Radioactive -Die Verstossenen
wird, wenn er erst wieder aus dem Loch raus ist. Vielleicht wird er mich dann mit derselben Kälte strafen wie zuvor. Vielleicht wird er nichts mehr von unserem Gespräch wissen.
Es war gar nicht so leicht , die Höhlen wiederzufinden, aber ich habe es geschafft. Als ich den anderen erzählt habe, was passiert ist, haben sie sich sofort mit mir auf die Suche gemacht. Nicht eine Sekunde haben sie an meinen Worten gezweifelt. Anscheinend vertrauen sie mir bereits blind und das , obwohl ich nur ein Experiment für sie darstelle. Ich hätte sie in eine Falle locken können, vielleicht hätte ich die Legion ja bereits benachrichtigt, aber auf die Idee scheinen sie gar nicht erst zu kommen. Ich weiß nicht, ob ich mich über ihr Vertrauen freuen oder sie eher dafür bedauern soll. Finn hat Recht , niemandem zu vertrauen. Es macht verletzbar.
Als wir Finn erreichten, setzte bereits die Dämmerung ein. Er wirkte ehrlich überrascht , uns zu sehen, trotzdem wechselte er kein Wort mit mir.
Jetzt liege ich mit Iris im Bett und lasse mir von ihr über Emilys Geburtstagsfeier erzählen, die wir verpasst haben.
„Emily ist jetzt neun Jahre alt, genauso alt wie ich. Dieses Jahr wäre ich vom Kleinkind zur Heranwachsenden aufgestiegen. Ich wäre E701 geworden und hätte Rot anstatt Gelb tragen dürfen.“ Obwohl ich bisher das Gefühl hatte, dass es ihr bei den Rebellen gut gefällt, scheint es jetzt , als würde sie bedauern , dies alles in der Sicherheitszone nicht miterleben zu können.
„Emily hatte einen Cranberrykuchen nur für sich. Darauf waren neun Kerzen, die durfte sie alle auspusten und sich etwas wünschen. Eigentlich darf man nicht sagen, was man sich gewünscht hat, weil es dann nicht in Erfüllung geht, aber Emily hat es mir heimlich trotzdem erzählt. Sie hat sich gewünscht, dass ihr Papa zurückkommt, der ist nämlich im Himmel.“
Ich höre Iris nur mit halbem Ohr zu, versuche dabei aber ein interessiertes Gesicht zu machen. Meine Gedanken sind bei Finn. Ich habe nicht erwartet, dass er sich bei mir bedankt, aber er hätte mich doch wenigstens einmal anschauen können. Er hat so getan , als wäre er die ganze Zeit alleine in dem Loch gewesen und die anderen nur zufällig bei ihm vorbei gekommen. Er hat so getan , als wäre ich nicht da.
„Sie hat von Grace eine selbst genähte Puppe bekommen. Sie heißt Laura und hat genauso rote Haare wie Emily.“
Seitdem hat er sich nicht mehr bei mir blicken lassen. Sobald wir wieder in der Höhle waren , ist er zu den heißen Quellen gegangen. Auch später beim Essen habe ich ihn nicht mehr gesehen.
„Cleo, woher wissen wir denn , wann wir Geburtstag haben?“
Ob er heute wohl wieder vor unserer Tür schläft?
„Cleo?“
Oh, sie redet mit mir. „Hast du mich etwas gefragt?“
„Hörst du mir nicht zu?“
„Doch natürlich, ich bin nur schon so müde.“
„Ach so, ist nicht so schlimm, du hattest heute ja auch einen sehr anstrengend Tag. Wann habe ich Geburtstag, Cleo?“
„Das weiß ich nicht, warum fragst du?“
„Ich will auch einen Kuchen haben und ein Fest feiern, bei dem mir alle gratulieren.“
Erst jetzt fällt mir auf , wie traurig sie sich anhört. Sofort schäme ich mich dafür , ihr so wenig Aufmerksamkeit geschenkt zu haben.
„Such dir doch einfach selbst deinen Geburtstag aus. Wir sind doch auch Schwestern. Niemand kann sagen , wann du wirklich Geburtstag hast.“
„Meinst du , das geht?“
„Na klar, warum nicht?“
„Dann könnte ich direkt morgen meinen Geburtstag feiern?“, fragt sie mit großen Augen und kindlicher Begeisterung, sodass ich zu lachen beginne.
„Vielleicht nicht direkt morgen, sonst habe ich ja gar kein Geschenk für dich.“
Ihre Augen werden noch größer und sie beginnt , über das ganze Gesicht zu strahlen. „Du schenkst mir was?“
„Natürlich!“
„Und wann?“, jetzt ist sie ganz aufgeregt und ich sehe ihr deutlich an, dass sie am liebsten sofort und auf der Stelle ihren Geburtstag feiern würde.
„Ich verspreche dir , du wirst es merken, wenn es soweit ist.“
„Aber was ist , wenn ich verschlafe?“
„Dann komme ich und wecke dich.“
Dass sie meistens lange vor mir wach ist, spielt dabei keine Rolle.
„Ist es noch diese Woche?“
„Überraschung!“
Iris beginnt zu kichern. „Jetzt bin ich ganz nervös.“
„Dann solltest du am besten ganz schnell schlafen, dann rückt dein Geburtstag immer näher.“
Sie kuschelt sich dicht an mich und schließt die Augen.
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