Rächerin der Engel
Suche fort. Vielleicht finden wir ja heraus, wohin er gegangen ist und mit wem er sich getroffen hat, und können diesen Fall doch noch klären. Aber ich glaube nicht, dass wir das noch heute Abend versuchen sollten.«
»Sie sind erschöpft, Kind«, sagte Lavinia in vorwurfsvollem Ton.
»Jetzt können wir aber nicht aufhören«, erwiderte Bree. »Wir kommen der Sache immer näher.«
»Vielleicht wäre es wirrklich besser, wenn wir alle eine Pause machen.« Petru seufzte. »Rose hat mir für heute Abend Schmorbraten versprochen. Ich liebe Schmorbraten.«
»Schmorbraten?«, gab Bree aufgebracht zurück. »Wir sind kurz davor, jemanden zur Strecke zu bringen, der zwei Menschen umgebracht hat, und Sie reden von Schmorbraten?«
Ihr Handy klingelte. Ungehalten klappte sie es auf. Auf dem Display stand: FRANCESCA . Bree ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken.
»Ihre Eltern, glaube ich«, sagte Petru freundlich.
Bree hielt sich das Handy ans Ohr. Die helle Stimme ihrer Mutter klang besorgt. »Bist du das, Schätzchen?«
»Hallo, Mama.«
»Dein Vater und ich sind hier im Haus am Factor’s Walk.«
»Ja, Mama.«
»Hat Antonia dir gesagt, dass wir kommen?«
»Glaub schon, Mama.«
»Musst du noch lange arbeiten, Liebes?«
Bree sah Petru, Ron und Lavinia an. Alle drei schüttelten den Kopf, und Ron formte mit den Lippen das Wort Feierabend . »Nein, Mama. Ich bin gleich bei euch.«
Bree trottete nach Hause.
Francesca Winston-Beaufort war klein und rundlich und hatte Antonia die roten Haare sowie die blauen Augen vererbt. Ihr Mann Royal erzählte gern, dass er sich bei ihrer ersten Begegnung vor dreißig Jahren in der Mensa der Duke University zuerst in ihr rotes Haar und erst später in die ganze Frau verliebt habe.
Als Bree und Sascha durch die Hintertür in die Küche kamen, hatte ihre Mutter bereits den Esszimmertisch für vier Personen gedeckt, grünen Salat und Obstsalat zubereitet sowie Brötchen aufgebacken. In der Küche duftete es köstlich. »Was du da riechst, ist Adelinas Pilzauflauf, den ich gerade in den Ofen geschoben habe. Ich habe ihn aus Plessey mitgebracht. Und Zimtröllchen hat sie auch mitgeschickt.« Ihr Blick huschte über die magere Gestalt ihrer Tochter, doch sie verkniff sich jeden Kommentar. »Dein Vater ist zu Cissy gefahren, um Antonia abzuholen.«
»Dann sollten wir auch ein Gedeck für Cissy auflegen«, schlug Bree vor. Sie gab ihrer Mutter einen Kuss und setzte sich an den Küchentisch.
»Du meinst, weil sie darauf brennt, alles über diesen entsetzlichen Mord zu erfahren? Da dürftest du recht haben.« Francesca bückte sich, um Sascha zu streicheln. »Und du siehst ja für einen Hund, der sich von einer Schusswunde erholt, ganz prächtig aus.« Sie strich ihm mit dem Daumen über das Fell. »Aber, Liebes. Das sieht doch bloß wie ein Kratzer aus. Nach dem, was deine Schwester erzählt hat, dachte ich, der arme Sascha habe eine Riesennarbe.«
»Bei ihm heilen Wunden sehr gut«, erklärte Bree. Gleichzeitig nahm sie sich vor, ihre Schwester wegen ihrer Schwatzhaftigkeit zur Rede zu stellen.
»Das arme Hundchen hat ja wirklich viel durchgemacht. Erst dieses Fangeisen und das gebrochene Bein, dann die Schusswunde …« Ihre Mutter setzte sich auf den Stuhl gegenüber und sagte mit gespielter Beiläufigkeit, auf die Bree jedoch nicht hereinfiel: »Seit du hierher gezogen bist, ist dein Leben ziemlich aufregend geworden.«
»So ist es.«
Francesca trug ihre Lieblingskombination, die aus einem Seidenhemd und einer seidenen Hose bestand, diesmal in einem tiefen Blau, das gut zu ihren Augen passte. Sie setzte eine entschlossene Miene auf, worauf sich ihr Gesicht leicht rötete und ihre Augen noch blauer wurden. »Bree, dein Vater und ich sind der Ansicht, dass du dich mit Franklins alter Kanzlei und all dem anderen etwas übernommen hast.«
Bree wusste, was jetzt folgen würde: Diese Arbeit ist viel zu gefährlich, Bree. Wir möchten, dass du nach Raleigh zurückkommst, um wieder in der Kanzlei deines Vaters zu arbeiten, Bree. Und was würde sie entgegnen? Halt dich da raus, Mama. Oder eher, da sie sie so heiß und innig liebte: Ich kann gut auf mich selbst aufpassen, Mama.
»Mir gefällt deine Frisur, Mama«, stellte Bree fest, um ein anderes Thema anzuschneiden.
Francesca biss sich auf die Unterlippe. Dann stieß sie einen tiefen Seufzer aus und gab es auf. »Dieser neue Stil gefällt dir also?« Sie tupfte an den kurzen roten Locken herum. »Du weißt ja, dass dein Vater
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