Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)
nicht so einfach.«
»Einfach, einfach, einfach! Das ist doch mir wurscht! Was meinen Sie, warum ich an der Spitze Bayerns steh? Weil ich es mir immer einfach gemacht habe? Nein, überhaupt nicht. Schwer habe ich es mir gemacht. Sauschwer. Es ist geradezu ein Wunder, dass ich noch da bin, an der Macht, also in der Verantwortung. Nach allem, was ich gemacht habe!« Jetzt bemerkte der Ministerpräsident, dass er gerade dabei war, sich um Kopf und Kragen zu reden, und besann sich auf das Wesentliche: »Zurück zur Sache: Wir brauchen jetzt bayerische Methoden. Durchgreifen, einkesseln, rauspfeifen, ausspähen. Das ist jetzt gefragt. Härte, zack und bum. Und schon ist der Spuk beendet.«
Anne war überrascht: Was redete ihr oberster Dienstherr da nur für merkwürdiges Zeug? Sie konnte ja nicht wissen, dass der Ministerpräsident zum Frühstück ein besonderes Fitnessgetränk zu sich genommen hatte, eine Mixtur aus Weißbier, unbehandelter Kuhmilch und einem pappsüßen österreichischen Krafttrunk, der Flügel verlieh; die Mischung sah ekelhaft aus und schmeckte auch so, aber der Ministerpräsident hatte anstrengende Tage, da musste er dem Energieabfall mit allen Mitteln entgegenarbeiten, schmecke es, wie es wolle. Deshalb fragte Anne zur Sicherheit noch einmal nach: »Und was meinen Sie jetzt genau? Was sollen wir konkret unternehmen?«
Dass man ihm Gegenfragen stellte, war der Ministerpräsident nicht gewöhnt, aber seine Reflexe waren grandios. Ohne nachzudenken, sagte er deshalb: »GSG9. Die räuchern die Bankräuber aus!«
»Aber das haben wir doch schon versucht«, wandte Anne ein.
»Aber nicht richtig. Ihr schickt’s da jetzt sofort noch einmal die GSG9 rein. Aber richtig. Mit Dampf und Dings. Scharf schießen und am Ende gewinnen. Wie der FC Bayern.«
Anne räusperte sich und sagte dann: »Gut, ich gebe das so weiter. Die GSG9 soll noch einmal einen Zugriff starten.«
Als Anne ihren Chef Kurt Nonnenmacher über den Einsatzbefehl des Ministerpräsidenten informierte, war er heilfroh, nicht selbst am Apparat gewesen zu sein.
Aber er, wie im Übrigen auch Sepp Kastner, begrüßte die Entscheidungsstärke des Quasimonarchen. Schließlich dauerte die Geiselnahme nun bereits über eine Woche. Allmählich musste wirklich Schluss sein mit dem Terz. Menschenmassen jeglicher Haut- und Haarfarbe überschwemmten das Alpental, es reisten sogar Demonstranten aus den USA an, die sonst an der Wallstreet protestierten. Zuletzt hatte man so viele dunkelhäutige Amerikaner an dem See inmitten von Bergen gesehen, als jene das Tal vom Nazi-Joch nach dem Krieg befreit hatten. Seinerzeit hatten die Freunde aus Übersee Kaugummis und Zigaretten verteilt, heute verschenkten sie Gutschein-Plastikkarten für den Download des Protestsongs eines weltberühmten, der Occupy-Bewegung nahestenden Musikers. Das Lied hieß »Bank Robbery« und war von dem britischen Star mit der Erich-Honecker-Brille und der Vogelnestfrisur eigens für den deutschen Markt übersetzt worden. Der Text, den der Interpret mit seinem liebenswerten englischen Akzent sang, lautete wie folgt:
Willst du was Gutes tun, my friend,
dann geh zur Bank, wo man dich kennt.
Raub raus das ganze money,
denn Banken sind nicht funny.
They only want one thing:
They want your money, pling-pling-pling.
They sell their own grandmother.
They kill you and your brother.
Und das war der Refrain:
Bank Robbery, Bank Robbery,
ohne dich gibt’s Freiheit nie.
Bank Robbery, Bank Robbery,
ohne dich gibt’s Freiheit nie.
Als Anne ihm am Computer das Lied vorspielte, meinte Kurt Nonnenmacher nur, dass ihm der bayerische Defiliermarsch besser gefalle. Dann wählten die Ermittler die Nummer ihres Kollegen Schramm von der GSG9 an. Doch unter dem Anschluss des Leiters des »Einsatzkommandos Räuberdatschi« war nur die Mailbox zu erreichen.
»Dann müssen wir da wohl einmal hinfahren, zum Grundnerhof«, meinte Nonnenmacher. »Wer kommt mit?«
»Ich«, rief Anne, die froh war, endlich einmal dem orgiengleichen Demonstrations-Tohuwabohu zu entkommen.
Doch als der Inspektionsleiter und seine attraktive Mitarbeiterin die Wiese betraten, welche der GSG9 als Hubschrauberlande- und Zeltplatz diente, staunten sie nicht schlecht: Kein einziger Elitepolizist war vor Ort. Allein der Hubschrauber war zu sehen, doch von Einsatzbereitschaft konnte hier nicht die Rede sein. Vor Wut schnaubend stapfte Nonnenmacher zum nahe gelegenen Grundnerhof, wo er von der einstigen Sekretärin des
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