder aggressives Verhalten gezeigt hat. Warum werden die Patienten wie Verbrecher behandelt? Welches Verbrechen wird ihnen zur Last gelegt?“
A489 übernimmt genervt das Wort. „Die Patienten verbreiteten Unruhe und Lügen, mit denen sie die anderen Bewohner der Sicherheitszone verunsicherten. Es ist unsere Pflicht, die Menschen zu schützen.“
„ Menschen lernen aus ihren Fehlern. Die Legion hat aus den Fehlern unserer Vorfahren gelernt. Deshalb tun wir alles, um einen Krieg zu vermeiden. Wenn wir jedoch den Patienten der Krankenstation vorwerfen, dass eine Besserung für sie ausgeschlossen ist, dann ist es auch für uns ausgeschlossen, einen weiteren Krieg zu vermeiden. Wenn wir wirklich an eine Veränderung glauben wollen, dann müssen wir das
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