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Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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viele, aber selten tragen ihre Teilnehmer Flipflops, Baggy Pants und Strickbikinis.
    Das Streitgespräch, das anschließend in den Räumen stattfand, die einst der königliche Revierjäger Johann Baptist Mayr bewohnt hatte, zog sich bis tief in die Nacht hinein. Mehrmals musste der polnische Pater Koslowski frischen Wein aus dem nahe gelegenen Pfarrhaus holen. Mehrmals warf der koreanische Kaplan Kim Yung einen von auf dem Parkplatz lagernden Aktivisten ausgeliehenen Campingkocher an, um Bratwürste sowie die von ihm eigenhändig zubereitete koreanische Sauerkrautspezialität Kimchi aufzuwärmen. Die Bratwürste hatte übrigens der auch an dem See inmitten von Bergen lebende Präsident des besten Fußballvereins der Welt gespendet. Er, der im Nebenjob in Nürnberg eine Wurstfabrik betrieb, hatte seit jeher ein Herz für junge Menschen. Und die Nürnberger Bratwürste harmonierten prächtig mit dem vergorenen koreanischen Kraut.
    Dennoch wurde heftig gestritten. Das Mädchen im Strickbikini rückte Monsignore Lieberzeit derart auf den mediterranen Pelz, dass ihm nach vier Gläsern Rotwein die Aussage entfuhr: »Also, wenn Sie sich weiterhin so an meine Soutane drücken, dann weiß ich nicht, wie lange ich heute Abend noch frei von Sünde bleiben kann.« Anstatt Abstand zu nehmen, funkelte die rothaarige Revoluzzerin den Würdenträger mit ihren grünen Augen noch intensiver an, und Monsignore Lieberzeit beschloss, sich erst einmal auf der Toilette in Sicherheit zu bringen.
    Lange diskutierten die so unterschiedlichen Gipfelteilnehmer über das Für und Wider des von der Kirche propagierten Kondomverbots. Wobei den Pfarrern irgendwann kein vernünftiges Argument mehr einfiel, außer, dass man durch einen Kondomverzicht einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz auf einem ohnehin bereits im Plastikmüll versinkenden Erdball leisten könne. Dem hatten die Anonymous Kirchenräuber nichts entgegenzusetzen.
    Als bereits der Morgen graute, brach schließlich einer der Kirchenräuber, ein junger Mann mit Hornbrille, eine Lanze für die Abschaffung des Zölibats. Weltfremd sei es, nicht aus Lust Liebe zu machen, tönte der junge Revoluzzer, ganz gleich ob mit oder ohne Kondom. Immer weniger Kinder würden geboren, da sei auch die katholische Kirche einmal gefragt.
    Und siehe da, was ein ernsthaft geführter Diskurs doch bewirken kann: Als hätten sie eine göttliche Eingebung bekommen, zogen sich die kirchlichen Vertreter unversehens zu einer Unterredung auf der Mangfallbrücke zurück; unten rauschte das Wasser, oben die Köpfe.
    Es kam überraschend, aber als sie ins Jagerhaus zurückkehrten, bekannten sich die mächtigsten Katholiken an dem See inmitten von Bergen zur Abschaffung des Zölibats. Sie hätten sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht, insbesondere der koreanische Kaplan habe große Bedenken gehabt. Aber letztlich sähen sie auch ein, dass die in ihrer Firma vorherrschenden Personalprobleme endlich einmal angegangen werden müssten. Vielleicht würden ja tatsächlich mehr junge Männer den Priesterberuf ergreifen, wenn sie die Möglichkeit hätten, ihr Leben mit einer Frau zu teilen. Unter dem Strich bestehe sogar die Hoffnung, dass ein verheirateter Pfarrer zufriedener sei.
    Hierauf riss sich die Aktivistin im Strickbikini beglückt ihr Oberteil vom Leib und warf es aus dem Fenster, direkt in den am Haus vorbeifließenden Fluss. Monsignore Lieberzeit reagierte unverzüglich und zog die Soutane aus, um sie der entblößten Anonymous-Maria mit einem vielsagenden Seufzer überzustülpen.
    Was sich den Anwesenden nun bot, war ein Bild für die Götter – pardon – den Gott, also den einen, den katholischen: Denn nun saß der Pfarrer in weißer Unterwäsche am urigen Holztisch des Jagerhauses, und neben ihm tanzte in seinem Pfarrersgewand das Mädchen, das, wie so viele mutige Mädchen zu jener Zeit, mit allen ihr gegebenen weiblichen Waffen gegen die Vormacht des Bösen kämpfte. Wenn der selige Johann Baptist Mayr das gesehen hätte! Zeitlebens hatte er als »Wilder Jager« (so nannten ihn die Zeitgenossen) gegen die Verwahrlosung der Sitten in Form der Wilderei gekämpft, einmal hatte er sogar einen erst siebzehnjährigen Jungen mittels Jagdgewehr zur Strecke gebracht. Das Leben in den bayerischen Alpen war eben nicht immer nur schön, sondern auch lebensgefährlich.
    Stimuliert von der Euphorie der Situation nahm sich dann auch der beständig lächelnde koreanische Kaplan ein Herz und gestand, was im Tal

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