Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)
auch beweisen.“
A350 nickt mir anerkennend zu. Ihr hat meine Rede gefallen. Ich muss zugeben, dass es ein kluger Schachzug war. Wenn A489 mir nun widerspricht, widerspricht er auch den Grundsätzen der Legion.
Doch anstatt ihm antwortet A350: „Ich stimme A518 zu. Sie hatte bereits vor der Einführung der gemeinsamen Nahrungsvergabe vorgeschlagen, die Patienten der Krankenstation daran zu beteiligen, um so eine Wiedereingliederung zu ermöglichen. Ihr Vorschlag wurde aufgrund des zu hohen Risikos abgelehnt. Doch die gemeinsame Nahrungsvergabe funktioniert problemlos. Deshalb halte ich es für sinnvoll, nun auch die Patienten daran zu beteiligen. Bei denen, die sich anpassungsfähig zeigen, sollte eine Eingliederung nicht länger ausgeschlossen werden.“
Ich kann nicht anders, als ihr dankbar zuzulächeln. Endlich ziehen wir wieder an einem Strang. Endlich unterstützt sie mich wieder, so wie sie es bereits seit unserer ersten Begegnung getan hat. Mir war selbst nicht bewusst, wie viel mir an ihrer Meinung liegt.
Auch A233 zeigt sich einverstanden. „Einen Versuch ist es wert. Wenn wir weniger Patienten auf der Krankenstation hätten, könnten wir mehr Kämpfer für Kontrollgänge außerhalb der Sicherheitszone einsetzen, anstatt sie in der Krankenstation Wache stehen zu lassen.“
Die Meinung von A350 und A233 scheint auch die anderen zu überzeugen, denn alle stimmen dem Vorschlag zu, sodass es nicht einmal zu einer Abstimmung kommt. Selbst A489 wendet nichts dagegen ein, obwohl ihm der Verlauf der Konferenz offensichtlich nicht gefällt, denn er hat seine Arme verärgert vor der Brust verschränkt. Ich freue mich jetzt schon darauf, Zoe morgen zurück in der Sicherheitszone begrüßen zu können. Auch wenn es erst mal nur für wenige Minuten ist, wird ihr der Kontakt zu anderen Menschen sicher Hoffnung geben. Und vor allem wird sie Finn nach zwei Jahren zum ersten Mal wiedersehen. Ich hoffe nur, dass sie auch etwas bei ihm auslöst. Vielleicht spürt er die Verbindung zu ihr, auch ohne seine Erinnerung.
Als ich am Abend nach dem Essen in meinem Zimmer sitze, bin ich zum ersten Mal seit Tagen wieder alleine. Obwohl D560 mich belogen hat, vermisse ich jetzt ihre Anwesenheit. Sie hat nie viel gesprochen, und trotzdem habe ich mich in ihrer Nähe wohl gefühlt. Egal, was ich ihr erzählt habe, sie schien es zu verstehen. Ich kann nicht glauben, dass sie mir das alles nur vorgespielt hat, um in einem schöneren Zimmer schlafen zu können. Aber ich möchte sie auch nicht erneut zu mir einladen. A350 würde das sicher nicht gefallen und ich brauche ihre Unterstützung. Das möchte ich nicht aufs Spiel setzen. Zudem sehne ich mich viel mehr nach jemand anderem: Finn. Wenn ich an das Wiedersehen mit ihm und Zoe denke, werde ich ganz nervös. Mein Herz beginnt zu rasen und meine Hände fangen an zu zittern. Ich habe Angst davor, dass er sich ihr gegenüber genauso abweisend benehmen wird wie bei mir. Aber gleichzeitig fürchte ich auch, was es in mir auslösen würde, wenn er sie wiedererkennen würde. Ich möchte nicht eifersüchtig sein. Ganz im Gegenteil, ich möchte nur das Beste für ihn. Aber ich bin machtlos gegen meine Gefühle. Das war ich schon immer und das liegt wohl auch in der Natur des Menschen.
Vielleicht würde es helfen, wenn ich ihn etwas auf die Begegnung mit Zoe vorbereiten würde. Ich könnte ihm erzählen, was er mir über sie gesagt hat. Wie sehr er sie vermisst und Geschichten aus ihrer gemeinsamen Kindheit. Immer wenn er von ihr gesprochen hat, haben seine Augen geleuchtet und ein weicher Zug legte sich um seinen sonst so verkniffenen Mund. Sie ist seine Familie und alles, was er die letzten Jahre getan hat, tat er in der Hoffnung, sie eines Tages wiederzusehen. Selbst wenn er sich nicht daran erinnert, müsste es ihn doch zumindest neugierig auf Zoe machen.
A566 würde mir sicher noch einmal helfen. In der letzten Nacht ist auch alles gut gegangen und er war der Einzige, der sich überhaupt dafür interessiert hat, wie es mir geht. Es ist unfair, dass ich ihm weiter misstraue, obwohl er mich im Gegensatz zu D560 noch nie belogen hat. Sogar über sie hat er die Wahrheit gesagt. Jedenfalls teilweise. Er hatte mich davor gewarnt, dass sie lügt.
Ich muss zurück an die Konferenz denken. A489 hatte erzählt, dass in der nördlichen Legion die Kameraaufnahmen manipuliert worden waren. Das ist genau das, was auch A566 tut. Mir ist es bereits in der Konferenz aufgefallen, aber ich habe
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