RAFA: Mein Weg an die Spitze (German Edition)
Soundso, kennst du den? Nein. Diesen Jungen? Nein. Und diesen? Nein. Nur fünf hatten als Profis eine gewisse Bekanntheit erlangt und sagten mir etwas. Toni triumphierte. »Siehst du? Deine Chancen, es als Profi zu schaffen, stehen eins zu fünf. Also, Rafael, lass dir den heutigen Sieg nicht allzu sehr zu Kopf steigen. Du hast immer noch einen langen, harten Weg vor dir. Es hängt alles nur von dir ab.«
Ganz allein von mir hing es auch ab, ob mir das Tennisspielen wichtig genug war, um den Fußball aufzugeben. Es war eine der schwersten Entscheidungen, die ich treffen musste, auch wenn letztlich die Umstände für mich entschieden.
Mittlerweile trainierte ich fünf Mal in der Woche, reiste zu Tennisturnieren ins Ausland und spielte in Europa gegen einige der weltbesten Jungen meiner Altersgruppe. Außerdem trainierte ich während der Woche aber auch mit meiner Fußballmannschaft und nahm an Wochenenden an Turnierspielen teil. Und zu alledem musste ich noch für die Schule lernen, worauf meine Mutter achtete. Irgendetwas musste ich aufgeben, aber ich wollte nicht auf den Fußball verzichten. Schon die Vorstellung brach mir das Herz. Am Ende blieb mir aber kaum etwas anderes übrig. Mir und meinen Eltern war klar, dass ich nicht alles machen konnte. Mein Kummer wäre noch größer gewesen, wenn nicht ein neuer Trainer unsere Fußballmannschaft übernommen hätte. Der frühere Trainer, den ich sehr mochte, hatte viel Verständnis dafür aufgebracht, dass ich nicht regelmäßig zum Training kommen konnte, ließ mich aber trotzdem gern weiterspielen, weil ich der beste Torschütze der Mannschaft war. Der neue Trainer war da anders. Er erklärte, wenn ich nicht wie alle anderen Jungen zum Training erschiene, dürfe ich nicht spielen. Wenn ich auch nur ein Training in der Woche ausließe, werfe er mich aus der Mannschaft. Das war’s dann. Ohne diesen Trainer wäre mein Leben vielleicht anders verlaufen. Mein Vater vermutet, dass ich ein guter Profifußballer hätte werden können. Wie er sagt, trainierte ich beim Fußball härter als alle anderen Jungen. Zudem hatte ich das unerschütterliche Vertrauen – oder den Irrglauben –, dass meine Mannschaft Spiele gegen jede Wahrscheinlichkeit gewinnen könne.
Dennoch glaube ich, dass mein Vater meine Fußballtalente überschätzt hat. Ich war gut, aber nicht sonderlich herausragend. Tennis war der Sport, in dem ich glänzte, obwohl Fußball mir ebenso viel oder vielleicht sogar noch mehr Spaß machte. Im Fußball gehörte ich zwar zu der Mannschaft, die die Balearen-Meisterschaft gewann, aber im Tennis war ich spanischer U12-Meister und stand im selben Jahr im Finale der spanischen U14-Meisterschaft. In der Fußballmannschaft war ich ein Jahr jünger als meine Mannschaftskameraden, im Tennis häufig sogar zwei – manchmal drei – Jahre jünger als meine Gegner.
Eine Entscheidung war fällig, und die Indizien waren unstrittig. Es musste Tennis sein. Ich bedaure es nicht, denn es war die richtige Wahl, und ich gehöre nicht zu den Menschen, die gern über Dinge lamentieren, die nicht zu ändern sind. Schon damals begriff ich das, glaube ich, recht gut. Auf YouTube ist ein Fernsehinterview von mir zu sehen, das ich als 12-Jähriger bei der spanischen U14-Meisterschaft gab. Nachdem ich erklärt hatte, dass ich täglich von 16 bis 20 Uhr trainieren würde, sagte ich: »Ich spiele gern Fußball, aber das ist nur zum Spaß.« Damals war ich kaum 12 Jahre alt und machte schon Karriere.
Toni ließ nicht locker. Er kannte keine Gnade. Mit 13 Jahren kam ich eines Tages nach dem Training in Manacor auf die saudumme Idee, über das Netz zu springen, mit verheerenden Folgen. Von Natur aus bin ich nicht sonderlich gut koordiniert. Auf dem Tennisplatz habe ich meinen Rhythmus gefunden, weil ich daran gearbeitet habe. Aber in der Familie gelte ich als ungeschickt. Meine Patentante Marilén erinnert sich noch gut an Fahrradtouren, die unsere Familie sonntagmorgens unternahm, als ich noch ein Kind war. Ich mochte nie mitfahren, weil ich mich auf dem Fahrrad unwohl fühlte. Ebenso auf einem Motorrad. In der Osthälfte Mallorcas, wo ich lebe, sind Fahrräder und Motorräder beliebte Transportmittel, weil dieser Landstrich weitgehend flach ist, aber ich hatte immer Angst zu fallen, und konnte mich nie mit Zweirädern anfreunden. Als ich meinen Führerschein machte, rief Marilén aus: »Was für eine Gefahr für uns alle!« Ich verstand den Wink und fahre seitdem vorsichtig.
Mein
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