Raecher des Herzens
dieses Problems vor Augen geführt. Nun wurde ihr eng ums Herz. Das Kind einer Sklavin war dazu verdammt, ein Sklave zu sein, auch wenn sein Vater ein freier Mann war. So wollte es seit mehr als hundert Jahren ein Gesetz, das noch aus der Zeit stammte, in der Louisiana eine französische Kolonie gewesen war. »Oh, Suzette! Das tut mir wirklich schrecklich Leid.«
»Mir auch. Und Olivier geht es genauso. Aber es hilft nichts.«
»Glaubst du nicht, dass er seine Meinung noch ändern könnte?«
Suzette schüttelte energisch den Kopf. »Er hat einen ... einen sehr festen Willen und er hat sich sehr gut im Griff.«
Celina wusste, wovon Suzette sprach. Sie fand es noch immer erstaunlich, mit welch ungeheurer Selbstkontrolle Rio seine eigene Leidenschaft gezügelt hatte. »Aber das heißt noch lange nicht, dass Olivier dich nicht will.«
»Das macht alles nur noch schlimmer. Ein Stück Papier, und ich wäre frei. Wir könnten heiraten und eine Familie gründen. Aber so wie die Dinge jetzt liegen, gibt es keine Zukunft für uns.«
»Ich könnte mit Vater darüber sprechen«, begann Celina.
»Glaubst du, daran haben wir nicht gedacht? Monsieur Vallier würde eine Entschädigung verlangen. Immerhin muss damals für meine Mutter ein ordentlicher Preis bezahlt worden sein. Ich weiß, dass man Sklaven freikaufen kann. Aber dazu fehlen Olivier die Mittel. Sicher würde Monsieur Rio ihm das Geld leihen, aber er hat ja selbst nichts übrig. Alles, was er einnimmt, steckt er wieder in das Studio. Den Rest spart er für ein großes Vorhaben.«
»Ein großes Vorhaben? Was könnte das sein?«
»Das hat Olivier mir nicht gesagt. Aber offenbar arbeitet Monsieur Rio schon seit langem und mit großer Zähigkeit daraufhin. Um sein Ziel zu erreichen, schuftet er wie ein Besessener. Es ist ihm gelungen, sich buchstäblich aus dem Nichts einen hervorragenden Ruf als Fechtinstruktor aufzubauen, und so ist er seinem geheimnisvollen Ziel inzwischen wohl fast zum Greifen nahe. Olivier meint, Monsieur Rio in dieser Situation um Geld zu bitten, könnte das Aus für dessen lang gehegte Pläne bedeuten.«
»Das klingt ziemlich mysteriös.«
Suzette lächelte bitter. »Das ist durchaus beabsichtigt. Olivier spricht nicht viel darüber. Er möchte nicht, dass jener Mann zu Schaden kommt, dem er Treue bis zum Tod geschworen hat. Alles, was ich dir jetzt gesagt habe, musste ich mir mühsam zusammenreimen.«
»Monsieur Rio muss ein ganz besonderer Mensch sein, um eine so bedingungslose Treue zu verdienen.« Derart von Rio zu sprechen, verschaffte Celina ein seltsames Gefühl der Genugtuung. Dabei wusste sie genau, dass sie lieber schweigen sollte.
»Olivier sagt, der Maitre habe ihm nicht nur selbstlos das Leben gerettet, er habe außerdem nie daran ge-dacht, ihn zu versklaven. Er verehrt Monsieur Rio wie einen Heiligen. Wenn ich das Recht dazu hätte, wäre ich eifersüchtig.«
»Aber mir scheint, Olivier bist du mindestens ebenso wichtig wie ein Kind, das aus eurer Verbindung entspringen könnte. Es wäre schließlich nicht einfach für dich, wenn du schwanger würdest.«
»Mag sein. Aber mir wäre es lieber, wenn er nicht so viel denken würde. Ich will, dass er mich genauso leidenschaftlich liebt wie ich ihn.«
»Seinen Instinkten nachzugeben ist einfach. Viel schwieriger und bei Männern selten anzutreffen ist die Kunst, sich zu beherrschen.«
»Das stimmt wohl«, sagte Suzette. Dabei stiegen ihr erneut Tränen in die Augen. »Aber weh tut es trotzdem.«
Celina suchte nach tröstenden Worten, doch ihr wollte nichts Rechtes einfallen. Nachdenklich nahm sie einen Schluck Kaffee. Sie würde mit dem Vater über Suzette reden, aber sie musste einen günstigen Zeitpunkt abpassen. Wenn er erst einmal erfahren hatte, was mit ihr geschehen war, würden ihn Suzettes Probleme nicht mehr interessieren. Möglicherweise würde er dann gar nicht mehr mit ihr sprechen.
Es dauerte eine Weile, bis sich Celina dazu durchringen konnte zu sagen: »Auch ich hatte letzte Nacht Besuch.«
»Ich weiß«, antwortete Suzette leise. Sie wandte den Blick ab und wischte sich über die Augen. Dann faltete sie den Wandschirm zusammen und zog die Badewanne in die Mitte des Zimmers.
»Du weißt es? Aber ich dachte ...«
»Ich habe ihn nicht gesehen, aber Olivier sagte mir, dass er hier war.«
»Und du bist nicht zu mir gekommen?«
Die Zofe blickte auf. »Hast du mich denn gebraucht?«
»Nein.« Nun war Celina diejenige, die den Blick abwandte. »Ich habe ... ich
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