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Raecher des Herzens

Titel: Raecher des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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die Nacht verbracht hatte. Aber wie sollte man ihn erreichen? Offiziell kannte niemand die Adresse der Dame, der er seine nächtlichen Besuche abstattete.
    »Und was ist mit Tante Marie Rose? Liegt sie noch im Bett?«
    »Ich glaube schon. Soll ich ihr sagen, dass wir uns Sorgen machen?«
    »Ich spreche beim Frühstück mit ihr.« Celina schlug die Decken zurück und sprang aus dem Bett. »Aber sag dem Stallburschen, er soll sich bereithalten. Ich möchte Hippolyte Ducolet eine Nachricht schicken.«
    Celina und die Tante saßen noch beim Frühstück, als Denys’ Freund eintraf. Nur Mortimer, der ihm geöffnet hatte, war bei ihm. Celinas Herz sank. Sie hatte gehofft, Hippolyte würde Denys mitbringen. Sie erhob sich, reichte dem jungen Mann die Hand und dankte ihm, dass er so schnell gekommen war. Er verbeugte sich vor der Tante und nahm gern die Einladung zum Frühstück an. Celina goss ihm die heiße Milch aus großer Höhe in die Tasse, damit sie ordentlich schäumte. »Es tut mir Leid, dass ich Sie schon so früh belästigen muss«, sagte sie, »aber ich mache mir Sorgen um Denys.«
    »Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen zu Diensten zu sein, Mademoiselle Celina. Ich wünschte, ich könnte Sie beruhigen. Aber auch ich weiß nicht, wo Denys sein könnte.«
    »Das heißt, Sie haben ihn gestern Abend nicht mehr gesehen?«
    Hippolyte schüttelte den Kopf. »Das letzte Mal trafen wir uns durch Zufall auf der Straße. Wir sprachen nur kurz miteinander. Ich glaube, er war auf dem Weg zu de Silvas Studio. Wir verabredeten uns zu einem zeitigen Abendessen. Danach wollte er Sie und Ihre Tante zu der Soiree bringen. Dass er mich versetzt hat, überraschte mich zwar, aber eigentlich dachte ich mir nicht viel dabei.«
    Celina hatte plötzlich das Gefühl, das Korsett schnüre ihr die Luft ab. Dass Denys am vergangenen Abend gleich zwei Verabredungen nicht eingehalten hatte, weckte in ihr schlimme Befürchtungen. Sie schob den Teller beiseite. Der Appetit war ihr gründlich vergangen. »Warum haben Sie mir nicht schon gestern Abend von der geplatzten Verabredung erzählt?«
    »Ich glaubte, er sei nur irgendwo aufgehalten worden und würde sich spätestens am Morgen recht verlegen bei mir einfinden und tausend Entschuldigungen Vorbringen.« Hippolyte rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. »Es wunderte mich, dass er ohne mich los-gezogen war, das muss ich gestehen. Aber Sie wissen ja, wie das ist.«
    Celina ahnte, wovon er sprach. Es gab eine Gegend in der Stadt, die man gemeinhin als >den Sumpf< bezeichnete. Nur wenige respektable Bürger verirrten sich hei Tageslicht dorthin, und was sich nächtens dort abspielte, wusste Celina nur vom Hörensagen, ln jenem Viertel gab es Trinkhallen, Warenlager und gewisse Etablissements von mehr als zweifelhaftem Ruf, welche vor allem von Flussschiffern und von den Matrosen jener großen Schiffe frequentiert wurden, die in den Docks vor Anker gingen. Viele junge Gentlemen zog es im Laufe ihres Junggesellendaseins wenigstens einmal dorthin. Die Folgen waren oft katastrophal. Junge Damen aus gutem Hause durften noch nicht einmal zugeben, etwas von diesem Viertel zu wissen.
    Bevor das Schweigen allzu bedrückend werden konnte, ergriff Tante Marie Rose das Wort. »Das klingt alles sehr beunruhigend, und ich bin schon ganz krank vor Sorge. Fällt Ihnen denn wirklich kein einziger Ort ein, Monsieur Hippolyte, wo Denys sein könnte? Oder hat ihn vielleicht eine dringende Angelegenheit aus der Stadt geführt?«
    »Ich wünschte wirklich, ich könnte Sie beruhigen, Madame.« Hippolyte breitete hilflos die Arme aus und verschüttete dabei fast seinen Kaffee. »In letzter Zeit war Denys für die üblichen Zerstreuungen nur schwer zu begeistern. Er war zu besorgt um Mademoiselle Celinas Zukunft. Und dann ist da noch die Sache mit Monsieur de Silva ...«
    »Wovon sprechen Sie?«, fragte die Tante mit deutlichem Unbehagen. »Ich dachte, die Geschichte sei vergessen und vorbei.«
    »Das ist sie auch, soweit es das Duell betrifft. Aber Denys hat eine hohe Meinung vom Silbernen Schatten. Es bedrückte ihn, dass sein Duell mit ihm so viele weitere nach sich zog, von de Silvas Kampf gegen Broyard ganz zu schweigen.«
    »Denys hat keinen Grund, sich Vorwürfe zu machen. Für die anderen Duelle konnte er schließlich nichts.«
    »Mag sein, Madame. Aber Denys fühlt sich dennoch in der Verantwortung.«
    »Das sieht ihm ähnlich.« Tante Marie Rose tupfte sich mit einem spitzenbesetzten Taschentuch eine Träne

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